Wie Pinguine einen neuen Weg zur Entgiftung von Quecksilber gefunden haben
Es glänzt wie Silber und ist als eines der wenigen Metalle bei Zimmertemperatur flüssig: Die Rede ist von Quecksilber. Kein Wunder, dass bereits römische Gelehrte wie Plinius der Ältere (23/24–79 n. Chr.) das Schwermetall als „Argentum vivum“, also „lebendiges Silber“ bezeichneten. Doch eine unsachgemäße Verwendung von Quecksilber kann schnell zu schweren Vergiftungen führen und Leben von Mensch oder Tier beenden.
Weltweit stufen Gesundheitsbehörden das Quecksilber daher als einen der gefährlichsten Stoffe ein. Selbst in kleinen Mengen kann das flüssige Metall, wenn es stetig aufgenommen wird, für die meisten Organismen schädlich werden. Sammelt es sich zudem langfristig in aquatischen und terrestrischen Nahrungsketten an, kann es sich in Methylquecksilber umwandeln, was giftig für die Nerven ist.
Was im Falle einer Vergiftung hilft, wird von Medizinern und Chemikern seit Jahrhunderten erforscht. Erkenntnisse diesbezüglich ziehen Forscher unter anderem aus dem Tierreich, indem sie beobachten, wie sich Wildtiere von Quecksilber entgiften. Zumindest für Tiere neu ist jene Art der Entgiftung, die Kaiserpinguine zu praktizieren scheinen, wie ein internationales Forscherteam um Alain Manceau herausgefunden hat.
Mit „Mondmetall“ gegen Quecksilber
Seit Jahren untersuchen Alain Manceau vom CNRS, dem französischen Nationalzentrum für wissenschaftliche Forschung, und seine Kollegen, wie sich Tiere von Quecksilber entgiften. Bereits im Jahr 2021 stellten sie fest, dass Spitzenraubtiere zu Land und Wasser Methylquecksilber auf verschiedenen Wegen chemisch unschädlich machen können.
Riesensturmvögel und Grindwale nehmen hierfür das Halbmetall Selen, benannt nach der griechischen Mondgöttin Selene, auf. Mit Hilfe von Selenoprotein wandeln die Tiere das schädliche Quecksilber schließlich in Quecksilberselenid um. Das ist zwar immer noch nicht gesund, aber solange die Tiere genügend Selen aufnehmen, deutlich weniger giftig.
„Wir kannten den Mechanismus von Tieren, die großen Mengen Quecksilber ausgesetzt sind. Nun wollten wir herausfinden, was mit Tieren geschieht, die in der Nahrungskette weiter unten stehen, wie etwa Pinguine“, erklärte Manceau.
Kaiserpinguine ernähren sich hauptsächlich von antarktischen Silberfischen und Tintenfischen. Diese enthalten meist Methylquecksilber, wenn auch nicht in großen Mengen. Daher sind Pinguine in der Regel weniger mit Quecksilber belastet als Zahnwale, Riesensturmvögel und andere Raubtiere, die weiter oben in der Nahrungskette stehen. Dennoch haben auch die watschelnden Frackträger einen inneren Mechanismus gegen Quecksilber entwickelt.
Pinguine ahmen Bakterien nach
Wie die Wissenschaftler mithilfe der Röntgenabsorptionsspektroskopie herausfanden, entgiften sich Kaiserpinguine teilweise über denselben chemischen Weg wie die Riesensturmvögel. Ein winziges Detail machte jedoch den Unterschied.
Statt Selenoproteine bilden Pinguine einen sogenannten Quecksilber-Dithiolat-Komplex. Dieser bindet sich an bestimmte Enzyme und verändert deren Funktion so, dass sie Quecksilber unschädlich machen. Ein derartiger Entgiftungsweg war zuvor noch nie bei Tieren beobachtet worden, sondern nur bei Bakterien.
„Wir glauben, dass dieser ‚weniger ausgefeilte‘ Entgiftungsweg häufiger bei Wirbeltieren vorkommt, die in der Nahrungskette weiter unten stehen. Sie sind mit weniger Methylquecksilber kontaminiert und benötigen vermutlich kein so fortschrittliches System wie die Riesensturmvögel“, so die Autoren.
Im nächsten Schritt wollen die Forscher neben Pinguinen auch Schlangen, Krokodile und den Blauflossenthunfisch, einen großen Raubfisch, untersuchen.
Von der Mutter zum Küken
Durch eine Expedition in die Antarktis erhielten die Wissenschaftler zudem die Möglichkeit, das Gelege der Pinguine zu untersuchen. Dabei handelte es sich um Eier, die von den Eltern während der frühen Brutzeit im kalten und dunklen Winter verlassen worden waren. Bisher war bekannt, dass Pinguinmütter Methylquecksilber im Eiweiß an ihre Küken weitergeben.
In der gleichen Studie entdecken die Forscher, dass ein Teil des Quecksilbers im Eigelb durch den fortgeschrittenen Mechanismus der Pinguine entgiftet wird. Da jedoch der Anteil des Eiweißes im Vergleich zum Dotter höher ist, liegt der größte Teil des Quecksilbers in der giftigen Methylquecksilberform vor.
„Dennoch ist die Ausscheidung von giftigem Quecksilber während der Eiproduktion im Vergleich zur Ausscheidung in die Federn während der Mauser quantitativ gering“, folgerte der beteiligte Forscher Prof. Paco Bustamante.
Vergleichbar sei dies mit dem Menschen, wo Methylquecksilber teilweise über die Haare ausgeschieden wird, während seine Übertragung über die Plazenta während der Schwangerschaft der Mutter bekanntlich die neurologische Entwicklung des Fötus beeinträchtigt.
Die Studie erschien online am 13. November 2024 in der Fachzeitschrift „Journal of Hazardous Materials“.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion