Weniger Industrie, mehr Emissionen – die Untauglichkeit der deutschen Energiewende
Prof. Dr. Wolfgang Merbach ist Agrikulturchemiker und analysierte die Folgen und Herausforderungen der deutschen Energiewende. In einem Vortrag auf der 15. EIKE-Konferenz Ende November erörterte er, wie sich diese Politik auf die Energieversorgungssicherheit, Wirtschaft und Wohlfahrt in Deutschland auswirken. Ebenso stellte er die Frage, ob die Energiewende tatsächlich die CO₂-Emissionen reduziert.
Im Rahmen der Energiewende fördert die Politik die Dekarbonisierung – also die Reduzierung von Kohlendioxidemissionen durch den Einsatz kohlenstoffarmer Energiequellen. Dieses Vorhaben begründet sie mit den Behauptungen, dass die Erderwärmung einerseits auf anthropogenes (menschengemachtes) CO₂ zurückzuführen ist und andererseits katastrophale Folgen mit sich bringen wird.
Diesem Narrativ, dem viele Menschen in der Bevölkerung und die Entscheidungsträger zustimmen, widersprach Prof. Merbach entschieden. CO₂ bilde – zusammen mit Wasser – die Basis des irdischen Lebens. Zudem sei eine hohe CO₂-„Klimasensitivität“ nicht erwiesen. Auch seien wärmere Zeiten in der Erdgeschichte bisher stets gute Zeiten gewesen, in denen sich beispielsweise die Pflanzenwelt besser entwickelt habe.
Die bisherige Energiepolitik in Europa brachte den Green Deal auf den Weg. Ende 2019 stellte die EU-Kommission das Konzept vor, wonach die 27 EU-Staaten bis 2050 klimaneutral sein sollen. Laut dem Agrarwissenschaftler bewirkte der Green Deal, dass entsprechende Bestimmungen Investitionen im Fossilbereich durch mangelnde Kreditvergaben erschwerten.
So hätten sich die Investitionen von Ölbohrfirmen bis heute um rund zwei Drittel reduziert, schilderte Prof. Merbach. Fossile Energieträger seien zudem durch Verknappung der Emissionszertifikate um ein Vielfaches teurer geworden. Ebenso verknappte sich das fossile Angebot. Seit 2017 wurden in Europa mehr als 20 Gigawatt (GW) in Form von Kohlekraftwerken stillgelegt – elf GW allein in Deutschland. Weitere Folgen des Green Deals sind der Ausbau von Wind- und Solaranlagen und die Aufrechterhaltung von Kernenergie.
Deutsche Energiewende zu „einseitig“?
Die deutsche Energiewende bezeichnete Prof. Merbach als „einseitig“, da sie sich lediglich auf Wind- und Sonnenenergie ausrichtet. Gleichzeitig visiert sie den Doppelausstieg aus Kohle und Kernenergie an. Erdgas habe dabei lediglich die Funktion als „Lückenfüller“.
Im Jahr 2017 hatte Deutschland noch eine gesicherte Grundleistung durch fossile und atomare Energie von rund 52 GW. Nach den Plänen der Bundesregierung soll sich die gesicherte Leistung der Kohlekraftwerke von inzwischen nur noch 30 GW (2022) bis auf 17 GW im Jahr 2030 weiter reduzieren. Weitere acht Jahre später soll nach der Kernenergie dann hierzulande auch die Kohleenergie komplett verschwunden sein.
Wir haben ganz bewusst unsere gesicherte Energie zurückgeführt, aber nicht geschaut, was dafür als Kompensation infrage kommen könnte“, bewertete Prof. Merbach die Lage.
Die jüngste Bilanz des Statistischen Bundesamtes über den deutschen Strommarkt gab allerdings ein anderes Signal von sich. Dieser „grüne“ Kurs der Ampel-Politiker weg von den fossilen Energiequellen funktioniert momentan nicht wie gewünscht. So mussten vor allem Kohlekraftwerke im dritten Quartal von 2022 wieder mehr Energie als noch im Vorjahresquartal produzieren, um den Strombedarf bedienen zu können. Sie bildeten mit 36,3 Prozent des ins Netz eingespeisten Stroms die nach wie vor mit Abstand wichtigste Energiequelle auf dem deutschen Strommarkt.
Eine Deindustrialisierung folgt
Auf die deutsche Energiewende folgten laut Prof. Merbach drastische Preiserhöhungen für Energie und Energieträger, die das Land derzeit erlebt. Was knapp oder verknappt ist, wird auf den Märkten teurer gehandelt. Einerseits der Ukraine-Krieg, aber auch die darauffolgende Sanktionspolitik verschärften diesen Trend.
Infolgedessen verteuerten sich auch die Erzeugerpreise und verschiedene Produkte wie Kraftstoffe, Brennstoffe oder Düngemittel drastisch. Einige Preise stiegen dabei sogar vielfach stärker als die derzeitige Inflationsrate von zehn Prozent.
Diese Verteuerungen wirken sich auf fast alle Branchen von Mittelstand und Industrie negativ aus. Inzwischen seien bereits viele Betriebe in die Insolvenz gegangen oder direkt in andere Länder mit günstigeren Bedingungen abgewandert. Selbst die vom Staat geförderte Windenergiebranche erlebe Produktionseinstellungen bei Großanbietern.
Prof. Merbach sprach in diesem Zusammenhang von einer Gefahr der Deindustrialisierung. An dieser Stelle verwies er auf das Projekt „Akademie Bergstraße“, das sich mit der „Gefährdung der Versorgungssicherheit und des Wohlstands“ in Deutschland befasst. Zudem nannte er die Bürgerinitiative „Rettet unsere Industrie“, die primär eine Rückkehr zu preiswerter Energie für Unternehmen und Privathaushalte fordert. Damit zeigte er, dass die Deindustrialisierung bereits Realität ist und viele Betroffene längst versuchten, gegenzusteuern.
Der Referent benannte als Folge der Energiewende die Gefahr einer Strommangelwirtschaft, insbesondere bei „Dunkelflauten“ im Winter, also wenn die Leistung von Wind- und Solaranlagen gegen null tendieren. Hierbei würden sich Energierationierungen und gezielte Lastabwürfe zunehmend häufen, Brownouts oder gar Blackouts seien immer wahrscheinlicher. Auch nehme die Abhängigkeit von Stromimporten zu.
Erreicht die Energiepolitik ihr CO₂-Ziel?
Ob die westlichen Länder wirklich ihre CO₂-Ziele erreichen und einen globalen Unterschied erreichen können, verdeutlichte Prof. Merbach eindrucksvoll mit Diagrammen. Demnach würden es Europa, Deutschland und auch die USA bis 2030 voraussichtlich schaffen, ihre CO₂-Emissionen weiter zu senken. Aber: Ein Blick nach Osten lässt diese Bemühungen geradezu irrelevant werden. Denn da Länder wie Indien und China derzeit industriell stark expandieren, steigen in den kommenden Jahren auch deren CO₂-Emissionen enorm an.
Die Mehremissionen der sogenannten „Entwicklungsländer“ würden demnach bis 2030 mehr als viermal größer sein als die Reduktion der klimafokussierten westlichen Länder. Somit stellte Prof. Merbach fest:
Der deutsche Sonderweg ist eine massive Energiekrise […] Er wird sein angepeiltes Ziel, einen Beitrag zur Senkung der globalen CO₂-Konzentration zu leisten, nicht erreichen.“
Deutsches Krisenmanagement gescheitert
Die Maßnahmen der Regierung zur raschen Verbesserung und langfristigen Sicherung des Energieangebots hält der Agrarwissenschaftler für „untauglich“. Weiter sagte er:
Das Ende der Kohleverstromung bis 2030 beziehungsweise 100 Prozent Stromerzeugung aus ‚Erneuerbaren‘ [bis 2035], wie es Grünen-Politiker wollen, sind illusorisch.“
Dies begründete er damit, dass zum Erreichen der von der Politik anvisierten 200 GW die zehnfache Menge an erneuerbaren Anlagen jährlich errichtet werden müsse, als es derzeit der Fall ist. Zudem erschwerten die schlechten wirtschaftlichen Bedingungen und die schwankenden Energiequellen (Sonne und Wind) dieses Vorhaben zusätzlich.
Der Ausgleich mit Gas wäre aufgrund großer einheimischer Vorkommen auf günstige Art möglich. Jedoch lehne die Bundesregierung die Erschließung und Förderung im eigenen Land ab. Stattdessen würde das Land nun „exorbitant teures, gefracktes Flüssiggas“ aus dem Ausland importieren.
Das deutsche Krisenmanagement schaffe es nicht, eine sichere und bezahlbare Energieversorgung wiederherzustellen. Zudem verfehlt es das Ziel der Dekarbonisierung. „Es ist eine rasche Umsteuerung erforderlich“, äußerte Prof. Merbach.
Korrektur der deutschen Energiewende nötig
Abschließend bot der Referent einige Lösungsvorschläge zur Bewältigung der derzeitigen Energiekrise an. „Man muss anerkennen, dass die erneuerbaren Energien nur ein Element der Energiewende neben anderen Energieträgern sind.“
Prof. Merbach empfahl einen Energiemix aus verschiedenen Quellen. Dabei sollte die Bundesregierung einheimische Quellen in Betracht ziehen, um von wechselnden Wetterbedingungen und Importen unabhängiger zu sein.
Im Energiemix sollte auch Atomenergie enthalten sein, was eine Laufzeitverlängerung der verbliebenen drei KKW und eine Reaktivierung der Ende 2021 abgeschalteten KKW beinhalte. Diese Energieform emittiere auch kein CO₂. Auch die Kohlekraft solle weiterhin ein stabiles Standbein in der deutschen Energieversorgung bleiben, wobei stillgelegte Kohlekraftwerke zu reaktivieren seien. Das Verbot der CO₂-Abscheidung und Speicherung sollten die Entscheidungsträger ebenfalls aufheben.
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