Mindestens sieben Jahre Verspätung für den schnellsten Zug der Welt

In Japan soll ab 2034 eine Schwebebahn mit 500 km/h die Fahrgäste durchs Land transportieren. Bedenken wegen der Umwelt haben zu Verzögerungen bei dem 55 Milliarden Euro teuren Eisenbahn-Projekt geführt. Vor 200 Jahren fuhr eine Dampflok in England das erste Mal mit Passagieren.
Ein Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen steht auf einem Bahnhof in Tokio.
Ein Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen steht auf einem Bahnhof in Tokio.Foto: Soeren Stache/dpa
Von 17. Januar 2025

Die Geschichte der Eisenbahn ist möglicherweise schon einige Tausend Jahre alt. Vermutlich entstanden schon bei den alten Griechen Spurrillen in Straßen. Auch im antiken Rom sind bis heute Spurrillen in gepflasterten Straßen erhalten, die sowohl bewusst angelegt wurden, um die Reinigung zu erleichtern, als auch jene, die sich durch Abnutzung durch schwer beladene, von Tieren gezogenen Fuhrwerke bildeten.

Ob Spurrillen in römischen Straßen als Vorgänger von Gleisen gelten ist fraglich. Die erste Eisenbahn auf Schienen fuhr erst rund 2.000 Jahre später.

Spurrillen in der Via Appia nahe Rom. Foto: antoerre | iStock

Auf der Normalspur fahren heute noch Züge

Über die Jahrhunderte entwickelte sie sich weiter, bis im 18. Jahrhundert ein technischer Sprung mit der Erfindung der Dampfmaschine gelang. In diesem Jahr – am 27. September – jährt sich die erste Fahrt einer maschinengetriebenen Dampflok zum 200. Mal. Der Zug namens „Locomotion No. 1“ beförderte die Fahrgäste 1825 auf der etwa 19 Kilometer langen Strecke von Stockton on Tees nach Darlington im Nordosten Englands.

Entwickelt hatten die Eisenbahn die britischen Ingenieure George Stevenson (1781 – 1848) und Robert Stevenson (1803–1859). Vater und Sohn gründeten zu diesem Zweck 1821 gemeinsam mit ihrem Landsmann John Pease (1767 – 1858) die Firma Stockton und Darlington Railway. Der Geschäftsmann gilt als Hauptinitiator und Geldgeber und wird daher in England als „Vater der Eisenbahn“ bezeichnet. Die damals entwickelte Spurweite von 4 Fuß und 8,5 Zoll (1.435 Millimeter) hat übrigens bis heute Bestand und wird als „Normalspur“ bezeichnet.

Neuneinviertel Jahre später, am 1. Januar 1835, öffnet in Deutschland das erste Bahnbetriebswerk. Es dauert fast noch ein weiteres Jahr, bis am 7. Dezember 1835 die erste Eisenbahn die Städte Fürth und Nürnberg miteinander verbindet. 28 Kilometer schaffte die Lokomotive „Adler“, die Vater und Sohn Stephenson ebenfalls entwickelt haben, in der Stunde.

Die erste deutsche Eisenbahn verband 1835 Nürnberg und Führt.

Nachbau des ‚Adler‘, der ersten deutschen Lokomotive, kurz vor dem Hauptbahnhof Fürth im Jahr 2008. Die heutigen offenen Wagen basieren auf der damaligen dritten Klasse. Foto: Magnus Gertkemper, CC BY-SA 3.0

Erste Züge fahren in Japan ab 1872

Ab jenem Jahr verbreitete sich das Fortbewegungsmittel zunächst auf dem europäischen Kontinent, dann auch in Übersee. In Asien war Indien – damals noch britische Kronkolonie – Vorreiter. Die erste Bahnlinie verband ab dem 18. April 1853 das damalige Bombay (heute Mumbai) mit der rund 35 Kilometer entfernten Industriestadt Thane. Andere Quellen nennen hier auch den 18. November 1852.

In den kommenden Jahrzehnten folgten weitere Länder. Ägypten, Argentinien, Mauritius, Tahiti, Griechenland und 1872 dann auch Japan. Im Juni des Jahres wurde die Strecke zwischen Tokio und Yokohama zunächst provisorisch in Betrieb genommen. Eine feierliche, offizielle Eröffnung fand im Oktober 1872 statt. An dem Bau waren die Briten, die zu diesem Zeitpunkt bereits auf fast fünf Jahrzehnte Eisenbahn- und Streckenbau zurückblicken konnten, maßgeblich beteiligt. Chefingenieur war Edmund Morel, der die Fertigstellung allerdings nicht mehr erlebte. Er starb, knapp 31-Jährig, im November 1871 an Tuberkulose.

Heute ist Japan bei der Entwicklung von schnellen Zügen weltweit führend. Doch zunächst zuckelte die Entwicklung im Land der aufgehenden Sonne der in Europa noch einige Jahrzehnte hinterher. Hauptgrund war die Spurbreite. Japan baute ausschließlich Schmalspurstrecken mit einer Spurweite von 1067 mm (Kapspur), um neue Verbindungen problemlos an bestehende anschließen zu können. Damit waren allerdings bis in die 1950er Jahre nur Geschwindigkeiten um die 100 km/h möglich. Hingegen erreichten die Züge im Deutschland der 1930er Jahre bereits Höchstgeschwindigkeiten von 160 km/h. Der ikonische Schienenzeppelin sogar über 200 km/h.

Schneller als die Eisenbahn erlaubt. Die Geschwindigkeit des Schienenzeppelins erschwerte die Integration in den normalen, deutlich langsameren Bahnverkehr jener Zeit.

Damals revolutionär, heute Standard: Als Dampflokomotiven die Schienen beherrschten, erreichte der aerodynamisch mit einer Nase aus Blech und Segeltuch verkleidete Schienenzeppelin von Franz Kruckenberg bereits über 200 km/h. Foto: Franz Jansen, CC BY-SA 3.0

Rasante Entwicklungen der Eisenbahn

Mit der Umstellung auf Triebzüge und dem Beginn des Shinkansen-Projekts Ende der 1950er Jahre stieg auch die Leistungsfähigkeit des japanischen Eisenbahnsystems. Shinkansen ist sowohl der Name des japanischen Streckennetzes für Hochgeschwindigkeitszüge als auch der Züge selbst.

Der Vater des Shinkansen-Projekts war der Eisenbahn-Ingenieur Shima Hideo (1901–1998), der mit dem damaligen Präsidenten der Eisenbahngesellschaft „Japanese National Railways“, Shinji Sogō (1884–1981), den Bau einer ersten Strecke 1959 in Angriff nahm. Mitte der 1960er Jahre erreichten die Züge eine Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h.

Für die 514 Kilometer zwischen Tokio und Osaka reduzierte sich die Fahrzeit von sechseinhalb auf vier Stunden. Bis um das Jahr 2000 schafften die Züge die Strecke gar in zweieinhalb Stunden bei einer durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von 206 km/h und lediglich vier Stopps.

Der Shinkansen nutzt ein eigenes Schienennetz und gilt als pünktlichste Eisenbahn der Welt.

Schienennetz des Shinkansen (Stand Mai 2024). Die Magnetschwebebahn soll zunächst auf der in Bau befindlichen Strecke zwischen Tokio und Nagoya verkehren und verkürzt nach Verlängerung bis Osaka die Fahrtzeit auf rund eine Stunde. Foto: ts/Epoch Times nach Hisagi, Texent, CC BY-SA 4.0

Mit der Entwicklung der Magnetschwebebahn (L0-Serie) in den 1990er Jahren begann eine neue Ära des japanischen Bahnwesens. Die Geschwindigkeitsrekorde von Testzügen purzelten im Eiltempo. 451 km/h erreichte ein Zug am 3. Oktober 1997, nur gut zwei Monate später zeigte der Tachometer 531 km/h an. Weiter ging es über 552 km/h im April 1999, 575 km/h (2. Dezember 2003) zum bislang ungebrochenen Rekord von 603 km/h, erreicht im Jahr 2015.

Die erste Magnetschwebebahn auf einer Langstrecke von Tokio nach Osaka (438 Kilometer, Kosten umgerechnet ca. 55 Milliarden Euro) sollte eigentlich ab 2027 fahren. Bis dahin sollte der erste Streckenabschnitt zwischen der japanischen Hauptstadt und Nagoya (286 Kilometer) fertig sein. Die fast kerzengerade Strecke führt dabei fast ausschließlich durch Tunnel. Für den kommerziellen Betrieb ist eine Reisegeschwindigkeit von 500 km/h vorgesehen.

Verzögern Befindlichkeiten das ehrgeizige Projekt?

Doch verhindern Umweltbedenken die Umsetzung des Zeitplans und verschieben das Vorhaben um mindestens sieben Jahre nach hinten. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ, hinter Bezahlschranke) im vergangenen Jahr berichtete, hat die Regionalverwaltung der Präfektur Shizuoka, südwestlich von Tokio gelegen, ihr Veto eingelegt. Knapp neun Kilometer – rund drei Prozent – der Gesamtstrecke durchqueren die Region.

Der damalige Gouverneur der Präfektur, Heita Kawakatsu, äußerte wiederholt Bedenken. Für die Wein- und Orangenanbauregion befürchtet er ein Absinken des Grundwassers, sollten die Tunnel durch die Felsen der südjapanischen Alpen getrieben werden. Es gibt allerdings auch Stimmen, die die Befindlichkeiten des Gouverneurs als Weigerungsgrund anführen. Für Shizuoka ist nämlich keine Haltestelle für die Magnetschwebebahn vorgesehen.

Die „Japan Times“ berichtete, dass aufgrund der Widerstände des Gouverneurs der Zeitplan nicht mehr einzuhalten sei und nannte als neuen Eröffnungstermin 2034. Die „Central Japan Railway“ (JR Tokai) hatte die Verträge über den Bauabschnitt bei Shizuoka bereits 2017 unterzeichnet. Schon 2019 berichtete die Zeitung von Diskussionen wegen möglicher negativer Auswirkungen auf die Natur. Später korrigierte das Unternehmen die für 2027 vorgesehene Fertigstellung auf „2027 oder später“. Nun nannte JR Tokai mit 2034 ein konkretes neues Datum.



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