Tiere, Menschen, Pflanzen: Eine Hochkultur im Einklang mit der Natur

Wir essen sie und selten essen sie uns: Doch die Beziehung zwischen Tieren und Menschen geht über die Nahrung hinaus. In einer frühen Hochkultur lebten die animalischen Mitbewohner unter uns und wurden nicht als Gegenstände behandelt.
Menschen und Tiere – gleich gestellt oder untergeordnet?
Die Beziehung zwischen Tieren und Menschen geht über die Nahrung hinaus.Foto: Dmitry Potashkin/iStock
Von 20. August 2024

Die Stellung der Tiere im modernen Deutschland erscheint paradox: Während sie mit uns zusammenleben und wir Essen und Dach mit ihnen teilen, sind sie uns rein rechtlich betrachtet so weit entfernt wie noch nie. So wird das unabsichtliche oder vorsätzliche Töten eines Tieres mitunter als Sachbeschädigung geahndet und nicht – wie beim Menschen – als Totschlag oder Mord gewertet.

Obwohl sich Menschen heute den Tieren überordnen, sind auch wir Teil der Natur und des Planeten. Aus diesem Grund sahen unter anderem die Maya, jene bekannte Hochkultur Mittelamerikas und berühmt für ihren Kalender, die Tiere ihnen gleichgestellt.

Einander achten und ehren

Heute greifen Menschen auf unterschiedliche Art und Weise in die Natur ein. Dabei zerstören sie ganze Wälder und Lebensräume von Tieren oder gefährden diese selbst, teilweise ohne Rücksicht auf Verluste. Im starken Gegensatz dazu steht der respektvolle Umgang der Maya mit der Natur und allem, was darin lebt.

Anthropologieprofessorin Lisa Lucero von der University of Illinois vertritt die Ansicht, dass die alten Maya Tiere und alle anderen Mitglieder des Ökosystems als den Menschen gleichwertig betrachteten. In ihrer Weltanschauung gab es keine Trennung zwischen „Kultur“ und „Natur“.

Im sogenannten Popol Vuh, der Schöpfungsgeschichte der Maya, erschuf die „Gefiederte Schlange“ die Tiere vor den Menschen. Der einzige Unterschied zwischen Mensch und Tier war dabei die Art der Kommunikation. Für die Maya ist die Welt ein ganzheitlicher Garten, in dem Menschen, Pflanzen, Tiere und die Natur harmonisch zusammenleben.

Ein harmonisches Zusammenleben schloss jedoch nicht die Notwendigkeit der Nahrungsaufnahme aus. So jagten und aßen auch die Maya Tiere. Sie waren jedoch darauf bedacht, das Gleichgewicht der Natur zu wahren.

Tiere als Symbole des Lebens und des Todes

In einer Zeit weit entfernt von moderner Technologie und Forschungen gehörten auch als lebenswichtig erachtete Rituale mit Tieren zum Leben der Maya dazu. Dies zeigen die zahlreichen archäologischen Opfergruben, in denen die Geweihe, Knochen oder Zähne von Hirschen, Hunden oder Waschbären zu finden sind. Neben verbrannten Muscheln wurden auch mit Ornamenten gravierte Knochen und Zähne entdeckt, die die Maya als Halsketten oder andere Schmuckstücke trugen.

Andere Funde wie jener von 2002 aus der Mayastadt Yalbac erscheinen dagegen im ersten Moment als fragwürdig. Unter den Terrassenstufen eines Wohnhauses entdeckten Archäologen unter anderem die vor 1.500 Jahren feierlich vergrabenen sterblichen Überreste eines Jaguars und eines Ozelots.

Jaguare galten als die „Könige des Waldes“ und symbolisierten Macht, weshalb sie in der Weltanschauung der Maya gleichzeitig mit der Dunkelheit und der Unterwelt verbunden waren. Die Rolle des Ozelots ist hingegen weniger bekannt.

Ebenfalls wichtig waren Gürteltiere, wie 34 Panzer in der Nähe eines heiligen Wasserbeckens zeigen. Für die Maya sind Gürteltiere ein Symbol für Fruchtbarkeit und Fortpflanzung. Ihre Anwesenheit im Tempel deutet darauf hin, dass die Maya wasserbezogene Rituale durchführten in der Hoffnung, dass ihre Gebete erhört werden, es reichlich regne und sie keinen Hunger leiden müssen.



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