Studie: 80 Prozent der Erwärmung auf Umweltschutz zurückzuführen

Eine Verordnung zur Reduzierung von Schwefel in Schiffskraftstoffen sollte gegen Luftverschmutzung helfen – und brachte eine deutliche Erwärmung der Meeresluft. Die aktuelle Studie lässt sich wie folgt zusammenfassen: weniger Schwefel, weniger Wolken, weniger Schatten.
Weniger Schwefel im Kraftstoff führt zu wärmerer Meeresluft
Seit 2020 dürfen Schiffe nur noch mit einem Kraftstoff fahren, der maximal 0,5 Prozent Schwefel enthält.Foto: SHansche/iStock
Von 16. Juni 2024

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Um die Luftverschmutzung zu verringern, erließ die Internationale Schifffahrtsorganisation (IMO) Anfang 2020 eine Verordnung, dass weniger Schwefel in Schiffskraftstoffen enthalten sein darf. Sie senkten den maximal zulässigen Schwefelgehalt in Treibstoffen von 3,5 Prozent auf 0,5 Prozent. Inzwischen sind die Auswirkungen dieser Änderung spürbar, jedoch anders als erwartet.

In einer neuen Studie bringen US-amerikanische Forscher um den Geophysiker Tianle Yuan den Rückgang der Schwefeldioxidemissionen in der Schifffahrt mit einer erheblichen Erwärmung der Atmosphäre in Verbindung. Aber nicht überall scheint sich die Meeresluft erwärmt zu haben, sondern nur in bestimmten Regionen.

Schwefel machte helle Wolken

Das für große Schiffe verwendete Schwer- oder Dieselöl hat einen wesentlich höheren Anteil an Schwefel als die Kraftstoffe anderer Fahrzeuge. Durch die Verbrennung des Schiffskraftstoffs entsteht Schwefeldioxid, das mit Wasserdampf in der Atmosphäre reagiert und Sulfataerosole erzeugt. Diese Aerosole kühlen die Erdoberfläche auf zweierlei Weise ab, indem sie das Sonnenlicht direkt in den Weltraum zurück reflektieren und indem sie die Wolkenbedeckung beeinflussen.

Wenn die Zahl der Aerosole steigt, erhöht sich die Zahl der Wassertröpfchen, während sich ihre Größe verringert. Dadurch nimmt die Wolkenbedeckung zu und hellere Wolken entstehen, die ihrerseits mehr Sonnenlicht ins All zurückwerfen. Dieser Effekt kann auch gezielt durch Geoengineering hervorgerufen werden, indem Wolken absichtlich mit Aerosolen angereichert werden.

Yuan und seine Kollegen berechneten mit einem Modell die Auswirkungen der Verordnung auf die atmosphärische Konzentration von Sulfataerosolen über dem Ozean und wie sich dies auf die Zusammensetzung der Wolken auswirkt. Sie stellten fest, dass sowohl der Gehalt an atmosphärischen Aerosolen als auch die Wolkentröpfchendichte erheblich zurückgingen.

Viele Schiffe brachten viele Wolken

Den stärksten Rückgang an Aerosolen entdeckten die Forscher im Nordatlantik, in der Karibik und im Südchinesischen Meer – jenen Regionen mit den am stärksten befahrenen Schifffahrtsrouten.

Anschließend schätzten die Forscher die Auswirkungen auf den Energiehaushalt der Erde nach 2020. Mit dem Energiehaushalt der Erde ist die Differenz zwischen der von der Sonne empfangenen und der von der Erde abgestrahlten Energie gemeint. Bleibt Wärme „übrig“, steigen die Temperaturen, was weithin dem Klimawandel zugeschrieben wird.

Yuan et al. berechneten indes, dass etwa 80 Prozent der zusätzlich gespeicherten Wärmeenergie in diesem Zeitraum auf die sauberere Schifffahrt zurückzuführen seien. Wolken und Temperaturen beeinflussen wiederum die weltweiten Niederschläge.

Und es geht noch weiter. Der Anstieg der Erwärmungsrate in den 2020er-Jahren könnte sich im Vergleich zur Rate seit 1980 verdoppelt oder sogar verdreifacht haben, so die Forscher. Dieser Effekt deckt sich mit dem Temperaturanstieg im Jahr 2023 und wird die 2020er-Jahre voraussichtlich außergewöhnlich warm machen.

Ganz einfach ausgedrückt: Gut 80 Prozent weniger Schwefel sind für 80 Prozent der globalen Erwärmung der vergangenen Jahre verantwortlich.

Einfluss auf regionales Wetter

Diese unerwartete Veränderung bezeichneten die Forscher als „Geoengineering-Abbruchschock“ mit globalen Auswirkungen. Der plötzliche Rückgang an Schwefel ließ demnach weltweit die Lufttemperaturen steigen, indem die Wolken über den Weltmeeren weniger beziehungsweise dunkler waren. Etwas Ähnliches ereignete sich 2020 im Rahmen der Corona-Pandemie, als das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen kam.

Für die Autoren ist damit der Beweis erbracht, dass die Aufhellung von Meereswolken eine wirksame Strategie zur vorübergehenden Abkühlung der Erde ist. Sie warnen davor, dass die Verringerung von Schwefeldioxidemissionen das regionale Wetter beeinflussen könnte.

Die Studie erschien am 30. Mai 2024 im Fachmagazin „Communications Earth & Environment“.



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