Wirtschaftsfaktor ukrainische IT 

Im Jahr 2021, vor dem Einmarsch Russlands, verfügte die Ukraine über schätzungsweise 289.000 IT-Fachkräfte und damit über einen der höchsten Bestände an Softwareentwicklern in Europa. Direkt oder indirekt sind zahlreiche westeuropäische und nordamerikanische Unternehmen auf IT-Experten aus der Ukraine angewiesen.

Branchenberichten zufolge sind 75 Prozent der Fachkräfte Männer, von denen sich die große Mehrheit noch in der Ukraine aufhält. Einige von ihnen sind in den aktiven Militärdienst eingetreten, die meisten arbeiten jedoch normal weiter.

IT bringt der Ukraine stabile Einnahmen

Laut dem Bericht „Tech Ukraine 2021“ führte die Ukraine 2021 IT-Dienstleistungen im Wert von schätzungsweise 7 Milliarden Dollar aus. Das entspricht etwa dem Doppelten der Einnahmen aus dem Gasübertragungsnetz, das durch das Land verläuft und russisches Gas in den europäischen Raum transportiert. Die Exporte von IT-Dienstleistungen entsprachen etwa einem Viertel der Agrarexporte, des größten Wirtschaftszweigs des Landes.

Öffentliche Informationsquellen schätzen das Wachstum der ukrainischen IT-Dienstleistungsexporte auf 35 Prozent allein in den ersten drei Quartalen im Jahr 2021. Der Export von IT-Dienstleistungen trug in den letzten Jahren entscheidend zum allgemeinen Wirtschaftswachstum der Ukraine bei. Das schnelle Wachstum hat zu einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen westlichen Unternehmen und ukrainischen Fachkräften geführt.

Die Weltbank prognostiziert einen Rückgang der ukrainischen Wirtschaft um 45 Prozent in diesem Jahr. Die Einkommen ukrainischer Fachkräfte und die Steuern, die sie zahlen, sind für die ukrainische Wirtschaft in Kriegszeiten unverzichtbar. Das Durchschnittseinkommen liegt bei 400 Euro monatlich, erfahrene Softwareentwickler können durchaus 6.000 bis 8.000 Euro pro Monat erreichen, selbst wenn sie remote arbeiten.

Snap, Lyft, Microsoft, Cisco, Google

Ukrainische IT-Fachkräfte sind auch für die digitale Wirtschaft des Westens unverzichtbar. Snap, Lyft, Microsoft, Cisco und Google sind nur eine Handvoll amerikanischer Tech-Giganten, die ukrainische Arbeitskräfte beschäftigen.

Viele, wenn nicht sogar die Mehrheit der europäischen Blue Chips, KMU und Start-ups stützen sich entweder direkt oder indirekt über IT-Outsourcing auf ukrainische Arbeitnehmer. Im Jahr 2022 gibt es nur sehr wenige wachsende Unternehmen, die keine Softwareentwickler beschäftigen, wobei viele von ihnen an Nearshore-Standorten am Rand Europas ansässig sind.

Würden die ukrainischen Fachkräfte den internationalen Arbeitsmarkt verlassen, dann stünden westliche Banken, Maschinenbauer, Automobilhersteller, Tech-Start-ups und viele andere Unternehmen vor einem großen Problem.

Über den Autor:

John Adam ist Marketingleiter beim Nearshore-IT-Outsourcing-Anbieter K&C (Krusche & Company) in München.

 

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