Twitter: Hoffnung trotz Insolvenzwarnung und Ausstieg hochrangiger Mitarbeiter

Elon Musk bemühte sich nach dem Twitter-Kauf, den Konzern umzukrempeln. Hochrangige Mitarbeiter verlassen das Unternehmen, der Umsatz bricht ein. Dennoch blickt Musk hoffnungsvoll in die Zukunft.
Twitter: Hoffnung trotz Pleitenwarnung und Ausstieg hochrangiger Mitarbeiter?
Die Zentrale von Twitter in San Francisco, USA, am 4. November 2022.Foto: SAMANTHA LAUREY/AFP via Getty Images
Von 11. November 2022

Neue Fake-Accounts, Kündigungen von Managern, zögerliche Sponsoren: Der Start für Twitter-Besitzer Elon Musk ist holprig. Zwei Wochen nach der Firmenübernahme schließt der Tech-Milliardär auch eine Insolvenz des Online-Dienstes nicht aus.

Musk warnte die Mitarbeiter, dass bei Twitter im kommenden Jahr ein Milliarden-Loch in der Bilanz klaffen könnte. Wenn es nicht gelinge, mehr Geld hereinzubringen als ausgegeben werde, sei

eine Insolvenz nicht ausgeschlossen“, zitierten Musk mehrere US-Medienunternehmen wie Bloomberg.

Musk erlebt einen Umsatzeinbruch, weil einige große Werbekunden Anzeigen auf der Plattform ausgesetzt haben. Sie befürchten, dass ihre Werbung neben anstößigen Tweets auftauchen könnte.

Werbeerlöse, die bisher 90 Prozent der Einnahmen ausmachen, sollen durch ein Abo-Geschäft ergänzt werden. Der Start seines neuen Abos mit Verifizierung-Häkchen sorgte jedoch für Chaos, weil einige Nutzer Prominente und Unternehmen mit Fake-Accounts imitierten. Die US-Verbraucherschutzbehörde FTC schickte Twitter daraufhin eine scharfe Warnung.

Neue Abo-Regelung führte zu zahlreichen Fake-Accounts

Die Vergabe von Verifikationshäkchen an Abo-Kunden ohne Prüfung führte vergangene Woche zu einem Chaos mit Fake-Accounts. Twitter setzte am 9. November die angekündigte Neuordnung bei der Vergabe der Verifikationshäkchen um. Bisher wurden diese nach einer Prüfung Prominenten, Politikern und Unternehmen zugestanden.

Nach dem neuen System bekommt das Häkchen jeder, der 8 US-Dollar (7,80 Euro) pro Monat in einem Abo bezahlt. Eine Identitätsprüfung gibt es nicht. Das Häkchen sieht dabei in beiden Fällen gleich aus. Ob man es mit einem früheren tatsächlich verifizierten Account oder mit einem neuen gekauften Häkchen zu tun hat, erfährt man nur aus dem Text nach Anklicken des Symbols.

Einige Nutzer legten mit der neuen Funktion täuschend echt aussehende Fake-Accounts an – für Basketball-Star LeBron James, die Spielefirma Nintendo und Ex-US-Präsident Donald Trump. Der Pharmakonzern Eli Lilly entschuldigte sich bei Twitter-Nutzern, die ein Fake-Account glauben ließ, Insulin werde künftig kostenlos vertrieben.

In der Nacht zum Freitag (11. November) tauchte in den schon früher verifizierten Profilen daher wieder ein zusätzliches graues Häkchen mit dem Wort „Official“ daneben auf.

Musk stoppte Mitte der Woche die Einführung des Symbols. In der Nacht zum Freitag verkündete Musk als Gegenmaßnahme, dass Accounts, die sich für andere ausgeben wollten, künftig das Wort „Parodie“ direkt im Namen führen müssten. Das Problem mit den Fake-Accounts war allerdings nicht, dass es keine Regeln dagegen gab, sondern dass sie nicht schnell genug entdeckt und gelöscht werden konnten – während sie Verifikationshäkchen hatten.

US-Verbraucherschutzbehörde besorgt

„Wir beobachten die jüngsten Entwicklungen bei Twitter mit großer Sorge“, teilte ein Sprecher der US-Verbraucherschutzbehörde FTC mit. Kein Unternehmen oder dessen Chef stünden über dem Gesetz. Twitter hatte sich nach früheren Verstößen bei der FTC unter anderem verpflichtet, neue Funktionen vor der Einführung einer Prüfung in Bezug auf Datenschutz und Sicherheit zu unterziehen.

Musk versicherte laut Medienberichten in einer E-Mail an die Mitarbeiter nach der FTC-Warnung, Twitter werde alles tun, um die Vereinbarung mit der Behörde einzuhalten. Die Verbraucherschutzbehörde kann hohe Strafen verhängen. So zahlte Facebook nach ihren Ermittlungen im Jahr 2019 fünf Milliarden Dollar.

Hochrangige Twitter-Mitarbeiter gehen

Vergangene Woche hatte Musk zudem rund jeden zweiten der zuvor etwa 7.500 Jobs bei Twitter gestrichen. Direkt nach der Übernahme des Unternehmens entließ er bereits das Twitter-Management. Jetzt sagte er Berichten zufolge, dass die Firma zum Teil immer noch zu viele Beschäftigte habe.

Am Donnerstag (10. November) verließen weitere Manager in Schlüsselpositionen die Firma. Darunter etwa der für das Herausfiltern anstößiger Inhalte verantwortliche Yoel Roth und die Chefin für Informationssicherheit, Lea Kissner.

Die erst seit Kurzem für die Beziehungen zu Werbekunden zuständige Robin Wheeler reichte laut Medienberichten ihren Rücktritt ein, wurde von Musk jedoch zum Bleiben überredet. Sie twitterte, dass sie immer noch dabei sei.

Der für Datenschutz zuständige Damien Kieran gab hingegen am Donnerstag (10. November, Ortszeit) seinen Abschied vom Unternehmen bekannt. US-Medien berichteten zudem, weitere Manager hätten Twitter verlassen.

40 Stunden Büroanwesenheit für Mitarbeiter

Am 10. November wandte sich Musk an die verbliebenen Mitarbeiter. Er forderte sie auf, Twitter dabei zu helfen, eine Milliarde Nutzer zu erreichen. Twitter verliere viel Geld: „Es ist möglich, dass wir ein Liquiditätsdefizit von mehreren Milliarden haben werden“, schrieb er in Mitteilungen, die die Nachrichtenagentur AFP einsehen konnte.

Sie haben vielleicht mitbekommen, dass ich eine Reihe von Tesla-Aktien verkauft habe. Der Grund, weshalb ich das getan habe, ist, Twitter zu retten.“

Der Weg werde mühsam, erklärte er. Musk legte fest, dass die Mitarbeiter „mindestens 40 Stunden pro Woche persönlich im Büro sein“ müssten. Die Arbeit von zu Hause aus sei künftig nur noch mit seiner persönlichen Erlaubnis zulässig. Vor der Übernahme durften die Mitarbeiter von überall aus arbeiten.

Appell an Sponsoren

Musk sprach zudem mit den bestehenden Sponsoren, die die Haupt-Einnahmequelle des Big-Tech-Konzerns ausmachen. Am 9. November teilte der Twitter-Chef diesen sein Ziel mit: Die Social-Media-Plattform soll „eine Kraft sein, die die Zivilisation in eine positive Richtung bewegt“.

Er veranstaltete eine einstündige Twitter-Sitzung mit Vertretern mehrerer großer Unternehmen, darunter Adidas, Nissan und Walgreens. Da es sich um eine öffentliche Veranstaltung handelte, waren auch etwa 100.000 Twitter-Nutzer anwesend.

IPG (Interpublic Group of Companies), ein Sponsor von Twitter, vertritt als eine der weltweit größten Werbefirmen Unternehmen wie American Express, Coca-Cola und Spotify. Die Gruppe von Werbeagenturen empfahl den Unternehmen, ihre Ausgaben für Twitter aufgrund von Bedenken wegen der Moderation auszusetzen. Mehrere große Marken lassen aktuell ihre Twitter-Anzeigen pausieren, darunter Audi, GM, General Mills und Pfizer. Auch Mondelez und Volkswagen gaben bekannt, dass sie ihre Werbeausgaben auf der Website noch einmal überdenken.

Als Reaktion darauf bat Musk alle Sponsoren, Twitter eine Chance zu geben, während es sich weiterentwickelt. „Ich verstehe es, wenn sich die Leute etwas Zeit nehmen und sehen wollen, wie sich die Dinge entwickeln“, sagte er. „Aber der beste Weg, um zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln, ist einfach Twitter zu benutzen. Dann sehen Sie, wie sich Ihr Eindruck geändert hat. Ist es besser? Ist es schlimmer?“

In den vergangenen Tagen hatte Musk mehrere Ideen geäußert, die die Twitter-Plattform voranbringen würden. Einige der Ideen beinhalten die Einführung der Monetarisierung von Inhaltserstellern, relevante Anzeigen, Peer-to-Peer-Zahlungen, Geldmarktkonten und einer Debitkarte.

Musk hatte Twitter für 44 Milliarden Dollar gekauft, der Dienst schrieb bereits vor der Übernahme rote Zahlen. Auf Twitter lastet ein Kredit von rund 13 Milliarden Dollar, den Musk für den Kauf aufnahm. Medienberichten zufolge kostet die Bedienung dieser Schulden rund eine Milliarde Dollar im Jahr.

(Mit Material der Agenturen und theepochtimes.com)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion