Rottwerk: Deutschlands einzigem Rohsiliziumhersteller droht das Aus
Die hohen Energiepreise stellen sich zunehmend als Gift für die deutsche Industrie heraus. Nun schlägt Deutschlands einziger Hersteller von metallurgischem Silizium, das Rottwerk (RW silicium GmbH) in Niederbayern, Alarm. Das silberglänzende Halbmetall findet vielfach Verwendung – etwa bei der Produktion von Solarzellen, Mikrochips und in der Chemieindustrie. Auch für Alufelgen benötigt die Industrie Silizium.
Das Unternehmen mit 120 Mitarbeitern musste seine Produktion bereits deutlich drosseln. Es läuft lediglich eine von vier Brennmaschinen. Mehr als die Hälfte der Herstellungskosten von Rohsilizium geht für den dafür benötigten Strom drauf.
Verdreifachung der Stromkosten
Epoch Times fragte bei dem angeschlagenen Betrieb nach. Geschäftsführer Stephan Bauer erklärt: „Für die Herstellung von einer Tonne Silizium benötigt man in etwa 15.000 kWh. Beim derzeitigen deutschen Strompreis sind das rund 1.800 Euro pro Tonne reine Stromkosten, bei einem Marktpreis von knapp 3.000 Euro pro Tonne.“
Zum Vergleich: Vor einigen Monaten lagen die Stromkosten für eine Tonne Silizium noch bei etwa 600 Euro, wie der BR berichtet. Diese haben sich also verdreifacht.
Bauer verglich die Situation mit Frankreich. „Unser französischer Wettbewerber hat beispielsweise durch subventionierten Strom weniger als die Hälfte an reinen Stromkosten. Das kann so für uns nicht funktionieren.“
Ukraine-Krieg nicht der Grund für Preisexplosion
Viele Medien begründen den Anstieg der Energiepreise mit dem Ukraine-Krieg und seinen Folgen. Bauer ist da jedoch anderer Ansicht: „Die Energiepreise in Deutschland haben sich bereits vor dem Ukraine-Krieg in etwa verdreifacht.“
Mit dem Krieg habe zunächst Panik eingesetzt. Zwischenzeitlich habe sich der Preis an den Strombörsen sogar verzwanzigfacht. Das bestätigt auch ein Bericht von „Der Standard“. „Jetzt haben wir wieder ein Niveau wie vor dem Krieg, aber für die Herstellung von Silizium ist das zu hoch“, erklärte Bauer.
Abhängigkeit steigt
Wenn die RW silicium GmbH ihre Produktion einstellt, erlischt damit eine Chance, unabhängiger von anderen Ländern zu werden – zumindest beim Silizium. „Deutschland ist der größte Siliziumverbraucher in Europa und muss bereits jetzt fast die gesamte Menge importieren“, sagte Bauer.
Johannes Bernreuter von Bernreuter Research ist Experte in der Siliziumbranche. Laut den Daten von Shanghai Metal Markets (SMM) vom Jahr 2021 betrug der weltweite Ausstoß an metallurgischem Silizium 3,82 Millionen Tonnen. „Davon kamen 2,91 Millionen Tonnen (76 Prozent) aus China. Die restlichen 910.000 Tonnen (24 Prozent) stammen aus der westlichen Welt, hauptsächlich Brasilien (5 Prozent), Nordamerika (4 Prozent) und Norwegen (3 Prozent)“, erklärte Bernreuter.
China produziert laut Statistik mit großem Abstand das meiste Silizium der Welt. Die Produktion erfolgt dabei teilweise in Xinjiang. 2021 betrug der Anteil Xinjiangs an der chinesischen Produktion von metallurgischem Silizium 43 Prozent. Die Region ist immer wieder aufgrund der „Umerziehungscamps“ für Uiguren und andere Minderheiten in die Schlagzeilen gekommen.
Rottwerk-Chef Bauer sagt es ganz klar: „Eine Abhängigkeit ist natürlich gegeben. Wir als einziger deutscher Siliziumhersteller Deutschlands produzieren ungefähr 1 Prozent des Weltmarktes und rund 10 Prozent des deutschen Verbrauches.“ Würde die Produktion der RW silicium GmbH wegfallen, muss Deutschland die Siliziumprodukte zu 100 Prozent importieren.
Wegfall der Produktion „schmerzlich“
Laut Bernreuter sei eine mögliche Geschäftsaufgabe von RW silicium GmbH für die deutsche Wirtschaft „sicherlich unbedeutend“, da der Betrieb lediglich 120 Mitarbeiter habe. „Mit einer vermuteten Produktionskapazität zwischen 30.000 und 40.000 Tonnen ist RW silicum ein kleinerer Hersteller.“ Die drei größten westlichen Hersteller Ferroglobe, Elkem und Dow hätten hingegen jeweils Jahreskapazitäten zwischen 200.000 und 300.000 Tonnen.
Weiter sagte Bernreuter: „Mit der [möglichen] Schließung von RW silicium würden etwa 4 Prozent der westlichen Produktion wegfallen.“ Angesichts der chinesischen Dominanz sei dies „schmerzlich“, auch für Wacker Chemie als vermutlichen Großkunden von RW silicium. „In die Bresche springen würden sehr wahrscheinlich andere westliche Hersteller“, vermutete Bernreuter.
Alle fordern einen Industriestrompreis
Als einzige Lösung für die schwierige Situation nennt Bauer wettbewerbsfähige Energiepreise. „Dies haben wir nicht in der Hand, sondern die Politik ist gefordert.“ Von ihr verlangt der Unternehmer einen „planbaren Industriestrompreis“.
Wirtschaftsminister Robert Habeck hat laut Bernreuter bereits angedeutet, dass in Berlin darüber nachgedacht wird. Konkret sind die Pläne noch nicht. Aufgrund dieser vagen Situation könne die RW silicium GmbH laut Bauer derzeit „eine Insolvenz nicht aktiv vermeiden“.
Auch Bernreuter fordert von der Politik einen Industriestrompreis. So sehe das laut dem Experten auch Wacker Chemie. Dieser Schritt „ist wohl notwendig, um energieintensive Industrien gegen die chinesische Billigkonkurrenz im Land zu halten.“
Die Mitarbeiter im Werk in Pocking sind nun in großer Sorge. Sie fürchten, ihre Jobs zu verlieren. Elektriker Gerhard Leitner sagte: „Eigentlich ist es hier schön zu arbeiten, wir können uns nicht beschweren. Aber jetzt geht es um Existenzen. Einige von uns haben ein Haus gebaut und Kredite aufgenommen.“ Andere sprechen von einer akuten Notsituation.
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