REWE Pick&Go: Ein Supermarkt, der Ihr Skelett erkennt

REWE will Kunden mit einem neuen, nahtlosen Bezahlsystem überzeugen. Dafür werden die Käufer im Markt von hunderten Kameras und Sensoren erfasst, sodass das System sie an ihrem Gang erkennt.
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Der Eingang für Kunden mit einer Pick&Go-App in einer REWE-Filiale.Foto: REWE
Von 15. Januar 2024

In vielen Supermärkten sind SB-Ablese-Stationen inzwischen ein fester Bestandteil. Hierbei scannen nicht die Angestellten an der Kasse die Waren, sondern die Käufer selbst.

REWE will nun ein weiterentwickeltes Bezahlverfahren seinen Kunden schmackhaft machen. Eine REWE-Filiale im Berliner Prenzlauer Berg gilt dafür als aktuelles Testlabor für moderne Kassentechnologie.

Kameras erkennen das Bewegungsmuster

Ein solches System ist das sogenannte Pick&Go. Dabei können Kunden ihren Einkaufswagen nach Bedarf füllen – und gehen ohne Einscannen und an der Kasse zu bezahlen wieder nach Hause. Das System registriert mithilfe von hunderten Kameras alle mitgenommenen Waren. Der Betrag wird dann vom Konto abgebucht.

Allerdings werden durch dieses System viele Daten der Kunden erfasst und gespeichert.

Laut REWEs Datenschutzbestimmungen erfassen die Kameras und Sensoren folgende Daten:

  • Es findet eine Videoaufzeichnung im gesamten Markt statt. Die Kameras erzeugen eine schematische Darstellung des Knochenbaus der einzelnen Kunden, was „skelettbasierte Gangart-Erkennung“ gennant wird.
  • Zudem registriert das System teilweise die Farbe ihrer Kleidung oder auffällige Accessoires. Auch der Einkaufsweg durch den Markt wird erfasst und die Aufzeichnung erhält einen Zeitstempel.
  • Das System sammelt Bewegungsdaten, die der Kunde erzeugt, wenn er eine Ware nimmt oder ins Regal zurücklegt. Das betrifft die Warenart und die Warenmenge.

Zwar erfasst das System nicht das Gesicht, jedoch sind der Knochenbau und die Gangart ebenfalls individuelle körperliche Erkennungsmerkmale, die sich nicht ablegen oder verbergen lassen. Diese Datenerfassung könnte daher auch als Skelettkontrolle bezeichnet werden.

Einkaufen mit oder ohne App

Ein Problem bei diesem Pick&Go-Konzept: Diese Bezahl-Technologie setze bisher voraus, dass die Kunden eine App verwenden.

Viele Menschen aber lehnen die Nutzung einer App und die damit verbundene Registrierung ab und bevorzugen das herkömmliche Verfahren an der Kasse. Im hybriden Berliner Supermarkt in der Schönhauser Allee können die Kunden jetzt entweder herkömmlich am Kassenband bezahlen oder sie gehen ohne App zur sogenannten Expresskasse.

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Immer öfter können Kunden auch mit einer App einkaufen gehen. Viele lehnen diese Methode jedoch ab. Foto: REWE

Entscheidet sich ein Kunde für die Expresskasse, muss er sich in einen markierten Bereich an dieser Kasse stellen. Das System erkennt den Kunden und seine Waren wieder. Eine App ist hierfür nicht mehr notwendig. Die Expresskasse zeigt dann laut dem Portal „Supermarktblog“ an:

Bezahl ohne zu scannen. Wir haben uns gemerkt, was du eingepackt hast und übertragen deinen Einkauf automatisch auf die Kasse.“

Das System fragt den Kunden, ob es ein Produkt vergessen hat. In diesem Fall kann der Kunde dieses selbst noch einscannen. Ist alles korrekt erfasst, kann der Kunde den Einkauf in bar oder per Karte bezahlen.

Gelegentlich empfehlen die Mitarbeiter im Supermarkt, dass dieser Prozess mithilfe der REWE Pick&Go-App noch schneller gehe. Die Kunden können aber auch weiterhin an der Expresskasse ohne App einkaufen. Das funktioniere soweit gut – zumindest bei unkomplizierter Warenauswahl.

Ein Eingeständnis der Branche

Dass REWE nun diesen Schritt zurück – also „bequemeres“ Einkaufen ohne App – macht, gleicht laut „Supermarktblog“ einem Eingeständnis der Branche. Die Supermärkte müssten damit endgültig zugeben, dass das Pick&Go-Konzept, wofür bisher die App nötig war, kein Selbstläufer gewesen ist. Mit dem neuen Konzept hat REWE einen weiteren Versuch gestartet, die Kunden vom Pick&Go-Konzept zu überzeugen.

Hinzu kommt, dass die Branche jetzt auch eine bislang stillschweigende Vereinbarung mit ihren Kunden aufgelöst hat.

Bisher galt, dass nur die Kunden, die etwa die App des entsprechenden Marktes nutzen, von dem entsprechenden Supermarkt beim Einkauf von den installierten Kameras erfasst werden. Jetzt wird die Datenerfassung in den entsprechenden Märkten auf alle Kunden ausgeweitet.

REWE beobachtet dich

Die Berliner REWE-Filiale setzt dabei auf das sogenannte EasyOut-System, das vom israelischen Unternehmen Trigo Vision Ltd. entwickelt wurde. Laut Trigo und REWE arbeitet die Technologie mithilfe von Deckenkameras. Der Einzelhändler teilte auf eine Anfrage von „netzpolitik.org“ mit, dass 200 bis 500 Kameras verbaut seien – abhängig von der Größe des Marktes.

Ebenso seien Gewichtssensoren in allen Regalböden installiert. Neben REWE stattet Trigo auch andere internationale und nationale Supermärkte wie Tesco, Auchan und Aldi aus.

Nach Aussage des israelischen Unternehmens erkenne das System die Bewegungen aller Kunden, die sich im Laden befinden. Allerdings wüsste es nicht, wer sie genau sind.

Wie steht es um die Datensicherheit?

In einer Pressemitteilung bewirbt REWE das System als „zeitsparend, einfach, bequem und sicher“. Weiter schreibt der Lebensmittelmarkt: „Mit REWE Pick&Go werden Einkäufe mittels modernster Kamera- und Sensortechnologie sicher und datensparsam erfasst und nach Verlassen des Marktes ohne Kassenvorgang automatisch abgerechnet.“

Dabei stellt sich die Frage, wie es mit so vielen Kameras und Sensoren mit der Datensicherheit aussieht. Laut REWE achtet das Unternehmen weiterhin darauf, dass die Filialen sämtliche Datenschutzbestimmungen einhalten und keine persönlichen Merkmale speichern.

Wer hat Zugang zu den Daten und aus welchem Grund?

REWE verweist bei dieser Frage auf Trigo, der für die Verarbeitung der Daten zuständig ist. An Dritte – auch außerhalb der EU – würden lediglich verpixelte Daten übermittelt.

Zugang zu den aufgezeichneten Daten können demnach verschiedene Entwicklungsdienstleister für die Software sein, aber auch Cloudbetreiber zur Erfassung und Verarbeitung der Videoaufzeichnungen im Markt.

Von der Datenaufzeichnung benachteiligt ist hierbei der erfasste Kunde. Sie können während ihres Einkaufs bislang nicht sehen, welche Waren ihnen das System zurechnet, damit sie korrigierend eingreifen können. Stattdessen müssen sie direkt nach dem Einkauf prüfen, ob alles stimmt. Andernfalls können sie eine Reklamation stellen.

Anm. d. Red.: Dieser Artikel wurde am 16. Januar 2024 aktualisiert.



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