Stadtwerke rechnen mit dauerhafter Verdopplung der Energiepreise – und fordern längere AKW-Laufzeiten
In Konstanz haben die Stadtwerke ihre Strompreise verdoppelt, auch in München, Osnabrück, Trier oder Rostock kam es zu erheblichen Preissteigerungen. In Bayerns Landeshauptstadt bezahlt ein Zwei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 2.500 Kilowattstunden künftig 1.676 Euro statt wie bisher 753 Euro. Die Verdopplung der Preise könnte zum Dauerzustand werden, meint Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands der kommunalen Unternehmen (VKU).
Stadtwerke sehen derzeit keinen Spielraum für niedrigere Strompreise
In der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) erklärte er, die Energiekrise sei „nicht mehr ganz so dramatisch, aber nicht vorüber“. An eine Senkung der Preise für Strom und Gas sei jedoch nicht zu denken. Die aktuellen Preise auf Spot- und Terminmärkten müssten dazu noch weiter und dauerhaft sinken. Danach sehe es bis auf Weiteres jedoch nicht aus.
Zwar wollten angesichts niedrigerer Großhandelspreise auch die Stadtwerke ihre Tarife senken und würden dies tun, sobald es Spielraum gebe. Allerdings sei dies derzeit nicht der Fall. Stattdessen könne sich das seit Anfang des Jahres eingekehrte Preisniveau zur Normalität entwickeln:
Es wird nach unserer Einschätzung absehbar auf eine Verdoppelung der Gas- und Stromtarife hinauslaufen.“
Strompreisbremse stellt Versorger vor komplexe Umprogrammierungen
Bereits im vergangenen November hatte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) davor gewarnt, zu große Hoffnungen auf die Strompreisbremse zu setzen. Diese sei nach Ansicht der Versorger „nicht zu schaffen“, hieß es im „Focus“. Zwar sei die Energiewirtschaft gewillt, konstruktiv daran mitzuarbeiten, aber faktisch gestalte sich das Vorhaben komplexer als von der Politik gedacht.
Der BDEW wies darauf hin, dass das Tarifsystem außerordentlich komplex sei und Millionen Verbraucher richtig abzurechnen wären. Hunderte Unternehmen müssten ihre standardisierten Programme dafür komplett umprogrammieren.
Ab Januar 2023 soll der Strompreis auf 40 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt sein – im Umfang von 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs. Bei Industriekunden subventioniert der Staat 70 Prozent des historischen Verbrauchs. Dort kostet die Kilowattstunde 13 Cent. Allerdings liegt bei vielen privaten Stromkunden der Preis pro Kilowattstunde auch nach der Erhöhung noch unter 40 Cent. Dort würde die Strompreisbremse gar nicht erst greifen.
Stadtwerke haben „für Stabilität in der Krise gesorgt“
VKU-Hauptgeschäftsführer Liebing warnt trotz des höheren Preisniveaus bei den Grundversorgern vor vorschnellem Wechsel zu Billiganbietern. Die Stadtwerke hätten in der Krise für Stabilität gesorgt, während die Discounter ihren Kunden bei erster Gelegenheit gekündigt hätten.
Ein ähnliches Szenario sei auch jetzt zu erwarten. Billiganbieter würden für kurze Zeit günstige Preise garantieren – allerdings in weiterer Folge deutlich erhöhen.
Liebing richtet auch an die Politik einen eindringlichen Appell:
Um für Notsituationen gewappnet zu sein, wäre es grundsätzlich besser, die Kapazitäten zu nutzen, die wir haben.“
Dies bedeute eine weitere Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke. Zudem gelte es, die Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen zu beschleunigen. Die im Dezember verabschiedete EU-Notfallverordnung biete dafür auch Möglichkeiten.
Auch die „Wirtschaftsweise“ Veronika Grimm hält eine längere Laufzeit von Kernkraftwerken für eine sinnvolle Lösung zur Bewältigung der Energiekrise. Dadurch würden die Strompreise um etwa ein Zehntel sinken – und es müsste weniger Kohle verstromt werden. Ein verstärkter Ausbau erneuerbarer Energien könnte in zwei bis vier Jahren die erforderlichen Kapazitäten schaffen, um die „angespannte Lage am Strommarkt zu beruhigen“.
Private Photovoltaikanlagen erhöhen Stromverbrauch nur unwesentlich
Ein Ausbau privater Photovoltaikanlagen könnte ebenfalls für Entlastung sorgen. Der Stromverbrauch von Haushalten steige dadurch nur um etwa zwölf Prozent, heißt es in einer aktuellen Studie des RWI – Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung.
Wie RWI-Energieökonom Manuel Frondel dem Portal „Marketscreener“ zufolge erklärt, sei der Anreiz stark, den erzeugten Strom ins Netz einzuspeisen. Grund dafür sei die Höhe der Einspeisevergütungen:
Unsere Studie deutet darauf hin, dass deutsche Haushalte ihren Stromverbrauch nach der Installation einer Photovoltaik-Anlage erhöhen. Dieser Solar-Rebound ist jedoch vergleichsweise gering, da die Haushalte starke Anreize haben, möglichst viel Solarstrom ins Netz einzuspeisen.“
(Mit Material von dpa)
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