Signa Holding beantragt Insolvenz – das könnte Immobilienmarkt und Banken erschüttern
Die Reise von Immobilienmagnat René Benko an den Persischen Golf scheint nicht die gewünschte Wirkung gehabt zu haben. Weder der saudische Kronprinz noch ein anderer Kreditgeber zeigte sich zu der erforderlichen Finanzspritze bereit, die eine Insolvenz der Signa Holding hätte abwenden können. Am Mittwoch, 29. November, hat das Handelsgericht Wien der Gruppe ein kurz zuvor beantragtes Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung gestattet.
Erste deutsche Signa-Tochter meldete in der Vorwoche Insolvenz an
Wie es in einer Mitteilung der Holding heißt, sei dessen Ziel „die geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs im Rahmen der Eigenverwaltung und die nachhaltige Restrukturierung des Unternehmens“. Trotz „erheblicher Bemühungen in den letzten Wochen“ sei es nicht gelungen, „die erforderliche Liquidität für eine außergerichtliche Restrukturierung“ in ausreichendem Maße sicherzustellen.
Der „Wirtschaftswoche“ zufolge hatte bereits am vergangenen Freitag eine erste deutsche Signa-Tochter beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Insolvenzantrag gestellt. Medien nennen eine Summe von 400 Millionen Euro, die Signa kurzfristig gebraucht hätte, um zahlungsfähig zu bleiben.
Nach den ersten Pleiten von Tochterunternehmen waren immer mehr Kreditgeber und Investoren abgesprungen. Bis die Liquiditätskrise den Mutterkonzern erreichen würde, galt vielfach nur noch als Frage der Zeit. Auch der symbolische Rückzug von René Benko aus dem Beirat der Unternehmensgruppe kam zu spät.
Einzelhandel und Immobiliensparte vor ungewisser Zukunft
Die Gruppe hatte sich im Groben in zwei Kerngeschäfte aufgegliedert. Signa Retail investierte in Einzelhandelsgeschäfte – unter anderem in Galeria Karstadt Kaufhof und den Schweizer Globis-Konzern. Signa Real Estate wiederum ist weltweit im Immobiliengeschäft vertreten.
Ihre Untergesellschaften beschäftigen sich unter anderem mit Projektentwicklung und der Verwaltung prestigeträchtiger Gebäude und Luxusimmobilien. Unter anderem befinden sich der Elbtower in Hamburg und das Chrysler Building in New York im Eigentum der Signa-Gesellschaft.
Eigenen früheren Angaben der Unternehmensgruppe zufolge soll sich der Gesamtwert der Gebäude in ihrem Eigentum auf 27 Milliarden Euro belaufen. Zudem seien Objekte im Wert von 25 Milliarden Euro Teil von Entwicklungsprojekten, mit denen man die Hoffnung auf Wertsteigerungen verband.
Nicht nur die Signa Holding selbst, auch viele Banken sahen dies so – ehe der Immobilienmarkt unter Druck kam und die erste Bilanzberichtigung in Höhe von mehr als einer Milliarde anstand. Es dauerte anschließend nicht lange, bis der Blick der Öffentlichkeit auf die Höhe der Verbindlichkeiten der Gruppe fiel.
Signa könnte einige Marktakteure mit sich reißen
Wie die „Tagesschau“ berichtet, ist die Krise auf dem Immobilienmarkt nicht nur die Ursache des Niedergangs von Signa. Die explodierenden Kosten für Kredite und Bau haben nicht nur das Geschäftsmodell Benkos an seine Grenzen stoßen lassen. Die Pleite wird ihrerseits nun selbst erhebliche Wirkungen auf den Immobilienmarkt haben.
Zahlreichere kleinere Projektentwickler mussten bereits Insolvenz anmelden, weil ihre Liquiditätsreserven aufgebraucht sind. Nun werden jedoch auch mehrere Bauunternehmen ins Straucheln geraten, deren Existenz von der Zahlungsfähigkeit der Signa Holding abhängig war. Schon jetzt steht die Arbeit auf mehreren Baustellen still – unter anderem am Hamburger Elbtower.
Der Markt für Gewerbeimmobilien wird noch stärker unter Druck geraten, je mehr Signa-Immobilien unter ihrem Wert verwertet werden müssen. Die Immobilienpreise sinken dadurch auch in der Breite noch weiter, was die Renditeaussichten für Bauherren, Vermieter und Projektentwickler noch weiter eintrübt.
Lähmung des Immobilienmarktes vor möglicher Verfestigung
Die ohnehin bereits um sich greifende Unsicherheit um Zinsentwicklung, Inflation und potenzielle weitere Sanierungsvorgaben haben den Markt schon jetzt weitgehend gelähmt. Dies ist selbst der Bundesregierung nicht verborgen geblieben, deren Ziel, jährlich den Bau von 400.000 Wohnungen zu ermöglichen, in weite Ferne gerückt ist.
Für Immobiliengesellschaften steigen die Finanzierungskosten, während der Wert ihrer Bestände sinkt – was Kreditgeber dazu veranlassen könnte, bestehende Darlehen nachbesichern zu lassen. Wer in dieser Lage noch über liquide Mittel verfügt, nimmt von Investitionen häufig Abstand.
Preisrückgänge ziehen sich mittlerweile durch alle Klassen, besonders stark betroffen sind Gewerbeimmobilien. Einigermaßen stabil wird die Nachfrage nach Bürogebäuden in exzellenter Lage bleiben, schätzen Analysten. Für die Signa-Sanierer könnte das eine gute Nachricht sein, weil sich davon zahlreiche in deren Bestand befinden.
Ein Fragezeichen bliebe dennoch hinter der Auslastung. Dies hängt unter anderem mit dem Trend zum Homeoffice zusammen – aber auch mit möglicherweise zögerlichen Interessenten. In unsicheren Zeiten könnte auch der eine oder andere gewerbliche Mieter Büros in Randlagen teuren Mieten in der Innenstadt vorziehen.
Wie weit könnte die Pleite um sich greifen?
Dass mit der Signa Holding eine Unternehmensgruppe Insolvenz anmelden muss, für die es über Jahrzehnte hinweg nur bergauf gegangen war, weckt Ängste. Die Pleite des Konzerns, der den Tiroler Jungunternehmer René Benko zum Multimilliardär gemacht hatte, trifft auf einen Not leidenden Immobilienmarkt.
Bereits jetzt müssen zahlreiche Projektentwickler die Segel streichen, weil hohe Zinsen und hohe Baukosten ihre Kalkulationen umwerfen. Immobilien aller Klassen verlieren an Wert, was auch ihre Qualität als Sicherheit für die Banken beeinträchtigt. Diese schränken ihre Kreditvergaben ein, während sie um die Bedienung ihrer bestehenden Kredite fürchten.
Nun platzt die Bombe und die Signa Holding, die hunderte Immobilien-Tochtergesellschaften umfasst, kann ihre laufenden Verpflichtungen nicht mehr in ausreichendem Maße bedienen. Offen bleibt, wen dies im Detail betrifft. Die Befürchtungen bezüglich der möglichen Konsequenzen reichen nun von Innenstädten voller Bauruinen bis hin zu einer Immobilienkrise, die sich vielleicht sogar zu einer Finanzkrise ausweitet.
Mehrere Banken mit dreistelligen Millionenbeträgen involviert
Wie die „Tagesschau“ berichtet, haben mehr als 100 Geldinstitute der Signa Holding Geld geliehen. Banken wie die Helaba, die BayernLB und die NordLB sollen mit dreistelligen Millionenbeträgen mit dabei sein. Die LBBW soll ebenfalls Kredite an Benko vergeben haben.
In der Schweiz ist die Rede von einem Kreditrisiko in Höhe von etwa 600 Millionen Franken bei Signa, in Österreich ist von höheren dreistelligen Millionensummen bei Raiffeisen International (RBI) und einer nicht genauer bezifferten höheren Summe bei der UniCredit-Tochter Bank Austria die Rede.
Alle diese Angaben der „Tagesschau“ stützen sich auf Aussagen von Insidern. Die Geldinstitute selbst haben genaue Auskünfte zu etwaigen Kreditvergaben kategorisch verweigert. Ein implodierender Immobilienmarkt, platzende Kredite und Banken, die mit gigantischen Summen mit von der Partie waren – das weckt böse Erinnerungen.
Was Signa-Insolvenz fundamental von der Subprime-Krise unterscheidet
Obwohl es gewisse Gemeinsamkeiten zwischen der Signa-Insolvenz und der Subprime-Krise von 2007/08 gibt, erscheint es jedoch als zu früh, um eine neue Weltfinanzkrise erwarten zu können. Beide Ereignisse haben einen gravierenden Einfluss auf den Immobilienmarkt und es sind in Summe erhebliche Geldbeträge im Spiel.
Inwieweit die 400 Millionen Euro, die erforderlich gewesen wären, um die Signa-Insolvenz abzuwenden, nur der Anfang sind, ist noch unklar. Die Liquiditätsprobleme werden Zahlungsausfälle in erheblicher Höhe zur Folge haben – mit großer Wahrscheinlichkeit auch bei Krediten. Eine Kettenreaktion ist nicht auszuschließen.
Allerdings gibt es auch deutliche Unterschiede in den Voraussetzungen zwischen der heutigen Immobilienkrise und der Subprime-Krise. Die Signa-Pleite ist Folge von Liquiditätsproblemen, die durch hohe Zinsen und gestiegene Baukosten entstanden sind.
Die Subprime-Krise war demgegenüber die Folge von Kreditvergaben, die bereits im Ansatz riskant waren. Dabei ging es um Hypothekenkredite mit geringer Bonität und Immobilien, die einen geringen Wert als Sicherheit aufwiesen. Im Fall von Signa geht es hingegen im Regelfall immer noch um Luxusimmobilien oder Entwicklungsprojekte, die unter normalen Umständen ein enormes Potenzial hätten. Dennoch stehen die Auswirkungen der Signa-Insolvenz in ihrer Gesamtheit noch nicht fest.
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