Wohnungsgipfel: So will die Ampelregierung Stillstand im Bauwesen entgegenwirken

Neue Fördermöglichkeiten, Abstriche von Maximalforderungen zum Klimaschutz, staatliche Subventionsprogramme: So will die Ampel wieder für mehr Wohnbau in Deutschland sorgen. Der Wohnungsgipfel soll dazu den Anfang setzen.
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Bundesbauministerin Klara Geywitz lud zusammen mit Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck zum Wohnungsgipfel.Foto: Carsten Koall/Getty Images
Von 25. September 2023

Mit dem Wohnungsgipfel, zu dem Bundeskanzler Olaf Scholz am Montag, 25. September, Vertreter von Verbänden, Ländern und Kommunen eingeladen hatte, strebt die Ampel einen Befreiungsschlag im Wohnungsbau an. Weit vom selbst gesteckten Ziel entfernt, jährlich 400.000 Wohnungen neu zu errichten, soll zumindest das Signal ausgehen, man habe die Notwendigkeiten verstanden.

Bereits im Vorfeld des Gipfels hatte sich das Kabinett auf ein 14-Punkte-Programm geeinigt. Dieses soll Fördermöglichkeiten, Vergünstigungen, Anreize, aber auch einen Verzicht auf klimapolitische Maximalforderungen umfassen.

Proteste von Verbänden überschatteten den Wohnungsgipfel

Mehrere Verbände der Wohnungswirtschaft hatten die Teilnahme am „Bündnis-Tag zum bezahlbaren Wohnraum“ abgesagt. Unter ihnen waren der Gesamtverband GDW und der Eigentümerverband Haus & Grund, die zusammen mehr als 95 Prozent des Immobilienbestandes in Deutschland vertreten.

Die Verbände kritisierten, die Regierung vernachlässige die Förderung der Bautätigkeit und ignoriere Warnsignale von Experten. Stattdessen erhöhe sie die Anforderungen, beispielsweise bezüglich der „Klimaneutralität“ umso stärker. Neben dem umstrittenen Heizungsgesetz drohten Immobilieneigentümern auch teure Sanierungsvorgaben vonseiten der EU.

Dies und die Zinsentwicklung mache das Bauen vor allem für junge Familien teuer und unkalkulierbar. Zudem gingen zahlreiche Fördermaßnahmen ins Leere. Aber auch die Inflation mache das Bauen unattraktiv. Die Baupreise seien, so schreibt das „Handelsblatt“, im zweiten Quartal um knapp neun Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Im ersten Halbjahr 2023 sei die Zahl der Baugenehmigungen um etwa 27 Prozent eingebrochen – weil auch Projektentwickler unter der Entwicklung litten.

Habeck: „Heizungsgesetz reicht erst mal aus“

Nun will man vonseiten der Bundesregierung Vertrauen schaffen. Immerhin waren am Ende doch Vertreter von mehr als 30 Verbänden zum Wohnungsgipfel ins Kanzleramt gekommen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesbauministerin Klara Geywitz hatten zudem erklärt, nicht am Energiestandard EH40 für Neubauten festhalten zu wollen. Dieser hätte für Bauherren weitere teure Investitionen in die Energieeffizienz erforderlich gemacht.

Habeck begründete diesen Schritt damit, dass durch das jüngst nach langen Debatten verabschiedete Heizungsgesetz die Klimafreundlichkeit von Neubauten ab 2024 sichergestellt sei. Den Standard einzuführen, mache auch „keinen großen Sinn“, bevor die EU nicht ihre Gebäuderichtlinie erlassen habe.

EH40 würde bedeuten, der Energiebedarf von Gebäuden dürfe nur noch 40 Prozent jenes von Vergleichsneubauten betragen. Derzeit gilt ein Standard von 55 Prozent. Habeck geht nicht mehr davon aus, dass EH40 in der laufenden Legislaturperiode zum Thema wird.

Geywitz will Sanierungseifer der EU ausbremsen

Auch Ministerin Geywitz war nicht nur zu EH40 auf Distanz gegangen. Sie hatte erklärt, schon ab EH55 gebe es „sehr viele Fragezeichen, ob das Geld, was man zusätzlich in Dämmung steckt, in einem sinnvollen Verhältnis steht zur eingesparten Energie“.

Nun will sie auch auf EU-Ebene gegen eine Sanierungspflicht für einzelne Gebäude ankämpfen. Sie sei zwar mit „anspruchsvollen Sanierungsquoten für den gesamten Gebäudebestand“ einverstanden. Eine verpflichtende Sanierung einzelner Wohngebäude wolle sie jedoch ausschließen. Derzeit stellen sich 16 von 27 EU-Regierungen gegen allzu weitreichende Sanierungsvorgaben.

Kommt die Richtlinie, müssen die Mitgliedstaaten diese in nationales Recht umsetzen. Dabei bleibt ihnen jedoch Spielraum – unter anderem für Ausnahmeregelungen und Förderprogramme.

Nachbessern bei Heizungstausch-Förderung

Nachdem die Ampel von Bauherren und Immobilienbesitzern unter dem Banner des Klimaschutzes stetig gefordert hat, will sie nun auch fördern. Steuervorteile bei Bauvorhaben soll es demnach durch die sogenannte Afa geben, eine besondere Abschreibungsregel.

Auch den „Klimabonus“, der Hauseigentümer beim Tausch alter, fossiler gegen neue, klimafreundliche Heizungen fördert, will der Wohnungsgipfel attraktiver machen. Er soll erhöht und auch auf Wohnungsunternehmen und Vermieter ausgeweitet werden.

Statt wie bisher 20 soll der „Klima-Geschwindigkeitsbonus“ bei der Förderung 25 Prozent betragen. Dazu muss es innerhalb der kommenden beiden Jahre zum Heizungstausch kommen. Ab 2026 soll dieser erst um jeweils fünf, danach um drei Prozent abschmelzen. Zudem soll der Bonus auch für Wohnungsunternehmen und Vermieter gelten.

Höchstgrenze beim Einkommen für KfW-Baukredit angehoben

Wie die „Tagesschau“ berichtet, soll auch die Höchstgrenze des Jahreseinkommens steigen, bis zu der Familien vergünstigte KfW-Baukredite beantragen können. Bisher lag diese bei 60.000 Euro – mit der Folge, dass gerade einmal 212 Familien zwischen Juni und August einen beantragt haben.

Nun soll die Grenze für eine dreiköpfige Familie bei 90.000 Euro liegen, die maximale Kreditsumme beträgt 170.000 statt wie bisher 140.000 Euro. Der effektive Jahreszins soll bei 0,5 Prozent liegen. Mit einem Wohneigentumsprogramm „Jung kauft Alt“ will man in den kommenden beiden Jahren auch den Erwerb von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden unterstützen. Auch hier soll es günstige KfW-Kredite zur Sanierung geben.

Außerdem will die Regierung die Umwandlung von Büroflächen in klimafreundliche Wohnungen fördern – sie sieht allein in diesem Bereich ein Potenzial für 235.000 neue Wohnungen.

Wohnungsgipfel weist der KfW eine Schlüsselrolle zu

Scholz will jedoch auch die Länder in die Pflicht nehmen. Dazu stellt er diesen eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer in Aussicht. Im Zeitraum von 2022 bis 2027 sollen ihnen dafür „Programmtitel in Höhe von insgesamt 18,15 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau“ zufließen. So will man Städten und Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten den Bau von bezahlbarem Wohnraum vereinfachen. Auch hier soll die KfW als Ermöglicher von Förderungen ins Spiel kommen.

Schon ab 2024 soll die sogenannte Wohngemeinnützigkeit eingeführt werden. Unter diesem Titel soll es steuerliche Vergünstigungen und Förderungen für Vermieter geben, die dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen.

Der Immobilienverband ZIA erklärte zu den Ergebnissen des Wohnungsgipfels: „Ein neuer Realismus beim Klimaschutz und klare steuerliche Entlastungssignale zeigen: Die Gespräche der letzten Wochen haben sich gelohnt.“ ZIA-Präsident Andreas Mattner sprach von einem „echten Ruck“. Doch brauche es noch mehr.

Auch Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, lobte das Paket als „umfangreicher als erwartet“ und fügte hinzu: „Wichtig für die Branche ist nun die Prüfung eines attraktiveren Zinsverbilligungsprogramms, wie es in dem Papier durch die Bundesregierung vorgesehen ist.“

(Mit Material von dpa)



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