Neues Super-Finanzamt gegen „Geldwäsche-Paradies“ – Datenschützer sieht rot
Bereits im nächsten Jahr soll in Deutschland eine neue Superbehörde zur Verfolgung von Finanzkriminalität entstehen. Schon 2025 soll das Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) seine Arbeit aufnehmen – und dabei auf eine umfassende Vielzahl an Ressourcen zurückgreifen können.
Dies ist die wesentliche Konsequenz aus dem Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz (FKBG), das am 11. Oktober im Kabinett beschlossen wurde. Noch in diesem Jahr will die Ampel das Gesetz durch Bundestag und Bundesrat bringen. Es soll einen „wesentlichen Bestandteil des aktuellen Reformpakets zur Neuausrichtung der Bekämpfung von Finanzkriminalität“ darstellen.
„Ganzheitliches und vernetztes Vorgehen“ unter dem Dach des BBF
In einem ersten Schritt soll es unter dem Dach des BBF zu einer Zusammenfassung der Bereiche Ermittlung, Analyse und Überwachung im Bereich der Geldwäsche kommen. Dazu sollen auch das Personal und die erforderlichen Instrumente zur Vermögensermittlung kommen.
Vorerst eigenständig wird die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS) bleiben, allerdings ist vorgesehen, auch sie 2025 organisatorisch in das BBF einzugliedern. Das soll dazu beitragen, dass dieses perspektivisch zur alleinigen Hauptbehörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität wird.
Wie es auf der Seite des Bundesfinanzministeriums heißt, soll unter dem Dach der neuen Superbehörde die „Financial Intelligence Unit“ (FIU) mit der Analyse betraut sein. Zusammen mit den anderen Einheiten will man so ein „ganzheitliches und vernetztes Vorgehen bei der Bekämpfung der Geldwäsche“ schaffen. Dieses soll die bestehende Fragmentierung überwinden.
„Verdächtige Finanzströme“ sollen künftig schon für Ermittlungen ausreichen
Eine zentrale Rolle wird auch das „Ermittlungszentrum Geldwäsche“ (EZG) im neuen BBF spielen. Dieses soll „bedeutsame, internationale Fälle von Geldwäsche mit Deutschlandbezug“ ermitteln. Dabei sollen der Behörde alle den deutschen Strafverfolgungsbehörden zustehenden Befugnisse zur Verfügung stehen.
Die Besonderheit dabei soll sein, dass sie anders als andere Strafverfolgungsbehörden beim Ermitteln nicht erst von Vortaten ausgehen muss. Es soll künftig der Ansatz „follow the money“ entscheiden. Für das Tätigwerden des EZG soll es künftig schon ausreichen, dass dieses „verdächtige Finanzströme“ wahrnimmt.
So soll es leichter werden, nicht nur Straftaten im Bereich der Finanzkriminalität auf die Spur zu kommen, sondern auch dahinterstehende „professionelle Hintermänner und Netzwerke“ aufzuspüren.
BBF soll Ermittlungen aus einem Guss ermöglichen
Bereits im Juli hatte das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der risikobasierten Arbeitsweise der Zentralstelle für Verdachtsanzeigen (FIU) verabschiedet. Dieser stelle die Grundlage eines solchen risikobasierten Ansatzes dar.
Leitet das EZG Ermittlungen ein, wird die Financial Intelligence Unit (FIU) die Analysearbeit durchführen. Die Zentralstelle für Geldwäscheaufsicht (ZfG) soll sodann für ein koordiniertes Vorgehen der dezentralen Aufsichtsbehörden der Länder sorgen. So soll ebenfalls eine einheitliche risikobasierte Strategie sichergestellt werden.
Wo es Schnittstellen mit anderen Strafverfolgungsbehörden gebe, sollen gemeinsame Ermittlungsgruppen entstehen. Auf diese Weise will man die Kooperation und die Zusammenführung von Erkenntnissen optimieren. Die Zuständigkeiten des Bundeskriminalamtes (BKA) und des Zollfahndungsdienstes (ZFD) sollen ebenso wie die Rolle der Staatsanwaltschaften der Länder bei der Geldwäschebekämpfung bestehen bleiben.
Unternehmen sollen „freiwillig Eigentums- und Kontrollstrukturen offenlegen“
Dem BBF soll es möglich sein, mit modernsten digitalen Technologien und einem datenzentrierten Ansatz optimale Ermittlungs- und Aufsichtsarbeit zu leisten, heißt es aus dem Ministerium weiter. Vor allem angesichts der Komplexität von Geldwäscheaktivitäten – etwa im Krypto-Bereich – und der großen Datenmengen sei dies von großer Wichtigkeit.
Die Kompetenzen der Länder bei der Geldwäscheaufsicht des Nichtfinanzsektors soll aufrechterhalten bleiben. Allerdings soll die Zentralstelle für Geldwäscheaufsicht unter dem Dach des BBF einheitliche Leitlinien entwickeln. Dies soll eine Koordinierung der Arbeit der Aufsichtsbehörden erleichtern.
Durch das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz will man zudem die Datenqualität im Transparenzregister erhöhen. Dies beinhaltet zusätzliche Abfragebefugnisse für registerführende Stellen. Zudem sollen für Unternehmen „Anreize gesetzt werden, freiwillig ihre Eigentums- und Kontrollstrukturen im Transparenzregister offenzulegen“. Auf diese Weise sollen „wirtschaftlich Berechtigte“ jenseits der eigentlichen Rechtstitel leichter erkennbar werden.
Ein weiterer Kernpunkt der Kontrolloffensive soll die Errichtung eines Immobilientransaktionsregisters werden. Dieses soll dem BBF bei Bedarf einen volldigitalen Zugriff auf Immobiliendaten sichern.
Lindner: Deutschland „Paradies für Geldwäsche“ – FATF will auch ans Bargeld
Bundesfinanzminister Christian Lindner erklärt dazu, dass Finanzverbrechen „das Vertrauen in den Rechtsstaat und die Integrität unseres Wirtschafts- und Finanzstandorts untergraben“. Zudem verzerrten die illegalen Finanzströme den Wettbewerb und die damit erzielten Profite heizten weitere Kriminalität an.
Bereits im Vorjahr hatte Lindner, dessen FDP seit 1949 an 13 Bundesregierungen beteiligt war, Deutschland im „Handelsblatt“ als ein „Paradies für Geldwäsche“ bezeichnet. Da auch ein Prüfbericht der „Financial Action Task Force“ (FATF) auf EU-Ebene dies bestätigte, plädierte Lindner für die Errichtung eines neuen „Bundesfinanzkriminalamts“.
Die FATF bemängelte auch die fehlende Bargeld-Obergrenze in Deutschland. Bislang ist die FDP in der Ampel diesbezüglich zurückhaltend. Im Koalitionsvertrag ist jedoch eine Umsetzung von FATF-Empfehlungen festgeschrieben.
Datenschutzbeauftragter: Gesetz „öffnet Türen, die sich nur schwer wieder schließen lassen“
Bedenken gegen das Vorhaben äußert der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI). Dort heißt es, der Gesetzentwurf schaffe „massive neue Eingriffsbefugnisse“. Gleichzeitig sei von der Evaluierung der Sicherheitsgesetze in Form einer Überwachungsgesamtrechnung nichts zu bemerken. Dabei solle diese laut Koalitionsvertrag bis Ende 2023 abgeschlossen sein. Dies veranlasst den Datenschutzbeauftragten zu der Schlussfolgerung:
„Damit werden Türen geöffnet, die sich am Ende nur schwer wieder schließen lassen – selbst wenn es notwendig ist.“
Der BfDI kritisiert zudem eine mangelnde Abgrenzung zur Zuständigkeit des Bundeskriminalamtes im Bereich der Geldwäschebekämpfung. Derartige Doppelzuständigkeiten erhöhten die Gefahr „mehrfacher, gegebenenfalls nicht erforderlicher Datenhaltungen“. Dies schaffe „generell ein erhöhtes Risiko für die Rechte und Freiheiten von betroffenen Personen“.
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