JPMorgan-CEO Dimon: „Gefährlichste Zeit“ in der Welt seit Jahrzehnten angebrochen

Am Rande der Verkündung der Quartalszahlen hat der CEO von JPMorgan Chase, Jamie Dimon, vor einer gefährlichen Zeit für die USA und die Welt gewarnt. Sorgen bereite ihm unter anderem die Rückkehr der Inflation.
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In Sorge ob der zurückkehrenden Inflation und neuer geopolitischer Verwerfungen: der CEO von JPMorgan Chase, Jamie Dimon.Foto: Drew Angerer/Getty Images
Von 15. Oktober 2023

Der Vorstandsvorsitzende der US-Geschäftsbank JPMorgan Chase, Jamie Dimon, hat vor der „gefährlichsten Zeit seit Jahrzehnten“ gewarnt, in welcher sich die Welt befinde. Dabei hat er zum einen geopolitische Entwicklungen wie den Ukraine-Krieg oder den Hamas-Terror gegen Israel im Blick: Diese hätten „weitreichende Auswirkungen auf die Energie- und Lebensmittelmärkte, den globalen Handel und die geopolitischen Beziehungen“.

Zum anderen warnte er jedoch auch, dass die Inflation in den USA noch lange nicht besiegt sei – die Verbraucher jedoch an ihre Reserven gingen.

Mehrere Faktoren haben die Inflation zurückkehren lassen

Die Inflation könnte auf hohem Niveau verharren, deutete Dimon anlässlich der Verkündung der Quartalszahlen seiner Bankengruppe an. Dies liege nicht zuletzt daran, dass die hohen Staatsausgaben der vergangenen Jahre anhalten könnten – was auch die Schuldenkrise verschärfe.

Dimon sprach von einer „extrem“ hohen Staatsverschuldung, dazu komme das historisch größte Haushaltsdefizit in Friedenszeiten in den USA. Die geopolitischen Verwerfungen schafften nun ein weiteres Eskalationsrisiko aufgrund ihrer Auswirkungen auf Energiepreise, Lebensmittelmärkte und den globalen Handel.

Der CEO von JPMorgan Chase befürchtet, dass in Sachen Zinserhöhung das letzte Wort noch nicht gesprochen sein könnte. Vor wenigen Tagen hatten führende Entscheidungsträger der US-Notenbank Fed ein mögliches Aussetzen weiterer Zinserhöhungen in Aussicht gestellt. Begründet wurde diese Überlegung mit dem jüngsten Anstieg der Renditen von US-Staatsanleihen. Diese könnten den gleichen Effekt einer Inflationsbremse bewirken wie ein weiteres Plus bei den Leitzinsen.

Fed denkt über Pause bezüglich der Zinserhöhungen nach

Am 1. November steht die nächste Zinsentscheidung bei der US-Notenbank an. Dabei will man bewerten, ob der jüngste Anstieg der Kreditkosten eine real verbesserte Wirtschaftslage widerspiegelt. Die andere Möglichkeit, die man sieht, ist, dass die Investoren damit nur eine zusätzliche Vergütung für die Übernahme des Zinsrisikos fordern könnten.

Seit der letzten Fed-Sitzung am 19. und 20. September waren die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen um rund 40 Basispunkte auf 4,8 Prozent gestiegen. Israels neu aufgeflammter Krieg gegen den Terror der Hamas lässt auf den Märkten neue Unsicherheit bezüglich der Entwicklung in der Region aufkommen. Dies fördert die Flucht von Anlegern in sichere Häfen.

Rückgriff auf Bargeldreserven als Alarmsignal

JPMorgen Chase-CEO Dimon sieht in der möglichen Pause für Zinserhöhungen indes keinen Anlass zur Entwarnung. Er sieht zwar „die Verbraucher und Unternehmen in den USA im Allgemeinen weiterhin gesund“. Allerdings begännen die Verbraucher, überschüssige Bargeldreserven aufzubrauchen.

Schwindende Reserven von Verbrauchern gelten als Alarmsignal. Die Verbraucherausgaben tragen zu etwa zwei Dritteln zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA bei. Schöpfen die Konsumenten ihre Ersparnisse aus, könnte die Wirtschaft sich schon bald ähnlich verhalten.

Auch die Federal Reserve Bank of New York hatte am 11. Oktober deutlich gemacht, dass das verfügbare Einkommen der Amerikaner gesunken sei. Deshalb griffen diese vermehrt ihre Ersparnisse an, um den Konsum zu stützen. Der Anteil der überschüssigen Ersparnisse am verfügbaren Jahreseinkommen sei seit Ende der Corona-Pandemie von 14 auf zehn Prozent gesunken. Derzeit entspreche dies etwa 1,9 Billionen US-Dollar.

Die Ausgabenbereitschaft der Verbraucher, so die New Yorker Fed, sei weiterhin vorhanden. Das real verfügbare Einkommen sei jedoch gesunken. Auch die im August veröffentlichten Daten der Regierung zu den persönlichen Konsumausgaben (PCE) zeigen, dass diese sich verlangsamt haben. Im Juli habe der Anstieg bei 0,9 Prozent gelegen – einen Monat später nur noch bei 0,4.

Verbraucher könnten Belastungsgrenze erreicht haben

Die englischsprachige Epoch Times zitiert zudem eine im September durchgeführte Umfrage von CNBC-Morning Consult. Dieser zufolge gaben 92 Prozent der Erwachsenen in den USA an, in den letzten sechs Monaten ihre Ausgaben gekürzt zu haben. Mehr als drei Viertel der Befragten stellten in Aussicht, künftig auf den Erwerb nicht lebensnotwendiger Dinge verzichten zu wollen.

Der frühere Walmart-Chef Bill Simon befürchtet, das Verbrauchervertrauen könnte schon bald aufgrund eines Zusammenspiels mehrerer Faktoren seine Belastungsgrenze erreicht haben. Dazu gehörten politische Polarisierung, Inflation und hohe Zinssätze. Simon betonte gegenüber CNBC:

Diese Art von Anhäufung belastet die Verbraucher und macht sie misstrauisch. Zum ersten Mal seit langer Zeit gibt es für die Verbraucher einen Grund, innezuhalten.“

Angst vor der Inflation hat auch die Unternehmen erreicht

Dazu kommt, dass die Angst vor der Rückkehr der Inflation zurück ist. Fast 50 Prozent der Amerikaner geben an, dass die hohen Preise ihren Lebensstandard schmälern. Das ist ein Rekordwert auf dem Niveau des Allzeithochs vom Juli 2022. Damals hatte die Inflationsrate in den USA nur um Haaresbreite einen zweistelligen Prozentbereich verfehlt.

Zum Jahresende war bereits eine leichte Beruhigung eingetreten. Im Juni 2023 war die Inflation bereits auf eine vielversprechende Marke von 3,1 Prozent gesunken. Allerdings war sie im September wieder zurück auf einem Level von 3,7 Prozent – und einer Umfrage der Universität von Michigan zufolge ist auch die Inflationserwartung für 2024 gestiegen. Von 3,2 Prozent im September kletterten sie im Oktober auf 3,8 Prozent.

Zeitgleich sank das Verbrauchervertrauen nach relativ stabilen Sommermonaten zuletzt um sieben Prozent. Die Einschätzungen bezüglich der persönlichen Finanzen sanken demnach sogar um 15 Prozent – bedingt durch die Inflationserwartung. Auch die Stimmung unter den Unternehmen trübe sich ein.



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