IWF: Weltwirtschaft bleibt globale Rezession erspart – Europa jedoch Nachzügler
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat am Montag (30.01.) in Singapur seinen aktuellen Bericht zum Wirtschaftsausblick auf die kommenden Jahre vorgestellt. Dabei hat Chefökonom Pierre-Olivier Gourinchas leichte Entwarnung gegeben. Zwar werde sich das Wachstum der Weltwirtschaft verlangsamen, das Worst-Case-Szenario einer globalen Rezession sei nach derzeitigem Stand jedoch nicht zu befürchten.
IWF rückt von düsterem Oktober-Bericht ab
Mit dem Bericht rückt der IWF teilweise vom düsteren Ausblick ab, den er noch im Oktober präsentiert hatte. Die Produktion habe sich als widerstandsfähiger erwiesen als zum damaligen Zeitpunkt. Zudem schaffe die abrupte Kehrtwende, die das KP-Regime in China vollzogen hatte, ein Potenzial zur Wiederbelebung der chinesischen Wirtschaft.
Wie die „New York Times“ berichtet, geht der IWF davon aus, dass es noch zu weiteren Zinsschritten vonseiten der Zentralbank kommen werde. Dies werde helfen, die Inflation weiter einzudämmen, allerdings trage dies auch zu einer Verlangsamung des Wachstums bei. Die bisherigen Teilerfolge im Kampf gegen die Teuerung würden immerhin die Stimmung bei den Verbrauchern verbessern. Der Konsum könne dann als unterstützender Faktor des Wachstums Wirksamkeit entfalten.
Von 8,8 Prozent im Vorjahr werde die Inflation im laufenden Jahr auf 6,6 Prozent absinken, 2024 werde sie nur noch 4,3 Prozent betragen. Das wäre immer noch über dem langfristigen Zwei-Prozent-Ziel der Zentralbanken, weshalb es für eine neuerliche Kehrtwende zu früh sei:
Der Kampf gegen die Inflation beginnt sich auszuzahlen, aber die Zentralbanken müssen ihre Bemühungen fortsetzen.“
USA könnten Rezession vermeiden – Arbeitslosenquote werde jedoch steigen
Was die Wachstumsaussichten für die Weltwirtschaft anbelangt, rechnet die Institution mit einem Rückgang von 3,4 Prozent im Vorjahr auf 2,9 Prozent 2023. Im nächsten Jahr soll sich das Wachstum wieder leicht erholen und auf 3,1 Prozent steigen.
Europa bleibe dabei jedoch Nachzügler. Zwar habe sich die Energiekrise, der Staaten wie Deutschland mit schuldenfinanzierten Preisbremsen begegneten, weniger dramatisch ausgewirkt als befürchtet. Allerdings habe sie auch den Effekt der Wiedereröffnung nach Corona ausgebremst, und die zweistellige Inflation belaste das Verbrauchervertrauen. In der Eurozone werde das Wachstum 2023 von 3,5 Prozent auf 0,7 absinken.
Auch in den USA werde sich das Wachstum abschwächen – von zwei Prozent im Vorjahr auf nunmehr 1,4. Die Arbeitslosenquote könnte zwar von 3,5 auf 5,2 Prozent anwachsen, aber die Inflation sei auf dem Rückzug. Gourinchas äußert dazu:
Es gibt einen schmalen Pfad, der es der US-Wirtschaft erlaubt, einer Rezession gänzlich zu entgehen, oder wenn es zu einer Rezession kommt, wird diese relativ flach ausfallen.“
Russland verlagert seinen Handel weg von westlichen Sanktionsländern
Stützen des globalen Wachstums werden demgegenüber China und Indien sein. Beide werden dem IWF zufolge für etwa die Hälfte des globalen Wachstums verantwortlich sein. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass es nicht erneut zu einem Kurswechsel des KP-Regimes in der Pandemiebekämpfung kommt.
Das Aus für Null-COVID sei Voraussetzung dafür, dass sich Produktion und Konsum wieder erholen könnten. Eine Schwachstelle bleibe jedoch Chinas Immobilienmarkt. Dessen Wachstum könnte noch bis 2024 durchwachsen bleiben. Es gebe ein Restrisiko von Zahlungsausfällen bei Bauträgern und Instabilität im Finanzsektor.
Überraschend werde auch Russland ein Faktor sein, der das globale Wachstum stabilisiere. Die Bemühungen der westlichen Länder, die russische Wirtschaft durch Sanktionen zu lähmen, zeigten weniger Erfolge als von der Wertegemeinschaft erhofft. Statt des zuvor erwarteten Rückgangs werde es 2023 ein Plus von 0,3 Prozent bei der Produktion geben. Im nächsten Jahr wachse dieses auf 2,1 Prozent an.
Auch das Vorhaben, Russland durch eine Preisobergrenze für Ölexporte zu schwächen, werde an dieser Situation wenig ändern, heißt es vonseiten des IWF. Die Bemühungen der G7 liefen ins Leere, weil „der russische Handel weiterhin von sanktionierten in nicht sanktionierte Länder umgeleitet wird“.
IWF sieht Entglobalisierung als wachstumshemmendes Kostenrisiko
Unsicherheitsfaktoren blieben dennoch weiterhin der Krieg in der Ukraine und die Corona-Entwicklung in China. Verschärfe sich die Pandemie wieder, eskaliere der Krieg oder wachse die Verschuldung durch höhere Finanzierungskosten, könnte das die Weltwirtschaft beeinträchtigen. Immerhin schaffe die derzeitige Abschwächung des US-Dollars vielen Schwellenländern Erleichterung.
Perspektivisch blieben Fragmentierung und Tendenzen zur Entglobalisierung ein Risiko für die globale Wirtschaftsentwicklung. Diese könnten sich weiter verstärken – in Form zusätzlicher Beschränkungen für grenzüberschreitende Kapitalbewegungen, Arbeitnehmer und internationale Zahlungen. Die Entwicklung könnte die multilaterale Zusammenarbeit bei der Bereitstellung globaler öffentlicher Güter behindern. Der IWF warnt in seinem Bericht:
Die Kosten einer solchen Fragmentierung sind kurzfristig besonders hoch, da es Zeit braucht, um unterbrochene grenzüberschreitende Ströme zu ersetzen.“
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