Europa saugt den LNG-Markt leer
Pakistan hat ein Problem: Es kann nicht genügend Flüssigerdgas (LNG) kaufen, um seine Kraftwerke zu betreiben – wegen Europa. Als die Regierung jüngst eine Ausschreibung über zehn Ladungen à 140.000 Kubikmeter Flüssiggas für rund eine Milliarde Dollar herausgab, gab es laut „Wall Street Journal“ niemanden, der ein Angebot unterbreitete. Für die Menschen und Unternehmen bedeutet das Stromausfall, stundenlang. Zwei Kraftwerke mussten wegen mangelnden Nachschubs außer Betrieb genommen werden.
„Aufgrund des Krieges in der Ukraine wurde jedes einzelne Molekül, das in unserer Region verfügbar war, von Europa gekauft; weil sie versuchen, ihre Abhängigkeit von Russland zu verringern“, erklärt Pakistans Erdölminister Musadik Malik.
Europäische Staaten haben ihre LNG-Importe zwischen dem 1. Januar und 19. Juni um 49 Prozent erhöht. Die Einfuhren Indiens sanken in diesem Zeitraum um 16 Prozent, die von China um 21 Prozent und die von Pakistan um 15 Prozent. Die Daten stammen von Wood Mackenzie (woodmac.com), einer globalen Forschungs- und Beratungsgruppe, die auch im Energiebereich tätig ist.
Deutschland plant den Bau von mehreren LNG-Terminals, die eine Kapazität von 27 Milliarden Kubikmeter Erdgas erreichen sollen. Damit kann die Hälfte der russischen Erdgaslieferungen ersetzt werden. Das verflüssigte Erdgas, was über Schiffe anlandet, wird in den Terminals wieder in den gasförmigen Zustand umgewandelt und in Gaspipelines eingespeist. Deutschland hofft auf größere Mengen aus den USA, aus Katar wird wohl erst 2024 Gas kommen. Der Bau benötigt einige Zeit, einer der Standorte wird Brunsbüttel sein. Zum anderen verhandelt Berlin über schwimmende LNG-Terminals, die angemietet werden sollen.
Selbst mit Vertragsstrafen profitabel
Dass Lieferanten von Flüssigerdgas (liquefied natural gas; LNG) europäische Staaten beliefern, die mehr zahlen und plötzlich mehr Erdgas möchten, sollte nicht verwundern. Selbst Umleitungen von vertraglich abgesicherten Lieferungen sind laut Fachleuten derzeit profitabel. Lieferanten machen trotz der zu zahlenden Vertragsstrafen Gewinn, wenn sie das Gas nach Europa liefern.
Auch in Indien, Brasilien, Thailand und Bangladesch führt der LNG-Aufkauf durch Europa zu massiven Belastungen der Menschen und Ausfällen in der Produktion, beispielsweise der Textilindustrie in Bangladesch. Ganz Südasien sowie einige Staaten Südostasiens, Afrikas und Lateinamerikas sind betroffen. China reduzierte seine Importe. Thailand kündigte in Folge an, die geplante Schließung von Kohlekraftwerken aufzuschieben, staatliche Importeure setzen wieder verstärkt auf Diesel und Erdöl.
„Die europäische Gaskrise saugt der Welt das LNG aus“, so Valery Chow, Leiter der Gas- und LNG-Forschung im asiatisch-pazifischen Raum bei Wood Mackenzie. Derzeit sind die europäischen Gasspeicher etwa zu 60 Prozent gefüllt.
In einer E-Mail von Massimo Di Odoardo, Vizepräsident der Gas- und LNG-Forschung von Woodmac, an das Medienunternehmen Bloomberg heißt es, das eröffne die Option, dass „eine Form der Nachfrage-Rationierung erforderlich sein könnte“.
Freeport LNG
Könnte die USA mehr LNG liefern? Nach einem Brand im Juni in einer Exportanlage für LNG in Texas gelangen aktuell geringere Liefermengen nach Europa. Zwar strebt der Eigentümer der Anlage, Freeport LNG, eine teilweise Wiederaufnahme der Anlage in drei Monaten an, doch vermutlich wird erst zum Jahresende wieder die volle Kapazität erreicht. Diese Anlage sorgte im Mai für rund 2,5 Prozent der europäischen Nachfrage.
LNG-exportierende Länder wie Äquatorialguinea, Ägypten, Kamerun, Papua-Neuguinea, Malaysia, Australien, Norwegen, Oman und Peru steigerten im ersten Halbjahr 2022 ihre Exporte. Dabei ging nicht alles Erdgas nach Europa, stellenweise ersetzen sie umgeleitete Landungen für andere Regionen der Welt.
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