Ein „Warnschuss an China“: EU beschließt Gesetz über kritische Rohstoffe
Rohstoffe sind essenziell für die Fertigung von Produkten und Dienstleistungen – und somit für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes. Gerade bei kritischen Rohstoffen, die die Europäische Union für die sogenannte Energiewende benötigt, taucht ein Land besonders häufig auf der Liste der weltweit größten Erzeuger auf: China.
Um der Dominanz des ostasiatischen Landes entgegenzuwirken, einigten sich das Europaparlament und Mitgliedstaaten am 13. November auf ein Maßnahmenpaket, das „Critical Raw Materials Act“ (Gesetz über kritische Rohstoffe). Dieses soll die entsprechenden Lieferketten diversifizieren, also vielfältiger gestalten und eine zuverlässige und nachhaltige Versorgung mit kritischen Rohstoffen wie Lithium und Silizium sicherstellen.
Konkret geht es um Rohstoffe, die für die wichtigsten Industriezweige der Zukunft unverzichtbar sind. Das betrifft etwa die Herstellung von Produkten wie etwa Windrädern (Kupfer, Kobalt) und Photovoltaikanlagen (Silizium) oder Akkus für Elektroautos (Lithium), aber auch für Technologien für Digitales, Weltraum und Verteidigung sind die Rohstoffe unverzichtbar. Ebenso kommen viele dieser Rohstoffe bei der Fertigung von Halbleitern oder Gütern der Rüstungsindustrie zum Einsatz, wie „German Foreign Policy“ berichtet.
EU will mehr Rohstoffe selbst gewinnen
Das neue Maßnahmenpaket soll bewirken, dass einzelne Drittstaaten künftig nicht mehr als 65 Prozent des EU-weiten Jahresbedarfs an einem besonders wichtigen Rohstoff liefern. Der Richtwert bezieht sich hier auf alle als strategisch eingestuften Rohstoffe auf jeder relevanten Verarbeitungsstufe. Bis 2030 soll das für eine Liste von 17 solcher Rohmaterialien gelten, darunter etwa Lithium, Kobalt und Silizium.
Die EU will dann mindestens zehn Prozent ihres Bedarfs der jeweiligen Rohstoffe in den eigenen Mitgliedsstaaten gewinnen, die Kapazitäten für die Verarbeitung sollen bei mindestens 40 Prozent liegen. Ebenso will das Europaparlament das Recycling fördern: Denn ein Anteil von 25 Prozent der Rohstoffe soll in der EU so wiedergewonnen werden.
Insgesamt gelten der Einigung zufolge 34 Stoffe als kritische Rohstoffe, deren Lieferketten die EU-Kommission künftig strenger überwachen will. Für Unternehmen, die in der EU kritische Rohstoffe verarbeiten oder recyceln, sollen bürokratische Hürden abgebaut werden. Das Europaparlament setzte sich zudem dafür ein, die Forschung an möglichen Ersatzstoffen zu fördern.
Bentele: Ein „Warnschuss an China“
Nicola Beer, FDP-Europaabgeordnete und federführende Sprecherin für das Dossier im Europäischen Parlament, äußerte sich laut einer Pressemitteilung zum Maßnahmenpaket. „Die Neuregelung ist eine industriepolitische Blaupause für eine sichere und nachhaltige Versorgung mit Rohstoffen in Europa“, sagte sie. „Mit gezielten wirtschaftlichen Anreizen schaffen wir Planungssicherheit für private Investoren – etwa durch zentrale Anlaufstellen für Unternehmen sowie schnelle und einfache Genehmigungsverfahren mit klaren Fristen für nationale Behörden. Das wird den Abbau, die Verarbeitung und das Recycling in Europa ankurbeln.“
Beer fügte hinzu, dass die Neuregelung „die Forschung und Innovation entlang der gesamten Wertschöpfungskette“ fördere. Es soll bei strategischen Rohstoffpartnerschaften mit Drittländern künftig „Vorteilen für beide Seiten“ geben und gleichzeitig die „wirtschaftliche und geopolitische Souveränität Europas“ sichern.
Die Berichterstatterin der christdemokratischen EVP-Fraktion, Hildegard Bentele (CDU), nannte die Verordnung wegen der Diversifizierungsziele auch einen „Warnschuss an China“.
Wichtige kritische Rohstoffe für die EU
Bei etlichen Rohstoffen ist die EU fast vollständig von Importen abhängig, oft von der Einfuhr aus China. Das von der Kommunistischen Partei regierte Land fördert zahlreiche wichtige Rohstoffe – nicht selten unter umweltschädlichen und arbeitsaufwendigen Bedingungen. Dabei besitzt es breit gefächerte Monopolstellungen, wie die folgende Tabelle zeigt.
Wichtige kritische Rohstoffe für die EU | |||
Kritischer Rohstoff | Größter Erzeuger | Hauptlieferant für die EU | Anwendungsgebiet |
Antimon | China (74 %) | Türkei (62 %) | Flammschutzmittel |
Baryt | China (38 %) | China (38 %) | Medizinische Anwendungen |
Kobalt | Kongo (59 %) | Kongo (68 %) | Batterien |
Gallium | China (80 %) | Deutschland (35 %) | Halbleiter |
Lithium | Chile (44 %) | Chile (78 %) | Batterien |
Magnesium | China (89 %) | China (93 %) | Leichte Legierungen |
Natürlicher Grafit | China (69 %) | China (47 %) | Batterien |
Phosphor | China (74 %) | Kasachstan (71 %) | Chemische Anwendungen |
Scandium | China (66 %) | Großbritannien (98 %) | Festoxid-Brennstoffzellen |
Strontium | Spanien (31 %) | Spanien (100 %) | Keramikmagnete |
Tantal | Kongo (33 %) | Kongo (36 %) | Kondensatoren |
Titan | China (45 %) | keine Angaben | Leichte hochfeste Legierungen |
Wolfram | China (69 %) | keine Angaben | Legierungen |
Vanadium | China (55 %) | keine Angaben | Hochfeste Niedriglegierungen |
Platin | Südafrika (71 %) | keine Angaben | Katalysatoren |
Schwere Seltene Erden | China (86 %) | China (98 %) | Permanentmagnete |
Leichte Seltene Erden | China (86 %) | China (99 %) | Batterien |
Liste mit einigen wichtigen, kritischen Rohstoffen für die EU von 2020. Daten: Europäische Kommission
Abhängigkeit von China bereitet Sorgen
Die EU-Kommission hatte im März zur Vorstellung ihres Entwurfs für die Verordnung erklärt, kritische Rohstoffe seien für ein breites Spektrum von Technologien unverzichtbar. Zugleich gehe aber die Versorgung mit den Stoffen mit zunehmenden geopolitischen, ökologischen und sozialen Risiken einher.
Als Beispiel nannte die EU-Kommission Seltene Erden, die zum Bau von Dauermagneten für die Motoren von Windkraftanlagen gebraucht werden. Diese wurden den Behördenangaben zufolge bis zuletzt fast zu 100 Prozent in China raffiniert. Als ein weiteres Beispiel für einen kritischen Rohstoff gilt Lithium, das in Batterien für Elektrofahrzeuge und zur Speicherung von Energie verwendet wird. Die Nachfrage nach dem Leichtmetall wird Angaben der EU zufolge bis 2030 vermutlich um das Zwölffache steigen. Zudem ist etwa Silizium äußerst relevant, das für die Produktion von Mikrochips gebraucht wird.
Der Critical Raw Materials Act muss noch durch den Rat der Mitgliedstaaten und das Plenum des Europaparlaments bestätigt werden. Dies gilt allerdings als Formalie.
(Mit Material der Agenturen)
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