Das sind die schlimmsten Preistreiber: Hohe Lebensmittelpreise trotz sinkender Inflation

Eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes zeigt: Zwischen Januar 2020 und Juni 2024 sind die Lebensmittelpreise um durchschnittlich 30 Prozent gestiegen. Besonders stark betroffen sind Grundnahrungsmittel wie Zucker, Mehl und Kartoffeln, deren Preise um bis zu 80 Prozent zugenommen haben. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Die Preise könnten durchaus noch ansteigen.
Lebensmittel in einem Supermarkt auf einem Kassenband: Im März fielen die höheren Preise für Nahrungsmittel erneut besonders ins Gewicht.
In der Zeit 2020 bis Juni 2024 sind Lebensmittelpreise im Schnitt um 30 Prozent gestiegen.Foto: Sven Hoppe/dpa
Von 13. Juli 2024

Eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes hat es in sich: Im Zeitraum von Januar 2020 bis Juni 2024 sind die Preise für Nahrungsmittel im Schnitt um 30 Prozent gestiegen. Die Folge dieses Preisanstiegs: Selbst Gutverdienende blicken seit 2022, als die große Teuerungswelle für Lebensmittel plötzlich massiv einsetzte, oft ungläubig auf ihren Einkaufsbon.

Es sind vorwiegend die Grundnahrungsmittel, die sich extrem verteuert haben. Zucker ist 80 Prozent teurer geworden. Mehl und Kartoffeln kosten rund 50 Prozent mehr als noch Anfang 2020 und Geflügelfleisch ist etwa 40 Prozent teurer. Hinzu kommen die gestiegenen Preise für viele Rohstoffe. Die schlagen sich dann auf andere verarbeitete Produkte nieder. Brot und Brötchen kosteten im Mai rund 35 Prozent mehr als noch vor gut drei Jahren. Und weil Vollmilch fast 30 Prozent teurer geworden ist, stieg der Preis für Käse um knapp 45 Prozent.

Preise für Olivenöl verdoppelt

Einzelne Lebensmittel haben sogar noch mehr Teuerung erfahren. So etwa Olivenöl: Schaut man auf das Jahr 2020 mit einem Indexwert von 100 als Basis, lag der Wert im Juni 2024 bei 201,8. Das heißt, dass der Preis sich in der Zeit mehr als verdoppelt hat. Bei Sonnenblumenöl ist der Indexwert inzwischen auf 163,4 geklettert.

Beachtlich ist auch der Preisanstieg bei Obstkonserven (Indexwert 141,5), Soßen und Würzmitteln (144,7), Kakaopulver (141) oder Frucht- und Gemüsesäften (142,2). 

Die Gründe für die Teuerungen sind unterschiedlich. Angefangen hat alles mit den Maßnahmen zur Corona-Pandemie, als damals durch Lockdowns die Lieferketten abbrachen.  Mit dem Beginn des Krieges in der Ukraine wurde plötzlich das Getreide auf dem Weltmarkt knapp. Bis zu diesem Zeitpunkt galt die Ukraine als die Kornkammer Europas. Die ebenfalls im Kontext des Ukraine-Krieges angestiegenen Energiepreise sorgten für einen weiteren Preisanstieg, da dieser die Kosten für Transport und die Weiterverarbeitung von Lebensmitteln verteuerte. Aber auch die Preise für die Produktion von Dünger und Pestiziden verteuerten sich durch den Anstieg der Energiekosten. Alles wurde schrittweise an den Endverbraucher weitergegeben. 

Wer heute mit einem festen Budget in den Supermarkt geht, kann seinen Einkaufswagen nicht mehr so füllen wie noch vor einigen Jahren. Neben den schon genannten Gründen ist es aber auch die Inflation, die in den vergangenen zwei Jahren zu dem hohen Preisanstieg geführt hat. Diese ist nach Rekordwerten im Herbst 2022, als sie zeitweise bei 10,4 Prozent stand, mittlerweile auf 2,2 Prozent abgeflaut. Damit liegt die Inflation nahe an den zwei Prozent, die die Europäische Zentralbank (EZB) als Zielmarke ausgegeben hat. Erstmals seit fünf Jahren wurde deshalb der Leitzins gesenkt. Bedeutet das für die Verbraucher Hoffnungen auf sinkende Lebensmittelpreise?

Preissenkung nicht absehbar

Ganz so einfach ist es nicht. Eine sinkende Inflation bedeutet nicht gleichzeitig, dass die Preise sinken, sondern eben, dass die Preise langsamer ansteigen. Obwohl die Inflation sinkt, verharrte der Verbraucherpreisindex für Lebensmittel seit über einem Jahr auf einem ähnlichen Niveau. Das Statistische Bundesamt berichtete im Juni von einem Anstieg der Lebensmittelpreise um 1,1 Prozent. Diese sind damit wieder etwas stärker gestiegen als im Mai (0,6 Prozent) und im April (0,5 Prozent). Allerdings ist das deutlich weniger als die allgemeine Inflationsrate. 

Wann die Lebensmittelpreise wieder günstiger werden, lässt sich im Moment nicht seriös vorhersagen. Gegenüber der „Wirtschaftswoche“ (Bezahlschranke) sagte Stefanie Sabet, Geschäftsführerin des Bundesverbands der Ernährungsindustrie (BVE):

Nach dem Höhepunkt der Preisentwicklung im Jahr 2022 sind wir immer noch auf einem sehr hohen Niveau, da lässt sich noch kein langfristiger Trend ableiten.“

In der letzten Jahresbilanz habe man bei den Erzeugerpreisen wie auch bei den Verbraucherpreisen noch deutliche Anstiege gesehen. „Ab Januar dieses Jahres sehen wir erstmalig einen leichten Rückgang bei den Verkaufspreisen der Hersteller, wobei der im Ausland schon früher eingesetzt hat“, so Sabet. 

Die internationale politische Lage und die Situation auf den Arbeitsmärkten beeinflussen ebenfalls die Preisbildung für Lebensmittelpreise. Die auf dem Weltmarkt vorhandene Menge vieler Grundnahrungsmittel ist zudem stark von den Wetterbedingungen während der Erntezeit abhängig.

Ein anschauliches Beispiel hierfür ist Olivenöl: Die falschen Temperaturen zur falschen Zeit führten kürzlich zu einer schlechten Olivenernte. Die Winter waren zu mild, die Blütezeiten zu heiß und es regnete zu wenig. Spanische Wetterstationen registrierten in der vergangenen Erntesaison örtlich Temperaturen von über 35 Grad Celsius im April. In einigen Regionen hatte es über 100 Tage lang nicht geregnet, noch bevor der Sommer begann. Dies führte zu einer Halbierung des Ertrags. EU-weit sank die Produktion in der letzten Saison um etwa 40 Prozent, wodurch Olivenöl heute über 50 Prozent teurer ist als im April 2023.

Auch bei Kartoffeln spielt das Wetter eine entscheidende Rolle: Laut dem Marktanalysten Christoph Hambloch in der „Wirtschaftswoche“ war das Angebot an Frühkartoffeln in diesem Jahr ohnehin knapp. Viele Landwirte hätten aufgrund des starken Regens auf ihren Feldern nicht rechtzeitig ernten können. Das habe zur Verknappung von Frühkartoffeln geführt. Hambloch erwartet jedoch, dass sich die Preise im Juli wieder stabilisieren werden.

Lebensmittel, die günstiger geworden sind

Es gibt aber auch Lebensmittel, die im Juni im Vergleich zum Vormonat günstiger geworden sind. Wie das Onlineportal „News.de“ am Freitag meldete, zählten dazu frisches Gemüse (-0,8 Prozent), Obst (-0,9 Prozent), Trockenobst (-1,8 Prozent) und Obstkonserven (-0,4 Prozent).

BVE-Chefin Sabet erklärt sich das so: „Natürlich sinken die Preise, wenn es bei bestimmten Produkten eine gute Ernte gab oder große Erzeugerländer hohe Mengen auf den Weltmarkt werfen.“ Auch die Entwicklung der Energiepreise könnte zum Beispiel bei den Tiefkühlprodukten für eine gewisse Entspannung gesorgt haben.

Ginge es allerdings nach den deutschen Bauern, dann müssten sich die Verbraucher in Zukunft auf noch höhere Lebensmittelpreise einstellen. Zumindest Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied hatte Ende Juni kurz vor Beginn des Deutschen Bauerntags in Cottbus gegenüber den Zeitungen des „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) für höhere Lebensmittelpreise geworben. „Den Verbraucherinnen und Verbrauchern muss klar sein, dass Lebensmittel aus Deutschland wie etwa Fleisch oder Wurst zu höheren Standards erzeugt werden als anderswo. Diese Lebensmittel müssen dann auch einen höheren Preis haben.“

Rukwied mahnte:

Wir brauchen einen gesellschaftlichen Konsens, dass Lebensmittel aus Deutschland keine Selbstverständlichkeit sind und auch ihren Wert haben müssen. Sonst werden wir zunehmend Lebensmittel aus dem Ausland importieren und die regionale, heimische Landwirtschaft weiter zurückfahren.“



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