Bis zu 90 Prozent weniger Quecksilber in wichtigster Chemikalie der Welt
Schwefelsäure ist die am häufigsten verwendete Chemikalie der Welt. Gleichzeitig enthält die stark ätzende Säure mit der Summenformel H2SO4 eine der giftigsten Substanzen der Welt: Quecksilber.
Diese schicksalhafte Verbindung ist technisch bedingt, stellt die Industrie jedoch vor scheinbar unlösbare Aufgaben, denn Schwefelsäure kommt unter anderem bei der Herstellung von Papier, Arzneimitteln und Kosmetika, Reinigungsmitteln und Düngemitteln zum Einsatz. – Alles Bereiche, in denen Quecksilber unerwünscht, aufgrund des Herstellungsprozesses und der bislang fehlenden Möglichkeit zur Reinigung von Schwefelsäure jedoch unvermeidbar ist.
Forscher der Technischen Universität Chalmers, Schweden, haben jüngst eine Methode vorgestellt, mit der der Quecksilbergehalt in Schwefelsäure um mehr als 90 Prozent gesenkt werden kann, selbst bei niedrigen Werten. Die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlichte das Team um Professor Björn Wickman und Doktorandin Vera Roth in der Juni-Ausgabe der Fachzeitschrift „ACS ES&T Engineering“.
Erstmalige Reinigung von Schwefelsäure
Schwefelsäure wird entweder aus Schwefel aus der Erdölindustrie oder als Nebenprodukt in den Schmelzhütten der Bergbauindustrie hergestellt. Im letzteren Fall kann Quecksilber, das natürlicherweise im Erz enthalten ist, in die Endprodukte gelangen. Auch Recyclingmaterial der Metallhütten kann Quecksilber enthalten.
Gereinigt werden die Stoffströme – sowohl Schwefel aus dem Erdöl als auch die Schmelzen – bevor Schwefelsäure hergestellt wird. Dies ist einerseits ein bewährtes Verfahren, andererseits verbleiben Spuren von Quecksilber in der fertigen Säure. „Bislang gab es [jedoch] keine praktikable Methode, um fertige Schwefelsäure überhaupt zu reinigen“, erklärte Wickman.
Bereits vor fünf Jahren stellte sein Forschungsteam eine Methode zur Entfernung von Quecksilber aus Wasser durch elektrochemische Prozesse vor. Das Verfahren beruht darauf, dass eine Metallelektrode das giftige Metall aufnimmt und eine Legierung bildet. Nun sind die Forscher einen Schritt weiter gegangen und haben gezeigt, wie sich Quecksilber aus konzentrierter Schwefelsäure entfernen lässt.
Zwar ist das Verfahren nach Aussagen der Forscher ein sehr energieeffizientes Verfahren, preiswert ist es dennoch nicht – denn die Elektrode ist mit Platin beschichtet, das zudem bisweilen ausgebessert werden muss. So könne nach der erfolgreichen Bindung von Quecksilber dieses sicher entfernt werden. Zudem lasse sich die Elektrode wiederverwenden, muss jedoch zuvor „kontrolliert regeneriert“ werden.
Das nächste Ziel besteht entsprechend in der Entwicklung einer Art Reaktionsgefäß, durch das Schwefelsäure fließen und gleichzeitig gereinigt werden kann. Bisher fand der Prozess praktisch in einem Eimer statt, zunächst mit 50 Milliliter, später mit 20 Liter Volumen. Die Industrie verwendet hingegen jährlich etwa 265 Millionen Tonnen Schwefelsäure. Nach Angaben von „Statista“ wird das Marktvolumen bis Ende des Jahrzehnts auf über 321 Millionen Tonnen steigen.
Hoffen auf niedrigere Grenzwerte
Je niedriger der Quecksilbergehalt der Schwefelsäure ist, desto wertvoller ist sie. Als akzeptabel gilt ein Quecksilbergehalt unter 0,3 Milligramm pro Kilogramm beziehungsweise 0,3 Gramm pro Tonne. Liegt dieser Wert unter 0,08, gilt Schwefelsäure als hochrein. Mit der neuen Methode haben die Forscher in ihrer Pilotstudie den Quecksilbergehalt auf 0,02 Milligramm pro Kilogramm Schwefelsäure gesenkt.
„Die Grenzwerte, wie viel Quecksilber Schwefelsäure enthalten darf, basieren auf dem heutigen Stand der Technik. Mit der neuen Methode zur Reinigung von Schwefelsäure hoffen wir, dass die Rechtsvorschriften für die Grenzwerte weltweit verschärft werden, da die Quecksilberwerte im Allgemeinen viel höher sind“, so Wickman. Weiter sagte er:
„Mit einer solch radikalen Senkung des Quecksilbergehalts unterschreiten wir die geltenden Grenzwerte deutlich“. Solch reine, hochwertige Schwefelsäure sei in der Industrie sehr gefragt und ein wichtiger Schritt zur Verringerung der Umweltbelastung.
„Durch die Reinigung der Schwefelsäure werden zusätzliche Quecksilberemissionen vermieden, während die Industrie kosteneffizienter arbeiten und ein hochreines, ungiftiges Produkt herstellen kann. Der nächste Schritt wird darin bestehen, das Verfahren zu einem Pilotprozess auszubauen, der näher an realen Mengen liegt“, ergänzte Roth.
Quecksilber beeinträchtigt alles Leben auf der Erde
Einem Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) zufolge wurden im Jahr 2015 etwa 2.200 Tonnen Quecksilber durch menschliche Aktivitäten wie Zementherstellung, Goldbergbau in kleinem Maßstab, Kohleverbrennung, Metallproduktion und andere verarbeitende Industrien in die Luft abgegeben. Überdies gelangten im selben Jahr schätzungsweise 1.800 Tonnen Quecksilber in den Boden und ins Wasser – Tendenz steigend.
Da Quecksilber flüchtig ist, kann es sich sowohl über große Gebiete verbreiten als auch durch Regen und Flüsse in Seen und Meere gespült werden. Es reichert sich im Boden, im Wasser und in lebenden Organismen an und wirkt sich auf die gesamte Nahrungskette aus. In Menschen und Tieren kann es vor allem das Gehirn und das zentrale Nervensystem schädigen, weshalb Babys und Kinder als besonders gefährdet gelten.
Obwohl nur ein Bruchteil der Umweltbelastung aus der Herstellung und Verwendung von Schwefelsäure stammen, ist laut Wickmann „jede Möglichkeit, die Menge zu reduzieren, gut.“ Bei „akzeptabler Qualität“ enthält die Jahresproduktion an Schwefelsäure nur etwa 80 Tonnen des Schwermetalls.
(Mit Material der Chalmers University)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion