Begann die VW-Krise in China? Erste Werksschließung beschlossen

Wie kam es überhaupt zur VW-Krise? Jetzt stellt sich heraus, dass der Absatz im China-Geschäft deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibt. Dem Unternehmen fehlen dadurch Dutzende Milliarden – und schließt bereits das erste Werk in Fernost.
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Die erste Werksschließung von VW im chinesischen Werk in Nanjing steht bereits fest.Foto: Jenson/iStock
Von 9. Dezember 2024

Werksschließungen, Lohnkürzungen und betriebsbedingte Kündigungen. Diese Maßnahmen stehen momentan bei Volkswagen zur Debatte. Der weltweit größte Automobilkonzern hat mit einer Vielzahl von Problemen zu kämpfen.

„Die aktuelle Situation ist ernst“, sagte kürzlich VW-Chef Oliver Blume. Neben steigendem Wettbewerbsdruck sinkt zugleich die Nachfrage. Ebenso sind aus Sicht des Konzerns die Arbeitskosten am Standort Deutschland „inzwischen zu hoch geworden“.

China-Markt als heimliche Ursache?

Unlängst sind Standortschließungen auch auf dem einst so aussichtsreichen Markt in China ein Thema. Bei genauerem Blick erscheint es so, als ob die Schwierigkeiten in Fernost ein Hauptfaktor für die prekäre Gesamtlage des Konzerns – und die Krisenstimmung bei VW in Deutschland – sein könnte.

Im Jahr 2022 verkündete Stephan Wöllenstein, früherer Leiter des China-Geschäfts von Volkswagen, dass die chinesischen VW-Werke rund 5 Millionen Fahrzeuge pro Jahr produzieren könnten. Bis 2030 sollten es sogar 6 Millionen Autos sein.

Von diesen Vorgaben ist VW momentan allerdings deutlich entfernt. Nach Informationen der „WirtschaftsWoche“ (WiWo) erwartet der Konzern für das Jahr 2024 einen China-Absatz von nur etwas mehr als 2,5 Millionen Autos. Dieser Wert ist selbst vom angestrebten Ziel des aktuellen VW-China-Chefs, Ralf Brandstätter, weit entfernt. Er erhoffte sich 4 Millionen Fahrzeuge jährlich. Diese Vorgabe erschien als realistisch, wenn man bedenkt, dass VW in den Jahren 2018 und 2019 jeweils mehr als 4 Millionen Fahrzeuge verkaufen konnte.

Aufgrund des deutlich geringeren Absatzes sieht sich VW gezwungen, auch in China einige seiner dortigen 26 Produktionsstandorte aufzugeben. Diese will der Konzern entweder verkaufen oder schließen.

Als Erstes trifft es das Werk in Nanjing, der Hauptstadt der ostchinesischen Provinz Jiangsu. Statt einer Schließung strebt der Autohersteller den Verkauf an. Das sei die „wirtschaftlichere Alternative“.

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Der Absatz in China läuft bei weitem nicht, wie geplant. VW-Fahrzeuge werden oftmals zu Ladenhütern. Foto: Mr. Socrates/iStock

Verlust in Milliardenhöhe

Wenn VW statt wie erwartet 4 Millionen nur 2,5 Millionen Autos verkauft, fehlen 1,5 Millionen Fahrzeuge in der Bilanz. Bei einem durchschnittlichen Verkaufspreis von 25.000 Euro pro Auto bedeutet das für den Konzern satte 37,5 Milliarden Euro weniger Umsatz. Mit der ursprünglichen Absatzerwartung von 5 Millionen Autos pro Jahr würde der Verlust sogar 62,5 Milliarden Euro betragen, so die WiWo.

Hätte der Konzern diese zusätzlichen Milliarden in China erwirtschaften können, wäre in Deutschland wohl kaum die Rede von Werksschließungen und der Streichung von tausenden Stellen. Dann gebe es wohl auch nicht die aktuellen Streiks der Mitarbeiter, schlussfolgert die WiWo.

Die Milliardenverluste spiegeln sich derweil auch in der Betriebsmarge bei VW. Diese war mit 3,6 Prozent im dritten Quartal dieses Jahres so niedrig wie seit der Corona-Pandemie nicht mehr. Im Jahr 2020 musste der Konzern die Produktion teils komplett stilllegen und Mitarbeiter nach Hause schicken.

Von Juli bis September 2024 lag der Betriebsgewinn bei 2,86 Milliarden Euro, der Umsatz bei 78,5 Milliarden Euro. Diese Zahlen sind rückläufig im Vergleich zu denen im Vorjahr.

Scholz rät VW: Werksschließungen vermeiden

Angesichts der von VW angekündigten Maßnahmen appellierte Bundeskanzler Olaf Scholz an den Wolfsburger Konzern, auf Werkschließungen zu verzichten. „Die Schließung von Standorten wäre nicht der richtige Weg“, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagausgaben).

„Gerade weil Fehlentscheidungen des Managements zu der schwierigen Situation beigetragen haben, wäre das nicht in Ordnung.“ Zwar seien es die Eigentümer, die gemeinsam mit den Sozialpartnern die konkreten Entscheidungen verhandelten, fügte Scholz hinzu.

Es sei aber „immer richtig, die Unternehmen an ihre Verantwortung zu erinnern“. Der Kanzler bekräftigte: „Ich bin dagegen, dass Beschäftigte entlassen werden sollen, nur um Geld zu sparen. Grundsätzlich bleibt es richtig, den Umbruch entschieden anzugehen und auf die Elektromobilität zu setzen.“ Wichtig sei jetzt, die Rahmenbedingungen für die Transformation zu verbessern.

Scholz nahm die EU-Kommission in die Pflicht. „Ich halte überhaupt nichts davon, wenn die EU jetzt Herstellern mit milliardenschweren Strafzahlungen droht, falls sie die CO₂-Ziele im nächsten Jahr nicht ganz erreichen“, sagte er. „Denn alle haben sich längst auf den Weg gemacht, nur der Markt wächst nicht so schnell wie erhofft. Statt Strafzahlungen sollten die Hersteller das Geld besser in die weitere Entwicklung der E-Mobilität investieren können.“

Ebenfalls appellierte der Kanzler an die EU, keine Strafzölle auf Elektroautos aus China zu verhängen. Das würde sich auch negativ auf Exporte unserer hiesigen Hersteller auswirken, warnte er. „Ich erwarte, dass es eine gütliche Einigung zwischen der EU-Kommission und China gibt, die beiden Seiten gerecht wird.“

(Mit Material von dts)



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