Studie: Internetsucht bei Jugendlichen kann Verhalten und Entwicklung negativ beeinflussen
Internetsucht bei Jugendlichen kann neuronale Netzwerke im Gehirn beeinträchtigen und zu Veränderungen in Verhalten und Entwicklung führen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des University College London (UCL).
Die Forscher untersuchten dafür Daten aus zwölf Studien aus China, Korea und Indonesien. Diese umfassten mehr als 200 junge Menschen im Alter zwischen 10 und 19 Jahren mit einer diagnostizierten Onlinesucht.
Die Studie definiert eine Onlinesucht als Unfähigkeit, dem Drang zur Nutzung des Internets zu widerstehen. Sie beeinflusst negativ das psychische Wohlbefinden der Betroffenen sowie ihr soziales, schulisches und berufliches Leben.
„In schweren Fällen kann es zu starken körperlichen Schmerzen oder gesundheitlichen Problemen wie dem Karpaltunnelsyndrom, trockenen Augen, unregelmäßigem Essen und gestörtem Schlaf kommen“, heißt es in der Studie. Beim Karpaltunnelsyndrom wird der Nervus medianus eingeklemmt. Das ist ein Nerv, der am Handgelenk verläuft. Taubheitsgefühle, Kribbeln und Schmerzen in Daumen, Zeige- und Mittelfinger sind die Folge.
Verhaltensänderungen bei Internetsüchtigen
Laut den UCL-Forschern weisen Jugendliche mit einer Internetsucht Verhaltensänderungen auf. Diese umfassen körperliche Koordination, intellektuelle Fähigkeiten und geistige Gesundheit.
Darüber hinaus untersuchten die Forscher, wie sich die Internetsucht auf die neuronalen Netzwerke im Gehirn von Jugendlichen auswirkt. Dafür analysieren sie die Gehirnaktivität der Teilnehmer mit Onlinesucht im Ruhezustand und beim Ausführen einer Aufgabe.
Bei aktiver Denkaktivität interagierten die einzelnen Gehirnregionen bei diesen Jugendlichen allgemein weniger. Im Ruhezustand beobachteten die Forscher eine Mischung aus erhöhter und verringerter Aktivität in Teilen des Gehirns der Probanden.
Den Forschern zufolge steigt der Einfluss von Technologie und Medien auf das Leben und die Erziehung von Kindern und Jugendlichen kontinuierlich. Deswegen werde künftig die psychische Gesundheit dieser Bevölkerungsgruppen immer mehr von Internetsucht und internetbezogenen Verhaltensänderungen geprägt, schreiben die Autoren der Studie in der Fachzeitschrift „PLOS Mental Health“.
Umgang mit Internetsucht
Den Forschern zufolge können Eltern, die die frühen Anzeichen und den Beginn der Internetsucht erkennen, besser mit der Bildschirmzeit und der Impulsivität ihrer Kinder umgehen. Dies kann dazu beitragen, die Risikofaktoren für die Sucht zu minimieren.
„Die Adoleszenz ist eine entscheidende Entwicklungsphase, in der sich Menschen in ihrer Biologie, geistigen Wahrnehmung und Persönlichkeit stark verändern. Daher ist das Gehirn in dieser Zeit besonders anfällig für die mit der Internetsucht zusammenhängenden Triebe, wie zwanghafte Internetnutzung, Verlangen nach dem Gebrauch der Maus oder der Tastatur und dem Konsum von Medien“, meinte der Erstautor Max Chang in einer Pressemitteilung.
Ferner könnte dies dazu führen, dass Heranwachsende unter negativen Verhaltens- und Entwicklungsveränderungen leiden, so Chang weiter. „Zum Beispiel können sie Schwierigkeiten haben, Beziehungen und soziale Aktivitäten aufrechtzuerhalten, sie könnten über Online-Aktivitäten lügen, unregelmäßig essen und schlecht schlafen“, sagte er.
Die Hauptautorin Irene Lee räumte zwar die Vorteile des Internets ein, warnte aber vor den möglichen negativen Auswirkungen auf das tägliche Leben der Menschen.
„Wir raten jungen Menschen, sich vernünftige Zeitlimits für ihre tägliche Internetnutzung aufzuerlegen. Auch sollten sie sicherstellen, dass sie sich der psychologischen und sozialen Auswirkungen von zu viel Zeit im Internet bewusst sind“, so Lee in der gleichen Pressemitteilung.
Vom Dopaminschub zur Sucht
Der privaten britischen Suchtkrankenhilfe UK Addiction Treatment Centres (UKAT) zufolge besteht bei jungen Menschen tendenziell ein höheres Risiko für eine Internetsucht. So kontrollieren 78 Prozent der 18- bis 24-Jährigen ihr Handy beim Essen, 81 Prozent bei der Arbeit und 92 Prozent im Bett.
„Zwanghafte Internetnutzung verändert die Funktionsweise des Gehirns. Dadurch hat der Nutzer das Gefühl, dass im Internet zu surfen weitaus angenehmer sei als jede andere Aktivität. Dieses Vergnügen bei der Internetnutzung ist eine direkte Folge der Belohnung“, so die UKAT.
Jedes Mal, wenn sie eine Nachricht erhalten oder den Ton einer neuen Benachrichtigung hören, würden die Nutzer einen Dopaminschub bekommen. Dies bringt die Lustzentren des Nutzers auf Hochtouren und ist „schwer abzuschalten“, erklärte die Suchtkrankenhilfe.
Ein weitverbreitetes Problem
In Deutschland leiden Schätzungen zufolge etwa 560.000 bis 1,5 Millionen Menschen unter einer Internetsucht. Das sind ein bis drei Prozent der Bevölkerung, heißt es auf Therapie.de, einem Psychotherapieportal des Vereins Pro Psychotherapie e.V..
Unter Personen zwischen 14 und 24 Jahren liegt der Anteil der Onlinesüchtigen bei 2,4 Prozent. 13 Prozent der jungen Menschen nutzen mindestens vier Stunden am Tag zwanghaft das Internet, so der Verein weiter.
Ferner waren laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2020 die beliebtesten Internetplattformen in Deutschland unter Jugendlichen von 12 bis 19 Jahren
- die Videoplattform YouTube (57 Prozent),
- die Bilder- und Video-App Instagram (35 Prozent),
- der Messenger-Dienst WhatsApp (31 Prozent).
Wie die Autoren der UCL-Studie meinen, seien weitere Studien notwendig, um besser zu verstehen, wie sich die Internetsucht auf das Zusammenspiel der einzelnen Gehirnregionen bei Jugendlichen auswirkt. Sie riefen dazu auf, künftige Studien mit größeren Stichproben und Populationen außerhalb Ostasiens durchzuführen.
Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.
Zuerst erschienen auf theepochtimes.com unter dem Titel „Internet Addiction in Adolescents Can Negatively Affect Brain Function: Study“. (redaktionelle Bearbeitung as)
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