Studie: Autistische Kinder haben deutlich verändertes Darmmikrobiom

Laut Forschern unterscheidet sich die Darmflora von Menschen mit Autismus eindeutig von jener von Personen ohne Autismus. Folglich könne ihnen zufolge das Darmmikrobiom als ein nicht-invasives Diagnoseinstrument dienen, vor allem bei Kindern.
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Menschen mit Autismus sind häufig geräuschempfindlich. Kinder sind besonders betroffen.Foto: Antonio_Diaz/iStock
Von 13. August 2024

Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASD) haben veränderte mikrobielle Populationen in ihrem Verdauungstrakt. Laut einer aktuellen Studie aus Hongkong ermögliche dieses Wissen, neue Wege zu entwickeln, um die Störung zu diagnostizieren und zu therapieren.

Die von Experten aus demselben Fachgebiet begutachtete Studie erschien Anfang Juli in der Fachzeitschrift „Nature Microbiology“. Die Forscher untersuchten dabei den Zusammenhang zwischen Autismus und dem Darmmikrobiom – den Mikroorganismen im menschlichen Verdauungstrakt.

Sie entnahmen Stuhlproben von 1.627 Kindern aus Hongkong, von denen einige an Autismus litten und andere nicht. Die Kinder waren zwischen einem und 13 Jahren alt; fast 25 Prozent von ihnen waren weiblich.

Laut den Studienautoren waren bei autistischen Kindern „14 Archaeen, 51 Bakterien, 7 Pilze, 18 Viren, 27 mikrobielle Gene und 12 Stoffwechselwege [definierte Abfolge biochemischer Reaktionen im Körper] verändert“.

Die Rollte der Darm-Hirn-Achse bei Autismus

Diese Studie liefere „überzeugende Beweise für die Rolle des Darmmikrobioms bei ASD und unterstreicht das Potenzial für innovative diagnostische und therapeutische Ansätze“, schrieb Qi Su in einer E-Mail an Epoch Times. Er ist einer der Studienautoren und Assistenzprofessor am Fachbereich Medizin und Therapeutika an der Chinesischen Universität Hongkong. 

Den Forschern nach könnte das Darmmikrobiom ein nicht-invasives Diagnoseinstrument für Autismus werden. In diesem Zusammenhang wies Qi darauf hin, dass Autismus in der Regel in der frühen Kindheit diagnostiziert werde. Dies mache eine Analyse des Darmmikrobioms in dieser Altersgruppe „besonders relevant“, so der Professor.

Ihm zufolge weisen Kinder mit Autismus häufig Magen-Darm-Probleme auf. Neue Forschungen würden zudem darauf hindeuten, dass Probleme mit der Darmgesundheit mit Veränderungen im mikrobiellen Ökosystem zusammenhängen könnten, sagte er.

Wenn man diese Zusammenhänge verstehe, könne dies bei der Entwicklung frühzeitiger Diagnoseinstrumente und gezielter Therapien helfen, so der Studienautor.

„Spezifische mikrobielle Ungleichgewichte, die als Dysbiose bekannt sind, wurden durchweg bei Personen mit ASD beobachtet. Diese Ungleichgewichte können die Produktion von Stoffwechselprodukten beeinträchtigen, die die Gehirnfunktion und das Verhalten beeinflussen, was die entscheidende Rolle der Darm-Hirn-Achse bei ASD verdeutlicht“, fügte er hinzu.

Interessenskonflikte bei den Forschern

Die Forscher waren mit in Hongkong ansässigen Institutionen verbunden. Einige der Studienautoren erklärten jedoch auch Interessenskonflikte.

Einer war Vorstandsmitglied des Medizinischen Zentrums an der Chinesischen Universität Hongkong und Aktionär von GenieBiome. Das ist eine Firma, die sich darauf spezialisiert hat, Diagnosemöglichkeiten aufgrund der Darmflora zu entwickeln. Ein anderer Forscher war als Mitglied des Beirats bei den Pharmaunternehmen Pfizer und Janssen tätig.

Einige Autoren gelten als Erfinder von Anwendungen, die das Mikrobiom für diagnostische und therapeutische Zwecke nutzen. Dabei halten die Chinesische Universität Hongkong und das Unternehmen Microbiota I-Center (MagIC) die Patente für diese Erfindungen.

Probleme mit dem Darmmikrobiom und Autismus

Mehrere andere Studien stellten jedoch ebenfalls einen Zusammenhang zwischen dem Darmmikrobiom und Autismus bei Kindern fest. So ergab eine Langzeitstudie vom April 2024, dass eine Störung der Darmflora in den ersten Lebensjahren mit Autismus in Verbindung stehen könnte. Dafür beobachteten die Forscher über 16.000 Personen von ihrer Geburt bis zu ihrem 20. Lebensjahr.

Dabei entdeckten die Studienautoren, dass bestimmte Darmbakterien wie Citrobacter bei Kindern, bei denen später neurologische Entwicklungsstörungen diagnostiziert wurden, häufiger vorkommen. Hingegen fehlten bei Kindern mit einem erhöhten Autismusrisiko Darmbakterien, die normalerweise im Überfluss vorhanden sind, wie Coprococcus und Akkermansia.

„Coprococcus und Akkermansia muciniphila haben potenziell schützende Wirkungen. Diese Bakterien stehen mit wichtigen Substanzen im Stuhl in Verbindung, wie Vitamin B und Vorstufen von Neurotransmittern. Diese spielen eine wichtige Rolle bei der Orchestrierung der Signalübertragung im Gehirn“, sagte die Erstautorin der Studie, Angelica Ahrens, in einer Erklärung.

Insgesamt hätten Kindern, die später eine entwicklungsneurologische Diagnose erhielten, zu wenige dieser Bakterien aufgewiesen, schrieb sie weiter.

Auch Forscher von der Arizona State University stellten im Jahr 2022 eine Verbindung zwischen der Darmflora und Autismus her. Demnach kann der Mikrobiota-Transfer die Darmgesundheit von Kindern mit Autismus langfristig verbessern. Bei dieser Therapie erhalten autistische Kinder gesunde Darmbakterien von gesunden Spendern.

Laut Khemlal Nirmalkar, Hauptautor der Studie, zeigte die Studie, dass bei autistischen Kindern nach der Therapie Verbesserungen auftraten.

„Unser langfristiges Ziel ist es, die funktionelle Rolle des Darmmikrobioms zu verstehen, die Wissenslücke über die Darm-Hirn-Achse bei Autismus zu schließen und therapeutische Ziele zu bestimmen, um die Gesundheit des Magen-Darm-Trakts und das Verhalten von Kindern mit Autismus zu verbessern“, sagte er.

Aluminium und Autismus

Es liegen keine genauen Zahlen vor, wie viele Kinder in Deutschland unter Autismus leiden. Allerdings lag nach Daten der Handelskrankenkasse die Quote der Betroffenen zwischen null und 24 Jahren im Jahr 2022 bei 0,78 Prozent. Jungen sind dabei mehr als doppelt so häufig betroffen wie Mädchen.

Was genau die Ursache von Autismus ist, ist noch nicht ausreichend erforscht. Die Erklärungen reichen von der Genetik bis hin zu umweltbedingten Risikofaktoren wie einem höheren Alter der Eltern.

Einige Studien kamen zu dem Ergebnis, dass die Exposition von Säuglingen gegenüber bestimmten Materialien wie Aluminium eine Ursache für die Störung sein kann. Aluminium ist häufig in Lebensmitteln zu finden sowie in Lebensmittelbehältern und verschiedenen Produkten zur äußeren Anwendung, wie beispielsweise Deos, Sonnencreme, Kosmetik, Hygiene- und Haarprodukten. Auch kommt Aluminium in Medikamenten wie Antazida (Arzneimittel zur Neutralisierung von Magensäure) und in Impfstoffen zum Einsatz.

Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.

Zuerst erschienen auf theepochtimes.com unter dem Titel „Autistic Children Have Unique Gut Microbes: Study“. (redaktionelle Bearbeitung as)



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