Was dich nicht umbringt, macht dich stärker

Krank zu werden, ist für manche zweifellos gefährlich. Aber was ist, wenn Infektionen in Wirklichkeit Mittel zur Heilung sind?
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Homöopathen gehen davon aus, dass Erkältungen Entgiftungsreaktionen des Körpers sind. Symbold.Foto: istock
Von 5. März 2022

Bakterien. Viren. Pilze. Würmer. Worte, die vielen Menschen einen Schauer über den Rücken jagen. Wenn wir an einen dieser Organismen denken, stellen wir uns nässende Wunden, überquellende Krankenhäuser und einen schmerzhaften Tod vor. Krank zu werden, ist für manche zweifellos gefährlich. Aber was ist, wenn diese Bösewichte der Infektion in Wirklichkeit Mittel zur Heilung sind?

Bringen beispielsweise Viruserkrankungen auch Vorteile mit sich? Dies scheint bei einem britischen Mann der Fall zu sein, der unter geschwollenen Lymphknoten und unerklärlichem Gewichtsverlust litt. Bei ihm wurde ein Hodgkin-Lymphom diagnostiziert – eine Krebsart, die am häufigsten bei Menschen zwischen 20 und 40 Jahren sowie bei Menschen über 55 Jahren auftritt. Dann begann der 61-Jährige zu keuchen und Schwierigkeiten beim Atmen zu haben. Er wurde positiv auf COVID-19 getestet. Sein Fall war so schwerwiegend, dass er in ein Krankenhaus eingeliefert wurde.

Das Lymphsystem ist der Teil des Immunsystems, das mithilfe der weißen Blutkörperchen Infektionen bekämpft. Die weißen Blutkörperchen sind also so etwas wie Soldaten, die stets wachsam und kampfbereit sind. Sie strömen durch den Blutkreislauf, um Viren, invasive Bakterien und alles andere Fremde zu bekämpfen, das die Gesundheit bedrohen könnte. Weiße Blutkörperchen werden im Knochenmark gebildet und im Blut- und Lymphgewebe gespeichert.

Wenn Krebs im Blut vorhanden ist – einschließlich Leukämie und Lymphom – entwickelt sich dieser in den Zellen des Lymphsystems. Beim Lymphom handelt es sich um ein unkontrolliertes Wachstum abnormaler weißer Blutkörperchen.

Diagnose: „Anti-Tumor“-Wirkung

Nach elf Tagen im Krankenhaus konnte der 61-jährige Brite wieder nach Hause gehen. Bei einer Nachuntersuchung auf Lymphome stellten Ärzte etwas Erstaunliches fest. Der Mann hatte sich nicht nur vollständig von SARS-CoV-2 erholt, sondern es war auch ein weitgehender und unerwarteter Rückgang des Krebses in seinen Lymphknoten zu verzeichnen.

Ohne jegliche Krebsbehandlung war die Krankheit fast verschwunden. Die medizinischen Scans erzählen eine anschauliche Geschichte: Bevor er an COVID-19 erkrankte, leuchteten die vom Krebs befallenen Bereiche „wie eine Geburtstagstorte“. Nach der schweren Infektion verschwanden viele dieser Bereiche vollständig. Andere waren wiederum erheblich kleiner.

Seine Ärzte schrieben einen Artikel zu diesem Fall und veröffentlichten diesen in der Fachzeitschrift „Images in Haematology“. Darin argumentieren die Mediziner, dass die schwere COVID-19-Infektion eine „Anti-Tumor“-Wirkung gehabt haben könnte.

„Es gibt viele dokumentierte Fälle von Menschen mit Krebs, die dann eine virale oder bakterielle Infektion bekommen haben und deren Krebs daraufhin verschwand“, sagt Laura Orlando, Professorin an der Boston University’s School of Public Health. „Die Vermutung ist, dass das Immunsystem auf eine Weise in Schwung gebracht wird, die den Krebs bekämpft“, so Orlando.

Vorteile einer Virusinfektion

Auf den ersten Blick scheint es fast unmöglich, dass eine COVID-19-Infektion irgendwelche Vorteile hat. Schon lange versetzt der Gedanke an eine COVID-19-Infektion die Menschen in Angst. Besonders erschreckend ist für viele die Vorstellung, an „Long-COVID“ zu erkranken. Laut Anthony Komaroff, Herausgeber des „Harvard Health Letter“, könnten bereits zehntausende an Long-COVID leiden. Laut einer Studie in der Fachzeitschrift „Nature“ bestehe dadurch zudem ein erhöhtes Risiko zu sterben oder andere schwerwiegende gesundheitliche Folgen davon zu tragen. Wie ist es also möglich, dass eine COVID-19-Infektion den unerwarteten Vorteil hat, Krebszellen beseitigen zu können?

Aus der Fachliteratur geht hervor, dass das Kranksein unzählige unerwartete Vorteile mit sich bringen kann. So ist zum Beispiel seit 1966 bekannt, dass Frauen, die in ihrer Kindheit an Mumps erkrankten, ein deutlich geringeres Risiko für Gebärmutterkrebs haben. Dies bestätigen inzwischen mindestens acht Studien. Doch warum ist das so? Eine Theorie besagt, dass ein akutes Entzündungsereignis wie Mumps dazu führen könnte, dass der Körper Antikörper bildet. Diese können später auch Krebszellen erkennen und beseitigen.

Laut einer 2015 veröffentlichten Studie verringere zudem eine Masern- oder Mumpsinfektion in der Kindheit das Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben. So fanden Forscher der Universität Osaka durch Befragung von über 100.000 Menschen im Alter von 40 bis 79 Jahren heraus, dass sowohl Masern- als auch Mumpserkrankungen mit einem geringeren Risiko für den Tod durch eine Herzerkrankung verbunden ist. Interessanterweise hatten Menschen, die beide Krankheiten in der Kindheit hatten, das geringste Risiko.

„Homöopathen plädieren seit langem dafür, Kinderkrankheiten walten zu lassen, weil sie positive Auswirkungen haben können“, sagt Annette Fang, Chemikerin und Mutter von drei Kindern. „Letztlich sind diese Krankheiten – sogar die Erkältung – Entgiftungsreaktionen“, so Fang. „In der Homöopathie nennen wir eine Erkältung ‚die Ausleitung des Gehirns‘. Sie ist gut für das Gehirn und das gesamte System.“

Vorteile des Fiebers

Ein häufiges Symptom von Krankheiten wie Mumps, Masern und SARS-CoV-2 ist Fieber. Die meisten Menschen haben normalerweise eine Körpertemperatur zwischen 36,5 und 37,4 Grad Celsius. Alles über 38 Grad Celsius gilt als Fieber. Die Reaktion auf das Fieber ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Bei niedrigem Fieber fühlt man sich vielleicht nicht sehr krank, aber höheres Fieber geht oft mit Schmerzen im ganzen Körper einher. Wenn man selbst oder ein geliebter Mensch Fieber hat, kann man sich nur schwer vorstellen, dass das etwas Gutes sein kann. Aber nicht nur Menschen haben hohes Fieber, wenn sie krank sind. Auch Fische, Reptilien und andere Säugetiere, darunter Kaninchen und Hunde, bekommen Fieber.

Studien sowohl an Tieren als auch an Menschen haben ergeben, dass Fieber ebenfalls positive Auswirkungen hat. In einer Studie von 2019 stellte ein chinesisches Forscherteam fest, dass Fieber die Wirksamkeit des Immunsystems erhöht. So scheint es zwei bestimmte Moleküle zu fördern: Integrin α-4 (oder CD49d) und das Hitzeschock-Protein Hsp90. Diese helfen den weißen Blutkörperchen, aus den Blutgefäßen in die Lymphknoten zu gelangen. Dort können sie sich mit anderen Immunzellen zusammenschließen, um Infektionen zu bekämpfen.

Außerdem haben Wissenschaftler herausgefunden, dass Infektionen schlimmer werden können, wenn das Fieber gesenkt wird. So sterben Kinder mit einer Blutvergiftung laut einer Studie eher, wenn ihre Temperatur niedriger ist. Zudem zeige sich, dass die Senkung des Fiebers durch Medikamente die Symptome von Grippe, Erkältung und Windpocken verlängere, so Paul Offit, medizinischer Professor für Kinderheilkunde.

Fieber hilft nicht nur den Kranken, sondern ist vielleicht auch ein Mittel der Natur, um andere Lebewesen zu schützen. Weil wir uns so unwohl fühlen, wollen wir am liebsten im Bett liegen, uns ausruhen und schlafen. Diese selbst auferlegte Isolation durch das Fieber hilft also nicht nur bei der Heilung, sondern hält uns auch von anderen Menschen fern, sodass wir sie nicht anstecken.

Die Vorteile einer Wurmerkrankung

Vor über 50 Jahren entdeckte der Militärarzt Peter John Preston etwas Verblüffendes. Er berichtete, dass dutzende Offiziere nicht mehr an saisonalen Allergien litten, nachdem sie sich mit menschlichen Spulwürmern infiziert hatten. Ein anderer Wissenschaftler, John Turton, verabreichte sich selbst absichtlich Hakenwürmer – auch diese schienen seine Allergien zu heilen.

Der Immunologe Dr. William Parker untersucht seit über zehn Jahren die Verwendung von Würmern zur Behandlung von Autoimmunkrankheiten (sogenannte Helminthen-Therapie). Er erklärt, dass diese Therapie für viele Menschen wenig attraktiv ist, da Würmer und andere Parasiten im menschlichen Körper mit negativen Erinnerungen verbunden sind. Dabei leben viele nützliche Mikroben auf und in uns, beispielsweise winzige Milben oder Pilze aller Art. All diese Lebewesen bilden unseren inneren Zoo, den Forscher als Mikrobiom bezeichnen. Viele von ihnen sind nützlich und bilden eine Schlüsselrolle für die menschliche Gesundheit.

So zeigten laut Parker dutzende Studien, dass bestimmte Würmer die Symptome von Multipler Sklerose, entzündlichen Darmerkrankungen und anderen Autoimmun-, Allergie- und Verdauungserkrankungen lindern können. Seine eigene Forschung zeigte auch, dass Helminthen bei Angstzuständen, Migräne und neuropsychiatrischen Störungen helfen können. Ein Problem ist jedoch die Dosierung der Würmer, die von Patient zu Patient stark variieren kann. Deshalb ist diese Forschung nach wie vor umstritten.

Neben der Dosierung spielt auch die Art und Weise, wie die Würmer gezüchtet werden, eine große Rolle. Dies ist laut Parker der Hauptgrund dafür, dass einige wissenschaftliche Studien keine positiven Auswirkungen gezeigt haben. Zu viele Würmer machen krank, was sich häufig durch Magen-Darm-Beschwerden äußert und je nach Wurm variiert. Diese sind laut Parker jedoch mit Medikamenten leicht zu behandeln. Aber wenn man mit Würmern „in der richtigen Balance“ zusammenlebt, so Parker, überwiegen die Vorteile deutlich gegenüber den Nachteilen.

Das Problem ist nicht, krank zu werden

Das bringt uns zurück zu COVID-19. Eine der Fragen, die wir uns nicht gestellt haben, ist, warum manche Menschen durch COVID-19 (oder andere Viruserkrankungen) so krank werden, während andere symptomlos bleiben oder nur leichte Symptome haben. Wir wollen, dass unser Immunsystem wach ist und dass unser Körper das bekämpft, was ihm schadet. Doch gleichzeitig wollen wir auch nicht, dass unser Immunsystem überreagiert und uns schadet. Wir wollen auch nicht unsere eigenen Zellen und Gewebe angreifen – ein überaktives Immunsystem, das nichts zu bekämpfen hat, verursacht Autoimmunkrankheiten.

Es ist nicht dieses Virus im Besonderen oder eine Krankheit im Allgemeinen, vor der wir uns fürchten müssen. Das Problem entsteht, wenn wir eine schwere Reaktion auf das Virus haben. „Wie belastbar man angesichts von Herausforderungen ist, ist das Wichtigste“, sagt die Medizinerin Dr. Martha Herbert. „Unser Körper ist in der Lage, mit einer ganzen Reihe von Herausforderungen umzugehen. Wir haben die Möglichkeit, den Umgang mit ihnen zu verbessern, aber das wird den Menschen nicht beigebracht.“

Mit anderen Worten: Das Problem ist nicht, krank zu werden. Die eigentliche Sorge ist es, lang anhaltende gesundheitliche Probleme zu bekommen oder an einer Infektion zu sterben.

„Wenn man krank ist, zeigt das in der Regel, dass etwas nicht stimmt, entweder in der Lebensweise oder in der Umwelt“, so Herbert. Sie vertritt die Ansicht, dass Krankheit eine transformative Erfahrung sein kann, die einem hilft, aus seinem Trott herauszukommen. „Sie sollten in den Sherlock-Holmes-Modus wechseln, um herauszufinden, was Sie verbessern sollten. Dies sollte nicht auf eine ängstliche oder fanatische Weise, sondern auf eine informierte Weise geschehen.“

Was dich nicht umbringt …

Welche Informationen braucht der Körper, um gegen Infektionen, toxische Belastungen und schweren Krankheiten wie Krebs gewappnet zu sein? Laut Herbert sollte jeder Mensch seine Widerstandsfähigkeit aufbauen, indem er nährstoffreiche Lebensmittel isst, sein Stressniveau reduziert, Sport treibt und sich besser um sich kümmert. Außerdem sei es wichtig, Böden zu regenerieren, denen durch industrielle Anbaumethoden die Nährstoffe entzogen wurden. Indem wir uns gesund ernähren und Belastungen aller Art vermeiden, so Herbert, helfen wir unserem Körper, die biologischen Ressourcen zu mobilisieren, die uns die Heilung ermöglichen.

Laura Orlando, Kollegin von Herbert, bekam selbst im Alter von 52 Jahren die Diagnose Brustkrebs. Bereits ihre Mutter und ihr Bruder starben etwa im selben Alter an Krebs. Orlando und ihre Familie lebten auf einer Farm im Südwesten Michigans (USA). In deren Nähe befanden sich zwei Kernkraftwerke; Pestizide, Herbizide und viele andere Giftstoffe befanden sich im Boden, in der Nahrung, in der Luft und im Wasser. Außerdem verbrannte ihre Familie früher ihren Müll.

Obwohl die Behandlung des Krebses anstrengend und unschön war, fand Orlando unerwartete Vorteile im Kranksein. „Ich würde nicht sagen, dass ich froh war, Krebs zu haben“, sagt sie. „Aber er ist ein Spiegelbild der Welt, in der ich lebe und in der es von Giften nur so wimmelt, die sich auf unterschiedliche Weise auf den Körper auswirken.“

Außerdem erhielt sie enorme Hilfe von ihrer Familie, ihren Freunden und der Gemeinschaft. „Ich habe weder ein Trauma noch Einsamkeit erlebt“, sagt Orlando. „Natürlich gab es Leid, aber es wurde von der Gemeinschaft übertrumpft.“ Während ihrer Erkrankung hatte Orlando viel Zeit, über ihren Krebs nachzudenken. Sie kämpfte nicht gegen den Krebs, sondern versuchte vielmehr, mit ihm zu leben. Heute hat sie den Krebs besiegt und hält Kurse über Abwasser und Gesundheit, Wasserqualität und internationale Entwicklung.

Der Angst keinen Raum geben

Für Orlando ist dies eine Frage, die wir uns auch bei COVID-19 stellen müssen. Nicht, wie wir es bekämpfen und besiegen können, sondern wie wir mit ihm zusammenleben können, sollte im Vordergrund stehen.

„Es gibt eine große Anzahl von Viren im Boden und im Meerwasser. Sie sind nicht die Dämonen, als die sie dargestellt werden. In den letzten Jahren haben wir das menschliche Mikrobiom kennengelernt. Wir sind ein Vielfaches. Mein Körper steht in Beziehung zu der Welt um mich herum, zu den Viren, den Bakterien, den Pollen in der Luft, den Lebensmitteln, die ich esse, den Chemikalien um mich herum. Unser Körper ist erstaunlich“, so Orlando.

Wenn wir Viren, Bakterien oder sogar Krebs als „Killer“ betrachten, dann handeln wir aus Angst. Aber Angst verhindert, dass wir darüber nachdenken, wie wir in Beziehung zu jedem Aspekt unserer Umwelt leben können. Anstatt zu versuchen, sie auszurotten, sollten wir besser herausfinden, was wir tun müssen, um die Möglichkeit zu begrenzen, dass eine bestimmte Krankheit uns wirklich krank macht. Da es wahrscheinlich ist, dass SARS-CoV-2 noch einige Zeit mit uns zusammenleben wird, müssen wir uns fragen: Wie kann ich damit leben?

„Dieses Virus ist ein Lehrer“, sagt Orlando. „Nehmen wir es an.“

Über die Autorin:

Dr. Jennifer Margulis ist eine Wissenschaftsjournalistin aus Oregon und Gastautorin der Epoch Times. Sie trat live im französischen Fernsehen auf und arbeitete an einer Überlebenskampagne für Kinder in Niger, Westafrika. Als Fulbright-Stipendiatin und gefragte Rednerin ist sie Autorin von „Your Baby, Your Way“ und Mitautorin von „The Vaccine-Friendly Plan“.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „What Doesn’t Kill You Makes You Stronger“ (deutsche Bearbeitung ger)



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