Plaque im Gehirn: Wie Cholesterinschwankungen das Demenzrisiko erhöhen können
Stabile Cholesterinwerte sind mit einem deutlich geringeren Risiko für Demenz oder kognitiven Abbau verbunden. Gleichzeitig erhöht ein schwankender Cholesterinspiegel das Risiko für diese Erkrankungen – es sei denn, man ändert die Medikation. Dies ist das vorläufige Ergebnis einer bisher nicht unabhängig geprüften Studie, die die Studienautoren auf der wissenschaftlichen Tagung der American Heart Association vom 16. bis 18. November 2024 vorgestellt haben.
Laut den Forschern führt ein sich verändernder Cholesterinspiegel dazu, dass sich zu viele atherosklerotische Plaques (fetthaltige Substanzen) an den Arterienwänden ablagern. Ihre Theorie ist, dass dies zu einem verminderten Blutfluss zum Gehirn führen könne.
„Ältere Personen mit schwankenden Cholesterinwerten, insbesondere diejenigen, bei denen es von Jahr zu Jahr zu großen Schwankungen kommt – unabhängig davon, ob sie lipidsenkende Medikamente einnehmen – sollten möglicherweise genauer überwacht werden und proaktive Präventivmaßnahmen ergreifen“, sagte die Epidemiologin Zhen Zhou in einer Pressemitteilung. Sie ist die Hauptautorin der Studie und arbeitet an der School of Public Health and Preventive Medicine der Monash University in Melbourne, Australien.
Schwankender Cholesterinspiegel erhöht Demenzrisiko um 60 Prozent
Die vorläufigen Forschungsergebnisse sind Teil einer prospektiven Studie, bei der die Studienautoren über sechs Jahre hinweg knapp 10.000 Erwachsene in ihren Siebzigern in den USA und Australien beobachtet haben. Bei einer prospektiven Studie handelt es sich um eine Untersuchung, bei der die Forscher Daten erheben, um eine von ihnen vorher erstellte Hypothese zu überprüfen.
Um festzustellen, ob ein Zusammenhang besteht, nutzten die Forscher Daten, die während und nach der Studie erhoben wurden. Die Daten wurden ursprünglich im Rahmen eines Projektes erhoben, in dem herausgefunden werden sollte, ob niedrig dosiertes Aspirin das Risiko einer Herzerkrankung wirksam senkt.
Die Datenanalyse ergab in Bezug auf Demenz Folgendes:
- Hohe Schwankungen des Gesamtcholesterinspiegels waren mit einem um 60 Prozent höheren Demenzrisiko und einem um 23 Prozent höheren Risiko für einen kognitiven Abbau verbunden.
- Hohe Schwankungen beim HDL-Cholesterin (dem sogenannten „guten“ Cholesterin) und bei den Triglyceriden standen nicht mit Demenz oder kognitivem Abbau im Zusammenhang. Triglyceride sind die häufigste Fettart im Körper, die überschüssige Energie aus der Nahrung speichert.
- Bei Schwankungen beim LDL-Cholesterin (dem „schlechten“ Cholesterin) und beim Gesamtcholesterin fielen die Ergebnisse bei den kognitiven Tests und den Tests zur Messung der Reaktionsgeschwindigkeit und des Gedächtnisses progressiv deutlich schlechter aus.
Die Studienautoren wiesen darauf hin, dass die Studie keine Personen umfasste, die während der Untersuchung mit der Einnahme von lipidsenkenden Medikamenten begannen oder diese absetzten. Deswegen zeigen die Ergebnisse keinen Zusammenhang zu Statinen – Medikamente, die häufig verschrieben werden, um den Cholesterinspiegel zu senken.
„Wenn künftige Forschungen einen kausalen Zusammenhang bestätigen, könnte ein vielversprechendes therapeutisches Ziel für Demenz sein, die Cholesterinschwankungen zu senken“, erklärte Zhou in der Pressemitteilung weiter.
Wichtig sei außerdem, dass die Studienergebnisse nicht missinterpretiert werden sollten. Folglich sei eine Senkung des Cholesterinspiegels durch Lebensstiländerungen oder lipidsenkende Medikamente nicht automatisch für die Gesundheit des Gehirns schädlich, so die Epidemiologin weiter.
Was Kardiologen zu der Studie sagen
Epoch Times bat zwei Kardiologen um eine Stellungnahme zu dieser Studie. Diese deuten darauf hin, dass die kardiologische Fachwelt insgesamt eine andere Meinung vertritt.
Statine erhöhen Demenzrisiko
Der Kardiologe und Osteopath Jack Wolfson teilte der Epoch Times per E-Mail mit, dass er den allgemeinen Ergebnissen zustimme, wonach schwankende Cholesterinwerte mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden seien.
Er widersprach jedoch einem wichtigen Punkt: der Vermutung der Forscher, dass lipidsenkende Medikamente keinen Einfluss auf das Demenzrisiko hätten.
„Obwohl die meisten Daten etwas anderes vermuten lassen, glaube ich, dass Statine Demenz und andere Gehirnstörungen verursachen“, so Wolfson.
Als Beleg für seine Hypothese verwies er auf eine im „Journal of Nuclear Medicine“ veröffentlichte Studie aus dem Jahr 2021. Darin kamen Forscher zu dem Schluss, dass Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung und niedrigen bis mittleren Ausgangscholesterinwerten ein verdoppeltes Demenzrisiko aufweisen, wenn sie lipophile Statine einnehmen.
Hingegen zeigen Personen, die andere Statine einnehmen, keine derartige klinische oder metabolische Verschlechterung. Lipophile Statine lassen sich gut in Fetten oder Lipiden lösen. Im Gegensatz dazu steht die andere Hauptkategorie von Statinen, die wasserlöslichen (hydrophilen) Statine.
„Viel Lärm um nichts“
Auch Dr. Bradley Bale, Spezialist für kardiovaskuläre Prävention und Mitbegründer der BaleDoneen-Methode, widersprach den Studienergebnissen vehement.
In einer E-Mail an Epoch Times verwies er auf die seiner Meinung nach schwerwiegenden methodischen Mängel der Studie. „Sie maßen drei Jahre lang jährlich den Cholesterinspiegel und folgten Personen sechs Jahre lang, um zu erfassen, wann die Demenz auftrat“, schrieb er. Den Cholesterinspiegel verfolgten sie allerdings nicht weiter.
Bale nach verändert sich der Cholesterinspiegel in Abhängigkeit von Schlaf, Ernährung und Bewegung ständig. Außerdem würden die Cholesterinwerte im Blut nicht die Werte im Gehirn widerspiegeln, da das Gehirn sein eigenes Cholesterin herstellt, fuhr er fort.
„Daher scheint die Suche nach einem Zusammenhang zwischen drei ‚Momentaufnahmen‘ von Cholesterinwertänderungen innerhalb von drei Jahren und dem späteren Demenzrisiko in den nächsten sechs Jahren absurd“, fügte Bale hinzu. „Ich denke, die Schlussfolgerung der Studie ist viel Lärm um nichts.“
Mögliche Erklärungen für die Befunde
Sollten künftige Forschungsarbeiten die Ergebnisse bestätigen, sind folgende Erklärungen denkbar:
Verminderter oder blockierter Blutfluss
Die Hauptautorin Zhou schrieb in einer E-Mail an Epoch Times, dass starke Schwankungen des Cholesterinspiegels die atherosklerotischen Plaques, die hauptsächlich aus LDL-Cholesterin bestehen, negativ beeinflussen könnten. Dies könne das Risiko des Plaquewachstums, des Aufbrechens des Plaques und der anschließenden Blockade des Blutflusses zum Gehirn erhöhen.
Zhou verwies auf eine Studie aus dem Jahr 2016, die diese Erklärung unterstützt. Demnach ist eine höhere LDL-Fluktuation, die nicht mit einer Statin-Behandlung zusammenhängt, mit einem verringerten Blutfluss und einer verminderten kognitiven Leistung verbunden.
Risiko für Schlaganfall
Des Weiteren bestehe ein Zusammenhang zwischen Cholesterin, Schlaganfall und Demenz, meinte Dr. Clifford Segil in einer E-Mail an Epoch Times. Er ist Osteopath und Neurologe am Providence Saint John’s Health Center in Santa Monica, Kalifornien.
„Der Cholesterinspiegel ist ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einschließlich Schlaganfällen, die durch ein Blutgerinnsel verursacht werden“, schrieb er. Die vaskuläre Demenz und die Multi-Infarkt-Demenz können die Folge davon sein. Die erste entsteht durch Durchblutungsstörungen im Gehirn und die zweite durch wiederkehrende kleine Schlaganfälle.
In diesem Zusammenhang erwähnte die Studienautorin Zhou frühere Studien. Demnach können Cholesterinschwankungen zu kognitiven Beeinträchtigungen beitragen. Das tun sie, indem sie Entzündungen und hohen oxidativen Stress verursachen sowie Funktionsstörungen in den Zellen, die die Blutgefäße auskleiden. Diese Effekte würden die Demenzentwicklung begünstigen, fügte sie hinzu.
Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.
Zuerst erschienen auf theepochtimes.com unter dem Titel „Unexplained Changes in Cholesterol May Point to a Higher Risk of Dementia“. (redaktionelle Bearbeitung as)
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