Nadelfreie Verabreichung von Impfstoffen per Ultraschall

Mit Ultraschallimpulsen sollen künftig Impfstoffe ohne Nadeln durch die Haut verabreicht werden. Das Wirkprinzip ist der Medizin nicht neu, der Kontext der Verwendung schon. Laut Forschern könne Ultraschall besonders bei DNA-Impfstoffen hilfreich sein.
Eine neue Art zu impfen – mit Ultraschall – soll vor allem für DNA-Impfstoffe geeignet sein.
Eine neue Art zu impfen – mit Ultraschall – soll vor allem für DNA-Impfstoffe geeignet sein.Foto: iStock
Von 29. Januar 2024

Schätzungsweise ein Viertel der Erwachsenen und zwei Drittel der Kinder haben starke Ängste vor Spritzen, erklärte die US-amerikanische Gesundheitsbehörde (CDC). Dennoch sind Spritzen und Nadeln in der Medizin weitgehend gebräuchlich, ob als Betäubung beim Zahnarzt oder beim Blutspenden.

Was heute fast immer einer Spritze bedarf, könnte zukünftig ganz ohne funktionieren. Darcy Dunn-Lawless, Doktorand am Institut für Biomedizinische Technik der Universität Oxford, stellte seine Ergebnisse hinsichtlich „einer schmerz- und nadelfreien Impfstoffverabreichung per Ultraschall“ Ende 2023 auf einer Fachtagung im australischen Sydney vor.

Kavitation statt Kanülen

„Unsere Methode beruht auf einem akustischen Effekt, der als ‚Kavitation‘ bezeichnet wird, das heißt die Bildung und das Zerplatzen von Blasen als Reaktion auf eine Schallwelle“, erklärte Dunn-Lawless. Über die Wirkweise sagte er:

„Wir wollen die konzentrierten Ausbrüche mechanischer Energie, die durch das Kollabieren der Blasen entstehen, auf drei Arten nutzen. Erstens, um Durchgänge durch die äußere Schicht abgestorbener Hautzellen freizumachen und Impfstoffmoleküle hindurchzulassen. Zweitens, um als Pumpe zu fungieren, die die Medikamentenmoleküle in diese Durchgänge treibt. Und schließlich öffnen sie die Membranen, die die Zellen selbst umgeben, da einige Impfstoffe in die Zellen gelangen müssen, um zu funktionieren.“

Mit anderen Worten: Die Technik nutzt Blasen, die sich als Reaktion auf Schallwellen bilden und zerplatzen, um Impfstoffe zu verabreichen, um dadurch eine potenziell verbesserte Immunantwort zu erzielen. An der Oberfläche besteht der größte Unterschied also darin, dass die Hautzellen – anders als bei Kanülen – nicht zerschnitten, sondern auseinander geschoben werden.

Dieselbe Technik findet unter anderem Anwendung in der Schönheitsmedizin. Bei der sogenannten transdermalen Mesotherapie, die auf die Meso- (Mittel-) Schicht der Haut abzielt, werden so unter anderem Antioxidantien, Vitamine oder Hyaluronsäure in die Haut eingebracht.

Weniger Impfstoff, größerer Effekt

Im Bereich der Impfung werden „Mikro-Schockwellen“ bereits seit mindestens 2011 erforscht. Tests mit Ultraschall, die an Mäusen vorgenommen wurden, ergaben, dass durch die Kavitation 700-mal weniger Impfstoffmoleküle abgegeben wurden als durch eine herkömmliche Injektion. Dennoch führe der Kavitationsansatz zu einer stärkeren Immunreaktion.

Die Forscher unter der Leitung von Dr. Mike Gray, Prof. Bob Carlisle und Prof. Constantin Coussios im Biomedizinischen Ultraschall-, Biotherapie- und Biopharmazielabor (BUBBL) in Oxford vermuten, dass dies an der Stelle liegen könnte, auf die die Ultraschallimpfung abzielt. So sei die Haut im Gegensatz zu den Muskeln, in die gewöhnlich geimpft wird, reicher an Immunstoffen.

Illustration einer nadelfreien Impfung durch Ultraschall. <yoastmark class=

„Das Ergebnis ist ein effizienterer Impfstoff, der dazu beitragen könnte, die Kosten zu senken und die Wirksamkeit bei geringem Risiko von Nebenwirkungen zu erhöhen“, sagte Dunn-Lawless. Allerdings bezieht er sich dabei eher auf Nebenwirkungen wie Rötungen, Schwellungen und Jucken an der sonst üblichen Einstichstelle. Kopfschmerzen, Fieber oder andere unerwünschte medizinische Wirkungen kann die Verabreichungsmethode nicht beeinflussen.

Ultraschall geht unter die Haut und bis in den Zellkern

Während also auch Autoimmunerkrankungen oder Turbokrebs nicht prinzipiell auszuschließen sind, könnte die nadelfreie Impfung Rötungen, Juckreiz und Schwellungen an der Einstichstelle reduzieren, wenn die Parameter stimmen.

Die gebündelte Energie der zerplatzenden Kavitationsbläschen kann ihrerseits „zu mechanischen Schäden an Zellen und Strukturen führen“, sagte Dunn-Lawless. Es gebe jedoch gute Belege dafür, dass solche Schäden durch eine Begrenzung von Intensität und Dauer vermeidbar seien. Aus diesem Grund bestehe ein wichtiger Teil seiner Forschung darin, „herauszufinden, wo diese Sicherheitsschwelle für die Verabreichung von Impfstoffen liegt“.

Nach Aussagen der Amerikanischen Gesellschaft für Akustik könne sich der Kavitationsansatz „besonders für DNA-Impfstoffe eignen, die derzeit schwer zu verabreichen sind“. Wenn die Kavitation dazu beitrage, „die Membranen aufzubrechen, die den therapeutischen Zugang zum Zellkern blockieren“, könnten demnach „die anderen Vorteile von DNA-Impfstoffen, wie eine gezielte Immunreaktion, ein geringes Infektionsrisiko und die Lagerstabilität, besser genutzt werden“.



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