Israel beschließt weitere Siedlungen im Westjordanland – Deutschland und UN sehen Völkerrecht verletzt
Der israelische Verteidigungsminister Naftali Bennett will die Zahl der jüdischen Siedler im von Israel besetzten Westjordanland binnen zehn Jahren auf rund eine Million erhöhen. „Unser Ziel ist, dass binnen eines Jahrzehnts eine Million israelische Bürger in Judäa und Samaria leben“, sagte Bennett am Mittwoch bei einer Konferenz zum Kurswechsel in der US-Nahostpolitik. Damit würde sich die Zahl von derzeit rund 400.000 mehr als verdoppeln.
Die USA hatten im November in einem Bruch mit ihrer bisherigen Haltung erklärt, sie betrachteten die jüdischen Siedlungen im Westjordanland nicht länger als völkerrechtswidrig. An der Konferenz in Jerusalem am Mittwoch nahmen neben Verteidigungsminister Bennett auch Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sowie der US-Botschafter in Israel, David Friedman, teil.
Friedman, der selbst Jude ist, wies dabei die Einstufung der Palästinensergebiete als „besetzt“ zurück: „Wir sind keine Besatzer in unserem Heimatland, wir sind keine Besatzer in unserem eignen Land, wir sind nicht wie die Belgier im Kongo“, sagte Friedman.
Palästinenserbehörde spricht von „Kolonialismus“
Die Palästinensische Autonomiebehörde kritisierte die Äußerungen Bennetts und Friedmans scharf. Diese seien rassistisch und „spiegeln die jüdisch-kolonialistische Natur des ‚Deals des Jahrhunderts‘ wider“, erklärte das palästinensische Außenministerium in Anspielung auf den bislang nicht veröffentlichten Nahost-Friedensplan von US-Präsident Donald Trump.
Mitte November hatte US-Außenminister Mike Pompeo erklärt, nach sorgfältiger Prüfung „aller Seiten“ der juristischen Debatte sei seine Regierung zu dem Schluss gelangt, dass die jüdischen Siedlungen in dem Palästinensergebiet nicht grundsätzlich im Widerspruch zum internationalen Recht stünden.
USA änderte ihre Auffassung – Deutschland nicht
Mit seinen Äußerungen hatte Pompeo eine wichtige Wende in der US-Nahostpolitik verkündet. Bislang galt für Washington zumindest theoretisch eine Expertise des US-Außenministeriums von 1978 als maßgebend, wonach die Errichtung jüdischer Siedlungen in den israelisch besetzten Palästinensergebieten einen Bruch des Völkerrechts darstellt.
Die Bundesregierung kritisiert die Pläne zum Siedlungsbau im Westjordanland. „Die Beschlüsse israelischer Behörden zum weiteren Ausbau von Siedlungen im Westjordanland haben wir mit großer Sorge zur Kenntnis genommen“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Mittwoch. Die Bundesregierung rufe dazu auf, „alle Schritte zu unterlassen, die eine friedliche Konfliktlösung im Nahen Osten weiter erschweren“.
Der israelische Siedlungsbau in den Palästinensischen Gebieten sei nach Auffassung der Bundesregierung völkerrechtswidrig und ein Haupthindernis für die Möglichkeit einer zwischen Israel und den Palästinensern zu verhandelnden Zwei-Staaten-Lösung.
Auch die Vereinten Nationen sehen die Siedlungen als rechtswidrig an. Von weiten Teilen der internationalen Staatengemeinschaft werden sie als großes Hindernis im Nahost-Friedensprozess betrachtet. Die vierte Genfer Konvention verbietet ausdrücklich die Umsiedlung von Zivilisten in besetzte Gebiete..(afp/dts)
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