Jobs ablehnen wird teuer für Bürgergeldempfänger – was die Ampel beschlossen hat
Die Bundesregierung hat am Montag, 8. Januar 2024, den Weg für die Kürzung von Sozialleistungen für Jobverweigerer frei gemacht. Das Kabinett beschloss einen entsprechenden Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Bis Anfang Februar soll nun der Bundestag zustimmen. Dann könnte das Gesetz in Kraft treten.
Empfängern von Bürgergeld, die Jobangebote ablehnen, könnten dann die Sozialleistungen für bis zu zwei Monate gestrichen werden. Lediglich die Kosten für Unterkunft und Heizung würde das Jobcenter weiter bezahlen, um zu verhindern, dass die Betroffenen obdachlos werden.
Bürgergeldstreichung bis zu einem Jahr
Bei den zwei Monaten ohne Bürgergeld muss es aber nicht bleiben. Sollte ein Bürgergeldbezieher auch nach Streichung der Leistung ein Jobangebot „willentlich ablehnen und liegt zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzung einer relevanten Vor-Pflichtverletzung innerhalb der Jahresfrist vor, kann auch ein neuer Entzug der Regelleistung festgestellt und umgesetzt werden“, sagt ein Sprecher des Arbeitsministeriums gegenüber der „Bild“.
Ein Leistungsentzug kann erst im Folgemonat nach der Feststellung der konkreten Arbeitsverweigerung wirksam werden, heißt es weiter aus dem Heil-Ministerium. Daher wird es zwischendurch für Arbeitsverweigerer immer wieder zu Zeiten des vollständigen Bürgerbezugs kommen. Theoretisch könnte es nach Inkrafttreten der Änderung dann zu acht Monaten bis einem Jahr zu Bürgergeldentzug kommen.
„Es kann nicht sein, dass eine kleine Minderheit das ganze System in Verruf bringt“, hatte Heil im Dezember 2023 in der „Zeit“ seinen Vorstoß begründet. Sogleich machte er deutlich, dass eine „überwältigende Mehrheit“ der Bürgergeldempfänger konstruktiv mitarbeite. „Wer aber nicht mitzieht und sich allen Angeboten verweigert, muss mit härteren Konsequenzen rechnen.“
Schnell vom Grundgedanken verabschiedet
Mit dem Beschluss der Regelverschärfung für Bürgergeldempfänger am Montag hat sich die Ampel gut ein Jahr nach Inkrafttreten des Bürgergelds teilweise schon wieder von der Ursprungsidee verabschiedet.
Mehr fördern, weniger fordern: So lautete die Maxime, die der Arbeitsminister damals ausgab. Mit mehr Unterstützungsangeboten und etwas weniger Druck sollten Arbeitslose in Zukunft nachhaltiger und in besser bezahlte Jobs vermittelt werden. Die Sanktionen für Melde- und Mitwirkungsverstöße wurden auf maximal 30 Prozent reduziert. Zuvor hatte genau dieses das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angemahnt.
Kritik an den Heil-Plänen
Nachdem Heils Pläne bekannt wurden, gab es aber auch schnell Kritik. So sagte der Arbeitsmarktforscher Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gerade erst der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa): „Es mag in einem bestimmten Maß Missbrauch geben, aber ansonsten gibt es eine große Grauzone.“
In vielen Fällen habe sich die Arbeitslosigkeit verfestigt. Ihnen fehlten oft Qualifikationen und mit steigendem Alter sänken oft Chancen und Hoffnungen. „Werden durch Totalsanktionen nicht auch Menschen in prekäre Jobs hineingezogen, bei denen einfach vieles zusammenkommt?“, fragt der Forscher.
Im Hinblick auf die tatsächliche Wirkung von Sanktionen, insbesondere nun die geplante Verschärfung, hatte sich gegenüber der „Tagesschau“ Joachim Wolff, Leiter des Bereichs Grundsicherung und Aktivierung beim Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) geäußert. „Inzwischen gibt es eine ganze Reihe Studien, die zeigen, dass durch Sanktionen Übergänge in Beschäftigung kurzfristig erhöht werden.“
Wie stark der Effekt aber am Ende tatsächlich sei, das ließe sich nicht genau sagen. Das liege vorwiegend daran, dass die Studien sehr verschieden ausgelegt seien. Hinzu kämen noch Konjunktureffekte. „Tatsächlich zeigt sich auch, dass schärfere Sanktionen tendenziell auch größere Wirkung auf die Übergänge in den Job haben“, so der Grundsicherungsexperte.
Sanktionen ein „zweischneidiges Schwert“
Sanktionen seien aber auch ein „zweischneidiges Schwert“, sagte Wolff weiter. Es gebe einige unerwünschte Nachwirkungen. Zwar bescheinigen Studien, dass es Vorteile hat, schnell wieder in Arbeit zu kommen, um nicht dauerhaft ausgemustert zu werden, doch eine weitere IAB-Studie kommt zum Ergebnis, dass Sanktionierte zwar kurzfristig schneller einen Job finden, sich der Effekt aber langfristig umkehrt. Im Fünfjahresvergleich seien Menschen, die eine Sanktion erhalten haben, sogar etwas öfter ohne Arbeit. Zudem verdienten sie weniger als die Vergleichsgruppe.
Das würde genau das infrage stellen, womit Hubertus Heil vor einem Jahr bei Einführung des Bürgergelds angetreten war: Menschen sollten langfristig in auskömmliche Beschäftigung gebracht werden.
Wie Arbeitsminister Heil der „Bild“ sagte, rechne er damit, dass mindestens 150.000 Bürgergeldempfänger von der Verschärfung der Regeln betroffen wären. Für den Bundeshaushalt erhofft sich Finanzminister Christian Lindner (FDP) dadurch Einsparungen von etwa 150 Millionen Euro.
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