Faesers Zwischenbilanz als Innenministerin – Extremismus, „Compact“ und Regenbogen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat im Dezember 2021 klargestellt, dass die Bekämpfung des Rechtsextremismus höchste Priorität hat. Auf ihre politische Agenda folgen jedoch auch Kontroversen: die Abschaffung des Expertenkreises zum Islamismus, das gerichtlich ausgesetzte Verbot des „COMPACT“-Magazins oder der WM-Besuch mit Regenbogen-Armbinde in Katar.
Faeser dankte der Bundespolizei und den Ländern für die enge Zusammenarbeit.
Archivbild von Nancy Faeser.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 16. September 2024

SPD-Politikerin Nancy Faeser, die seit Dezember 2021 als Bundesinnenministerin fungiert, hatte sich von Anfang an die Bekämpfung von Extremismus, vor allem Rechtsextremismus, auf die Fahnen geschrieben. Ihrer Ansicht nach sind Rechtsextreme die größte Bedrohung für die innere Sicherheit in Deutschland.

Konkret begann sie damit, Maßnahmen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus zu intensivieren und überarbeitete den Maßnahmenkatalog aus dem „Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus“, den die Vorgängerregierung auf den Weg gebracht hatte. Konservative Stimmen kritisierten, dass andere Formen von Extremismus, wie Linksextremismus oder islamistischer Extremismus, vernachlässigt wurden. Die FAZ fragte in dem Kontext: „Auf dem Linken Auge blind?“

„Klare Kante gegen Rechtsextremismus“ – so verteidigte Faeser einen Gastbeitrag, den sie noch als Oppositionspolitikern in Hessen vor ihrem Amtsantritt in Berlin für das Magazin „Antifa“ verfasst hatte. Herausgegeben wird die Publikation von der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten“ (VVN-BdA). Diese steht der Deutschen Kommunistischen Partei nahe und strebt den „revolutionären Bruch mit den kapitalistischen Macht- und Eigentumsverhältnissen“ an. Daher wird die Vereinigung vom Verfassungsschutz beobachtet. Und der Verfassungsschutz ist als Inlandsgeheimdienst wiederum dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) unterstellt, welches Faeser als Ministerin führt.

Expertenkreis politischer Islamismus abgeschafft

Eine von Faesers ersten Amtshandlungen nur wenige Monate nach ihrem Amtsantritt war, den jährlichen „Expertenkreis Politischer Islamismus“ 2022 nicht fortzuführen. Dieser war von ihrem Vorgänger Horst Seehofer (Union) 2021 erstmals einberufenen. Anträge der Union und der AfD im Bundestag zur Weiterführung des Expertenkreises wurden im Oktober 2022 von der Parlamentsmehrheit abgelehnt. Auch Islamexperten hatten an Faeser appelliert, das Gremium wieder einzusetzen. Seit Jahren nehme arabisch und türkisch geprägter Antisemitismus zu, schrieben die Verfasser, darunter ehemalige Mitglieder des aufgelösten Expertenkreises wie der Berliner Migrationsforscher Ruud Koopmans und die Frankfurter Ethnologin Susanne Schröter.

Faeser hielt an der Auflösung fest, die Arbeit des Gremiums sei abgeschlossen. Die Bundesregierung habe einen aktuellen Stand zum Thema und verfüge über ein eigenes Expertennetzwerk.

Abschlussbericht Muslimfeindlichkeit zurückgezogen

Stattdessen lag der Fokus der Ministerin auf anderen Projekten, wie dem „Unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit“. Dessen Abschlussbericht musste aber wegen schwerwiegender Verstöße gegen Persönlichkeitsrechte zurückgezogen werden. In diesem wurden neben dem Mitherausgeber des Blogs „Die Achse des Guten“, Henryk M. Broder, und dem CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph de Vries auch die Islamismus-Expertin Sigrid Herrmann in den Kontext von „Muslimfeindlichkeit“ gerückt.

Dies führte zu rechtlichen Konsequenzen. Broder gewann vor Gericht und der Bericht wurde komplett zurückgezogen. Für das Projekt wurden rund 1,5 Millionen Euro an Steuergeldern ausgegeben.

Im August 2024, zwei Jahre später und nach dem islamistischen Anschlag von Solingen, beabsichtigt die Innenministerin erneut ein Islamismus-Gremium einzuführen. Laut dem neuen „Sicherheitspaket“, das Faeser und Justizminister Buschmann vorstellten, wird eine „Taskforce“ zum Thema eingesetzt.

Regenbogen-Besuch in Katar

Bleibende Bilder produzierte Nancy Faesers Katar-Reise im Oktober 2022: Faeser reiste kurz vor Beginn der WM in den Golfstaat. Die Innenministerin wollte sich vor Ort über die Situation ein Bild machen und Missstände gegenüber den Verantwortlichen ansprechen. Was blieb, war ein Bild, das sich wie ein Lauffeuer in Deutschland verbreitete. Nancy Faeser im arabischen Katar auf der Tribüne im engen weißen ärmelfreien Shirt mit einer Regenbogen-„One Love“-Armbinde, die die FIFA nicht an den Armen der Spieler sehen wollte.

Und eine Deutsche Mannschaft in Regenbogen-Shirts, deren Spieler sich vor dem Anpfiff offenbar aus Protest gegen das Vorgehen der FIFA beim obligatorischen Mannschaftsfoto den Mund mit der Hand bedeckten. Sie wurden nur „Moralweltmeister“ und reisten alsbald ruhmlos wieder ab aus Doha.

BSI-Chef Schönbohm muss gehen

Die Bundesministerin des Innern und für Heimat spielte auch eine zentrale Rolle bei der Entlassung von Arne Schönbohm, dem damaligen Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Auslöser war ein Bericht von Jan Böhmermanns „ZDF Magazin Royale“. Darin wurden Vorwürfe gegen Schönbohm erhoben, die ihn in Zusammenhang mit Verbindungen nach Russland brachten. Obwohl keine direkten Beweise für Fehlverhalten von Schönbohm vorgelegt wurden, entschied Faeser, ihn im Oktober 2022 seines Amtes zu entheben.

Spätere Untersuchungen hatten die Vorwürfe von Juristin Faeser gegen Schönbohm nicht bestätigt. Schließlich wurde Faeser dazu vom Innenausschuss befragt, nachdem sie sich für vorige Sitzungen krankgemeldet bzw. sich durch eine parlamentarische Staatssekretärin vertreten gelassen hatte. Der CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor kritisierte dazu, die SPD-Politikerin habe bislang viele Fragen widersprüchlich oder unvollständig beantwortet. So sei immernoch unklar, auf welcher Faktengrundlage Schönbohm abberufen wurde.

Schönbohm wehrte sich und reichte Klage ein: nicht nur gegen das Innenministerium, sondern auch gegen Bundesinnenministerin Nancy Faeser. In der Klage machte der Ex-BSI-Präsident einen Schadenersatzanspruch von 5.000 Euro wegen einer Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht geltend. „Allerdings hat sich Herr Schönbohm eine spätere Erhöhung der Forderung ausdrücklich vorbehalten“, erklärte sein Anwalt laut „Tagesspiegel“.

Wahlschlappe in Hessen

Aber Faeser zeigte auch über ihr Amt als Innenministerin hinaus „Parallelinteressen“ und trat als Spitzenkandidatin der SPD bei der hessischen Landtagswahl 2023 an. Diese verlief laut der SPD-Politikerin „sehr enttäuschend“. Die SPD fuhr mit rund 15,9 Prozent ein historisch schlechtes Ergebnis ein und landete hinter der CDU (35,5 Prozent) und der AfD (16,4 Prozent). Faeser verpasste zudem ihr Direktmandat im Wahlkreis Main-Taunus I. Sie belegte dort den dritten Platz.

Für die eigentlichen Schlagzeilen sorgte aber nicht die Wahlschlappe, sondern bereits im Vorfeld das Wahlprogramm von Faesers Hessen-SPD. Dort sorgte die Forderung, dass Nicht-EU-Ausländer schon nach sechs Monaten Aufenthalt in Deutschland an Kommunalwahlen teilnehmen dürften, für Irritationen. Später hieß es aus der Landespartei, es handele sich dabei um einen „redaktionellen Fehler“ im Wahlprogramm. Es sollte eigentlich sechs Jahre lauten.

Kein Geld mehr für rechtsextreme Personen oder Organisationen

Die „Correctiv“-Berichterstattung über das sogennate „rechtes Geheimtreffen“ in Potsdam nahm Nancy Faeser zum Anlass, im Februar 2024 zu verkünden, dass sie die Nachverfolgung von Geldströmen erleichtern wolle, insbesondere, um die Finanzquellen rechtsextremer Gruppen besser zu durchleuchten.

Ein entsprechendes Gesetzesvorhaben, das die Hürden für Auskunftsersuchen des Verfassungsschutzes zu Konten und Finanztransaktionen senken würde, sei im Bundesinnenministerium in Vorbereitung. Der Inlandsgeheimdienst darf Finanzströme nur durchleuchten, wenn es um Volksverhetzung und Gewalt geht. Da die aktuelle Gesetzeslage nicht das Gefährdungspotenzial von Personen und Organisationen berücksichtige, will das Innenministerium dies ändern.

Erklärtes Ziel: Niemand, der rechtsextreme Personen oder Organisationen finanziell unterstützt, soll sich darauf verlassen können, hierbei unentdeckt zu bleiben. Als Folge davon will Faeser Kontensperrungen für rechte Gefährder leichter durchsetzen.

Auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU (Drucksache 20/11518) nach dem aktuellen Stand vom „Aktionsplan gegen Rechtsextremismus“ antwortete die Bundesregierung im Juni dieses Jahres (Drucksache 20/11518) auf die Frage „Bei welchen der Punkte im Aktionsplan bestehen ggf. aktuell noch rechtliche Hürden, die eine Umsetzung noch nicht ermöglichen bzw. noch erschweren?“ wie folgt:

„Inwieweit die Auskunftspflichten von Finanzunternehmen angepasst werden müssen, um extremistische Finanzaktivitäten noch besser aufklären zu können (siehe Aktionsplan Maßnahme 1 – ‚Rechtsextreme Netzwerke zerschlagen‘), wird derzeit innerhalb der Bundesregierung geprüft.“

„COMPACT“-Verbot gegen die Pressefreiheit

Genauso wie das versuchte Einreiseverbot für Martin Sellner steht offenbar der Versuch, das „COMPACT“-Magazins zu verbieten, bislang nicht auf rechtlich sicheren Füßen. Im Juli 2024 erklärte die Innenministerin, die Publikation agiere als rechtsextremistisches Sprachrohr und verstoße gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland. Das Verbot umfasste auch die Conspect Film GmbH, eine Teilorganisation des Magazins. Geschäftsräume wurden durchsucht und Vermögenswerte beschlagnahmt. Das Verbot wurde rechtlich mit dem Vereinsrecht begründet.

Die Anwälte von „COMPACT“ erwirkten am 14. August 2024 beim Bundesverwaltungsgericht eine Aussetzung des von der Innenministerin angestrebten Verbotsverfahrens. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass das Verbot einen erheblichen Eingriff in die Pressefreiheit darstelle. Das Hauptverfahren noch läuft noch. Die mündliche Verhandlung ist für Februar 2025 angesetzt, später folgt eine endgültige Entscheidung.

„Wahlhelferin für die AfD“

Faesers Rückschläge wurden vielfach kommentiert. So sei dem Kampf gegen Rechtsextremismus „ein Bärendienst erwiesen“ worden, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU). „Frau Faeser sollte verstehen, dass der Zweck im Rechtsstaat nicht alle Mittel heiligt. Gerade als Innenministerin müsste sie wissen, dass die Meinungsfreiheit ein essenzielles Grundrecht ist“, so Frei. Wolfgang Kubicki (FDP) bescheinigte Faeser, sie habe sich damit als beste „Wahlhelferin für die AfD“ inszeniert.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Alexander Hoffmann, befand: „Die Eilentscheidung gegen das ‚COMPACT‘-Verbot wirft ein verheerendes Licht auf die Sachkompetenz von Frau Faeser.“

Vereinfachte Durchsuchungen

Jüngst widersprach Justizminister Buschmann der Innenministerin: Es ging um die Erweiterung der Befugnisse des Bundeskriminalamtes (BKA). Diesem wollte Faeser heimliche Wohnungsdurchsuchungen erlauben. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erteilte dem Gesetzentwurf dazu am 15. August eine Absage: „Es wird keine Befugnisse zum heimlichen Schnüffeln in Wohnungen geben“, sagte Buschmann. „Im Staat des Grundgesetzes machen wir so etwas nicht.“

In dem Kontext wurden erneut Stimmen laut, auch aus der Koalition, die den Rücktritt der Innenministerin fordern. Auf Nachfrage, ob Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach den kürzlichen Rückschlägen für die Bundesinnenministerin weiter an Nancy Faeser festhalten will, hieß es seitens eines Regierungssprechers:

Der Bundeskanzler arbeitet mit allen Bundesministerinnen und Bundesministern eng und vertrauensvoll zusammen.“

Bargeldobergrenze, mehr Datenzugriffe und Immobilienregister

Die nächsten Vorhaben von Nancy Faeser sind schon bekannt: Um Kriminalität entgegenzuwirken, sollen rechtliche Instrumente wie Ermittlungsbefugnisse und Datenzugriffe erweitert werden. Außerdem hofft sie, die auf EU-Ebene beschlossene Bargeldobergrenze von 10.000 Euro zügig in Deutschland umzusetzen. „Schließlich arbeite ich daran, dass wir möglichst bald ein Gesetz beschließen, in dem wir illegales Vermögen leichter aufdecken und einziehen können“, so Faeser. Zudem werde ein einheitlich nationales Immobilienregister benötigt, um Recherchen zu Immobilien und Eigentümerinnen und Eigentümern vornehmen zu können, so die amtierende Bundesinnenministerin.



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