Prozesse nach „Correctiv“-Recherche : Vosgerau gewinnt gegen den NDR
Im Kontext der juristischen Aufarbeitung des „Correctiv“-Berichts zum sogenannten Potsdamer Geheimtreffen konnte der Verfassungsrechtler und AfD-Anwalt Ulrich Vosgerau einen Erfolg verbuchen. Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) untersagte in seinem Beschluss vom 23. Juli 2024, Az. 7 W 78/24 dem NDR „in Bezug auf“ Vosgerau die Darstellung, es sei auf dem Treffen auch eine Ausbürgerung von deutschen Staatsangehörigen diskutiert worden. Dies teilt die „Legal Tribune Online“ (LTO) mit.
Die „Tagesschau“, für die innerhalb der ARD der NDR verantwortlich ist, hatte im Januar über dieses Treffen, an dem auch Vosgerau teilgenommen hatte, berichtet. Dabei stützte sie sich inhaltlich auf einen Bericht des Recherchenetzwerks „Correctiv“. Dieses hatte über das Treffen im November 2023 berichtet, in dessen Rahmen unter anderem der als Rechtsextremist eingestufte österreichische „Identitären“-Gründer Martin Sellner referiert hatte. Anwesend waren auch teils hochrangige politische Mitglieder von AfD und WerteUnion.
Vosgerau und weitere Teilnehmer bestreiten Erörterung von Sellner-Plänen
Das Treffen hatte über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus für ein hohes Maß an Aufmerksamkeit gesorgt. In Deutschland selbst wurde es zum Anlass für Massendemonstrationen in zahlreichen Städten. Die AfD verlor seit Veröffentlichung der Recherche auf Bundesebene etwa ein Viertel jenes Zuspruchs, über den sie noch Anfang des Jahres verfügt hatte.
Obwohl Sellner an jenem Abend referierte und er in seinem Buch über „Remigration“ auch die Idee vertritt, nach seinem Dafürhalten nicht ausreichend „assimilierte“ Bürger durch unfreundliche Maßnahmen zur Auswanderung zu drängen, soll darüber an jenem Abend nicht gesprochen worden sein. Dies behaupten zumindest mehrere Personen, die „Correctiv“ als Teilnehmer der Veranstaltung identifiziert hatte – auch Vosgerau.
Im „Correctiv“-Bericht wird nicht ausdrücklich das Gegenteil behauptet. Dieser ist jedoch mit einer Vielzahl an Wertungen und Schlussfolgerungen angereichert, die offenbar auch bei der „Tagesschau“ genau diesen Eindruck erweckten.
OLG sieht Behauptung mit Blick auf Ausbürgerung Deutscher als „prozessual unwahr“
Vosgerau ging in Eilverfahren sowohl gegen „Correctiv“ selbst als auch gegen die Darstellung des NDR vor. Das Recherchekollektiv darf diesem seit Februar nicht mehr die – juristisch falsche – Aussage zuschreiben, wonach Wahlprüfungsbeschwerden eine höhere Erfolgschance hätten, wenn sie massenhaft erhoben würden.
Bezüglich der Darstellungen des NDR hatte das Hamburger Landgericht im Mai noch Vosgeraus Unterlassungsantrag zurückgewiesen. Das OLG untersagte dem Sender nun jedoch im Eilverfahren die Behauptung, auf dem Potsdamer Treffen sei die – verfassungswidrige – Ausbürgerung deutscher Staatsbürger ohne doppelte Staatsangehörigkeit erörtert worden.
Eine abschließende Entscheidung darüber, inwieweit der „Correctiv“-Bericht im Kern unzutreffende Tatsachenbehauptungen aufgestellt hat, ist damit nicht verbunden. Im Eilverfahren werden keine abschließenden Beweiswürdigungen vorgenommen. Es reicht, eine Behauptung – wie in diesem Fall die Unwahrheit der Äußerung – glaubhaft zu machen.
Um die Darstellung der „Tagesschau“ für „prozessual unwahr“ zu erklären, reichten dem OLG vorgelegte eidesstattliche Versicherungen mehrerer Teilnehmer, wonach eine Ausbürgerung deutscher Staatsbürger nicht diskutiert worden sei. Der NDR konnte dagegen lediglich auf Informationen aus zweiter Hand verweisen – den „Correctiv“-Bericht und weitere Medienberichte.
Vosgerau nicht namentlich im Bericht genannt – aber leicht identifizierbar
Eine umfassende Beweisaufnahme im Hauptverfahren könnte auch zu einem anderen Ergebnis kommen. Ein solches ist jedoch nicht absehbar. Vosgerau-Anwalt Carsten Brennecke hält erhebliche Teile des „Correctiv“-Berichts juristisch für schwer angreifbar, weil diese Wertungen oder wertende Schlussfolgerungen enthielten.
Der NDR hatte unter anderem auch mit der Begründung eine Abweisung des Unterlassungsantrags begehrt, dass Vosgerau im „Tagesschau“-Bericht namentlich gar nicht genannt worden sei. Das Landgericht hatte aus diesem Grund noch eine individuelle Betroffenheit verneint.
Das OLG sah dies anders. Durch die Bezugnahme und Verlinkung auf den „Correctiv“-Bericht, in dem Vosgerau mehrfach genannt wird, sei eine mühelose Identifizierung möglich. Damit sei Vosgerau durch die Berichterstattung erkennbar gewesen und könne einen Unterlassungsanspruch geltend machen.
Verfahren noch nicht rechtskräftig beendet – Weiterführung wäre jedoch aufwendig
Aufgrund der geringen Teilnehmerzahl an dem Treffen reiche zudem bereits die Erwähnung der Teilnahme aus, um einen Vorwurf zu begründen, meinte der Senat. Medienkonsumenten könnten mit Bezug auf die als prozessual unwahr eingestufte Behauptungen, dort seien verfassungswidrige Inhalte besprochen worden, einen falschen Eindruck gewinnen. Etwa jenen einer stillschweigenden Zustimmung dadurch, dass Teilnehmer nicht explizit dagegen gesprochen oder das Treffen verlassen hätten.
Der NDR könnte gegen den Beschluss noch eine Verfassungsbeschwerde einreichen. Oder er könnte Vosgerau zur Erhebung einer Klage in der Hauptsache auffordern, um diese vor den Bundesgerichtshof bringen zu können. Dafür müssten allerdings erneut alle Unterinstanzen durchlaufen werden.
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