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Durchschnittlich 2.871 Euro pro Monat Zuzahlungen

Zuzahlungen für Pflege im Heim steigen – NRW mit 3.200 Euro pro Monat am teuersten

Für Pflegebedürftige und ihre Familien gehen die finanziellen Belastungen schon seit Jahren immer weiter hoch. Als ein Grund für den wachsenden Eigenanteil gelten vor allem höhere Personalkosten für Pflegekräfte.

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Die Pflege im Heim ist erneut teurer geworden.

Foto: Marijan Murat/dpa

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Lesedauer: 5 Min.

Für Pflegebedürftige im Heim sind selbst zu zahlende Anteile weiter gestiegen. Mit Stand vom 1. Juli waren im ersten Jahr im Heim im bundesweiten Schnitt 2.871 Euro pro Monat aus eigener Tasche fällig.
Das sind 211 Euro mehr als Mitte 2023, wie eine Auswertung des Verbands der Ersatzkassen ergab. Die Belastungen wachsen damit trotz inzwischen erhöhter Entlastungszuschläge, die sich nach der Aufenthaltsdauer richten.
Mit dem höchsten Zuschlag ab dem vierten Jahr im Heim legte die Zuzahlung im Schnitt auf 1.865 Euro je Monat zu. Das sind 91 Euro mehr als zum 1. Juli 2023.

Pflegeversicherung zahlt nur einen Teil der Kosten

In den Summen ist zum einen der Eigenanteil für die reine Pflege und Betreuung enthalten. Denn die Pflegeversicherung trägt – anders als die Krankenversicherung – nur einen Teil dieser Kosten. Für Bewohner im Heim kommen noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen in den Einrichtungen hinzu.
Hintergrund für den wachsenden Eigenanteil sind vor allem höhere Personalkosten für Pflegekräfte. Erstmals wurden in die Auswertung zum 1. Juli auch Ausbildungskosten einbezogen, die ebenfalls von den Heimen weitergegeben werden. Dieser Posten wurde auch in die Vergleichswerte vom 1. Juli 2023 eingerechnet, wie es zur Erläuterung hieß.

Unterschiede in den Bundesländern

Bei den Zuzahlungen gibt es regionale Unterschiede. Im Schnitt am teuersten ist derzeit ein Heimplatz im ersten Aufenthaltsjahr in Nordrhein-Westfalen mit 3.200 Euro pro Monat (+259 Euro) und in Baden-Württemberg mit 3.180 Euro. Am niedrigsten ist die Eigenbeteiligung in Sachsen-Anhalt mit 2.373 Euro.
Im zweiten Aufenthaltsjahr beträgt die monatliche Eigenbeteiligung in NRW 2.957 Euro, das ist ein Plus von 275 Euro gegenüber dem Vorjahr, heißt es weiter.
Der Verband der Ersatzkassen (VdEK) NRW sieht die Landesregierung in der Pflicht: „Dass die Eigenbeteiligung so hoch ist, liegt auch daran, dass das Land seine Verantwortung ignoriert“, sagte Dirk Ruiss der „Rheinischen Post“.
Gegenüber den Vorjahren seien allein die Investitionskosten pro Heimbewohner um 33 Euro auf nun 605 Euro monatlich gestiegen. Allein die Übernahme dieser Kosten, wie gesetzlich vorgesehen, würde Heimbewohner entlasten, so Ruiss. Dem Verband gehören unter anderem TK, Barmer, DAK und KKH an.

Zuschläge sollten Kosten dämpfen

Seit 2022 gibt es neben den Zahlungen der Pflegekasse auch Entlastungszuschläge, die mit einer Reform der Ampel-Koalition zum 1. Januar 2024 erhöht wurden.
Der Eigenanteil für die reine Pflege wird damit im ersten Jahr im Heim um 15 statt zuvor 5 Prozent gedrückt, im zweiten um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent.
Den Anstieg der Zuzahlungen konnten die Zuschläge aber nicht voll auffangen, wie die Daten zeigen. Zum Stichtag 1. Juli waren für die reine Pflege im ersten Jahr im Heim im bundesweiten Schnitt nun monatlich 1.426 Euro fällig – vor einem Jahr waren es mit dem damals noch niedrigeren Entlastungszuschlag 1.295 Euro gewesen.
Teurer wurden der Auswertung zufolge auch Unterkunft und Verpflegung in den Heimen. Zum 1. Juli mussten Bewohner im Schnitt 955 Euro im Monat dafür bezahlen, nachdem es Mitte 2023 noch 888 Euro gewesen waren.

Bundesländer ignorieren Aufgaben

Die Chefin des Ersatzkassenverbands, Ulrike Elsner, sagte mit Blick auf die weiter steigende Eigenbeteiligung: „Dass diese so hoch ist, liegt auch daran, dass die Länder ihre Verantwortung ignorieren.“
Die Übernahme der Investitionskosten durch die Länder – wie eigentlich vorgesehen – würde Heimbewohner um durchschnittlich 490 Euro im Monat entlasten. Auch sei es Aufgabe des Staates, Ausbildungskosten zu übernehmen. Dies müsse im Rahmen der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigten Pflegereform gelöst werden.
Das Ministerium will im Herbst ein Konzept für die Reform vorlegen. Es soll um ein Gesamtpaket für mehr Kapazitäten beim Pflegepersonal, ein stärkeres Vermeiden von Pflegebedürftigkeit und das Schließen einer Finanzlücke gehen – denn die Pflegeversicherung erwartet für 2024 und 2025 rote Zahlen. Eine erste Reform brachte neben der höheren Entlastungszuschläge für Heimplätze auch eine Beitragsanhebung zum 1. Juli 2023.
Ausgewertet wurden nach Angaben des Ersatzkassenverbands Vergütungsvereinbarungen der Pflegekassen mit Heimen in allen Bundesländern. Zum Verband gehören unter anderem die Techniker Krankenkasse, die Barmer und die DAK-Gesundheit. (dpa/dts/red)

Kommentare

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Mariavor 9 Monaten

Ich frage mich, ob das System so angelegt ist. Arbeiten bis der Sargnagel kommt, dann braucht es keine Pflegekräfte mehr.

Johivor 9 Monaten

Kosten steigen, Qualität sinkt, so sprechen die meisten Pflegekräfte kaum noch ein für Alte verständliches deutsch.

Es herrscht eine hohe Personalfluktuation, das den zu Pflegenden auch nicht gut tut.

Ständige Personalengpässe führen dazu, dass man schonmal jemanden mehrere Stunden auf der Toilette sitzen lässt. Da frägt man sich, ob Hilfsbedürftige ebenso lange auf etwas zu Trinken warten dürfen.

Bei der Medikation schleichen sich ab und an Sedative ein. Wen wundert es, ruhig Gestellte beschweren sich nicht und sind leichter in der Handhabe.

Das verabreichte Essen würden Sie im Zweifelsfall nicht mal ihrem Hund zumuten wollen. Diabetiker bekommen dasselbe Essen wie der Rest und werden bedenkenlos mit Süßem vollgepumpt.

Hierbei handelt es sich schon lange nicht mehr um Pflegeinstitutionen sondern um Profit orientierte Durchgangsstationen zum Kirchhof.

Zur Unterbindung der all zu mächtigen Geldgier, müssten diese Unternehmen einer knallharten Revision und öffentlicher, neutraler Qualitätsbewertung unterzogen werden. Leider können sich die eigentlichen Kunden häufig nicht mehr beschweren und artikulieren.

Die beschriebenen Misstände habe ich so bereits bei meinen Anverwandten erleben müssen und sind ggfs. nicht die Regel aber m.M. nach durchaus im Trend, genau wie die steigenden Kosten in diesem Milliardengeschäft.

Wir sollten uns bewusst machen, irgend wann ereilt uns auch dieses Schicksal und zahlen dürfen wir dafür schon heute.

Petra Zacherlvor 9 Monaten

Anstatt die Pflegeheime - wie eigentlich gesetzlich vorgeschrieben - zu bezuschussen, zahlt man lieber später über die Sozialhilfe für einzelne Bewohner. Sind denn in der Regierung überhaupt keine Leute, die wirtschaftlich denken können?

Abgesehen davon wird ja die überwiegende Zahl der Pflegebedürftigen zu Hause von Angehörigen gepflegt. Die werden mit monatlich 300 - 500 € abgespeist. Eigentlich eine Schande. Aber es wird z.B. bei dem Entlastungsbeitrag von monatlich 125 € z.B. nur ein Putzdienst von einem Pflegedienst akzeptiert, der dafür 25 € die Stunde abrechnet - soweit man überhaupt einen findet- , eine privat organisierte Putzfrau wäre mit 14- 15 € zufrieden. Das wird aber nicht erstattet. Auch über die 40 € für Pflegehilfsmittel kann man nicht selber entscheiden. Die Pflegekasse schreibt einen Anbieter vor, der dann bestimmt was monatlich geliefert wird, auch wenn das nicht das ist, was man eigentlich braucht.

Hier wäre noch viel Einsparpotential und das Wohl der Betroffenen würde sich verbessern

Maren R.vor 9 Monaten

Ich empfinde die Höhe des Pflegegeldes ebenfalls als Hohn für die pflegenden Angehörigen, welche die Pflege oftmals neben ihrer eigentlichen Berufstätigkeit erbringen. Zumindest müsste auch jedesmal, wenn die gewerblichen Pflegekräfte eine Lohnerhöhung erhalten, das Pflegegeld entsprechend erhöht werden. Da dies bisher nicht de Fall ist, zeigt sich, wie „hoch“ der Stellenwert der pflegenden Angehörigen tatsächlich ist, und dies trotz des zunehmendem Mangels an gewerblichen Pflegekräften.