„Weg in den Überwachungsstaat“: Ampel und EU gegen das Bargeld

Bislang steht die deutsche Regierung nicht geschlossen hinter EU-Plänen zu einer generellen Bargeld-Obergrenze. Schrittweise nähert sie sich ihr jedoch an.
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Bei vielen immer noch beliebt: Bargeld im Portemonnaie.Foto: Monika Skolimowska/dpa/dpa
Von 2. Januar 2023

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Bargeld oder digitale Zahlungsweisen? Im Fall der Postbank ist für viele Kunden derzeit keine dieser Optionen verfügbar. Aufgrund einer Systemumstellung ist der Zugang zum Online-Banking vielfach nicht möglich. Gleichzeitig funktioniert aber auch die Beschaffung von Bargeld über eigene Geldautomaten nicht.

Es sind nicht nur solche Fälle, in denen Störungen die bargeldlose Zahlung verhindern, die Bürger am Bargeld festhalten lassen. Einer Umfrage der Verbraucherzentrale zufolge gaben 2021 drei Viertel der Befragten an, die Entscheidungsfreiheit darüber behalten zu wollen, mit Bargeld oder digital zu bezahlen. Als Gründe gaben sie unter anderem Kontrolle über ihre Ausgaben, persönliche Freiheit, Datenschutz oder Gewohnheit an.

Einer Studie der Deutschen Bundesbank zufolge werden in Deutschland derzeit 58 Prozent aller geschäftlichen Transaktionen mit Scheinen und Münzen abgewickelt.

EU-Mehrheit für Bargeld-Obergrenze steht

Demgegenüber hält sich die Politik auf EU-Ebene, aber auch in Deutschland selbst, zunehmend dazu berufen, den Bürgern diese Entscheidung abzunehmen. In Brüssel mehren sich die Stimmen für eine generelle Obergrenze bei der Bezahlung mit Bargeld.

Am 7. Dezember des Vorjahres beschlossen Vertreter der EU-Länder, zeitnah eine allgemeine Bargeld-Obergrenze von 10.000 Euro für jedwede Form von Zahlungsverkehr einzuführen. Zudem sollen Krypto-Dienstleister bei Transaktionen im Gegenwert von mindestens 1.000 Euro Informationen über ihre Kunden prüfen müssen.

Einschränkungen soll es auch bei Barankäufen von Edelmetallen, Edelsteinen, Kulturgütern und wertvollen Waren wie Juwelen oder Uhren geben. Deutschland enthielt sich zwar der Stimme, es zeichnet sich aber, wie der „Nordkurier“ berichtet, die erforderliche Mehrheit für die Schritte auf EU-Ebene ab.

Zustimmen muss eine qualifizierte Mehrheit von mindestens 15 EU-Staaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Die endgültige Ausgestaltung der Verordnung muss zwar mit dem Europäischen Parlament abgestimmt werden. Die dortigen Mehrheitsverhältnisse lassen jedoch nicht davon ausgehen, dass es weniger Bargeldrestriktionen geben wird.

Die EU will mit dem geplanten „digitalen Euro“ dem Bürger zudem eine Alternative zum Bargeld bieten. EZB-Präsidentin Christine Lagarde räumt allerdings jetzt schon ein, dass die „volle Anonymität, wie sie Bargeld bietet“, bei diesem keine Option sei.

Gewissensberuhigung gegenüber FDP-Wählern

Die deutsche Enthaltung zur allgemeinen Bargeld-Obergrenze scheint eher der Gewissensberuhigung vor allem der FDP gegenüber ihren Wählern zu dienen. Während SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser eine allgemeine Bargeld-Obergrenze auch in Deutschland forciert und auf Unterstützung der Grünen zählen kann, haben viele Liberale Bauchschmerzen. Bundesfinanzminister Christian Lindner verkörpert sehr sinnbildlich die innere Zerrissenheit, die insbesondere seine Partei in diesem Zusammenhang kennzeichnet. Der Abgeordnete Frank Schäffler warnt auf Twitter:

Wer das Bargeld abschaffen will, fördert den Weg in den Überwachungsstaat.“

Auch Lindner selbst gibt zu bedenken, dass Bargeld „auch ein Ausdruck von Privatsphäre und Datenschutz“ sei. Andererseits hat der Minister, dessen FDP seit 1949 an 13 Bundesregierungen beteiligt war, Deutschland im „Handelsblatt“ als „Paradies für Geldwäsche“ gezeichnet. Unter Verweis auf einen Prüfbericht der „Financial Action Task Force“ (FATF) erklärt er, die Erfolge in diesem Bereich seien ohne weitere Maßnahmen gering. Im Koalitionsvertrag ist lediglich von einem Verbot des Erwerbs von Immobilien mit Bargeld die Rede. Allerdings heißt es dort auch, dass FATF-Empfehlungen umgesetzt werden sollten.

Schäffler hingegen betont:

Die Terrorismus- und Geldwäschebekämpfung sind nur vorgeschobene Argumente, um die Bürger über das Buchgeld stärker überwachen zu können.”

Deutschland hat selbst Restriktionen beim Bargeld eingeführt

Einen bedeutenden Schritt in Richtung allgemeine Obergrenze für Bargeld hat Deutschlands Ampel im Übrigen bereits selbst gesetzt. Nach dem ersten „Sanktionsdurchsetzungsgesetz“ (SDG) im Mai hat die Bundesregierung im Oktober auch den Weg für ein zweites Paket frei gemacht, das mit Neujahr in Kraft trat.

Dieses soll ebenfalls der Bekämpfung der Geldwäsche und der Durchsetzung von Sanktionen dienen. Ab sofort dürfen in Deutschland keine Immobilien mehr mit Bargeld bezahlt werden, zudem gilt eine gleichlautende Regelung für Kryptowährungen und Rohstoffe.

Kritiker wie Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann zweifelt an der Wirksamkeit der Bargeld-Obergrenzen bei der Bekämpfung der Geldwäsche. Er betont:

Bislang gibt es keinen wissenschaftlich fundierten Beleg, dass mit Barzahlungsobergrenzen das Ziel erreicht wird, Geldwäsche zu bekämpfen.”

Widerstand aus CSU und bayerischer Staatsregierung

Auch aus Bayern gibt es scharfe Kritik an den geplanten Einschränkungen des Bargeldverkehrs. Der Finanzminister des Freistaats, Albert Füracker, betont:

Bargeld erhalten heißt Entscheidungsfreiheit bewahren! Bargeld ist geprägte Freiheit – es ist schnell, greifbar, unabhängig von technischer Infrastruktur und schützt die Privatsphäre! Beschränkungen der Bargeldnutzung greifen direkt in Freiheitsrechte ein.“

Bayern stehe für den Erhalt der Entscheidungsfreiheit für die Bürger. Es gebe zudem, so heißt es aus der CSU, jetzt schon verschärfte Nachweispflichten, wenn Bürger Beträge über 10.000 Euro auf ihr Konto bei ihrer Hausbank einzahlen wollen. Bei Fremdbanken beträgt die Grenze sogar nur 2.500 Euro. Dies schreibt die Bundesfinanzaufsicht (Bafin) vor. Ein anonymer Kauf von Edelmetallen – ein sogenanntes Tafelgeschäft – ist infolge einer EU-Richtlinie seit 2020 nur noch bis 1.999 Euro möglich.

Neben einem Ausweis müssen Kunden die Herkunft des Geldes nachweisen. Dies kann auf unterschiedlichen Wegen geschehen. So gelten etwa aktuelle Kontoauszüge, aus denen die Barauszahlung hervorgeht, Quittungen über Sortengeschäfte, Quittungen, Testamente, Verkaufsbelege oder Schenkungsverträge als Nachweise.

Dies reiche auch völlig aus, um Geldwäsche zu bekämpfen, erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller. Gegenüber dem „Handelsblatt“ äußert er:

Wir haben in Deutschland scharfe und wirksame Nachweispflichten, wenn jemand höhere Beträge mit Bargeld zahlen will. Das reicht vollkommen aus.“

Ende des Bargelds – Beginn staatlicher Allmacht?

Bundesbank-Vorstand Beermann sieht die Gefahr, dass die geplanten Maßnahmen „vor allem auch den ehrlichen Bürger“ treffen. Dorothea Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen sieht „Bargeldnutzer unter Generalverdacht“ gestellt und in ihrem Handeln beschränkt.

Generell halten viele Kritiker von Bargeldrestriktion die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus für vorgeschoben. Tatsächlich gehe es der Politik um mehr Kontrolle über den Bürger und erweiterten Optionen für die Zukunft, sollten sich die Krisensituationen zuspitzen. Ein „gläserner Bürger“ würde eine Lenkung des Konsums, eine Besteuerung von Vermögenswerten oder die Einführung eines zentralen Vermögensregisters erleichtern.

Claudia Marsal weist im „Nordkurier“ zudem auf die Truckerproteste gegen die Corona-Politik in Kanada hin:

Der kanadische Premierminister Justin Trudeau setzte im Februar 2022 Sonderbefugnisse in Kraft. Dadurch konnten Gelder eingefroren werden, die die ‚illegalen Blockaden‘ unterstützten. Die Tagesschau sprach damals von einem historischen Schritt. Ganz ehrlich: Mir macht diese Allgewalt des Staates eher Angst. Wie geht es Ihnen damit?“

(Mit Material der dpa)



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