Wagenknecht könnte bereits 2024 mit eigener Partei zur EU-Wahl kandidieren
Die Ankündigung der langjährigen Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht vom Freitagabend, 3. März, nicht mehr für die Linkspartei zu kandidieren, heizt Spekulationen an. Gegenüber der „Rheinpfalz“ hatte sie erklärt, sie wolle nach Ablauf der Legislaturperiode entweder als Publizistin arbeiten – „oder es ergibt sich politisch etwas Neues“. Auf die mögliche Gründung einer eigenen Partei angesprochen, äußerte sie, darüber werde „an vielen Stellen diskutiert“.
EU-Wahl könnte erneut ohne Sperrklausel stattfinden
In einem Kommentar für den „Focus“ mutmaßt Hugo Müller-Vogg nun, Wagenknecht werde nicht erst zur nächsten Bundestagswahl einen eigenen Antritt vorbereiten. Vielmehr rechnet er damit, dass es bereits im nächsten Jahr zur EU-Wahl einen entsprechenden politischen Testballon geben werde.
Dies sei allein schon deshalb wahrscheinlich, weil es unsicher sei, ob diese bereits mit einheitlicher Sperrklausel stattfinden würde. Das Europäische Parlament hatte sich zwar für eine solche von 3,5 Prozent ausgesprochen, ein Konsens darüber unter den Mitgliedstaaten sei jedoch fraglich. Entsprechend könne die Wahl der deutschen Abgeordneten zum EU-Parlament auch im nächsten Jahr ohne Sperrklausel stattfinden.
Zuletzt hätten 250.000 Stimmen für ein Mandat ausgereicht – während bereits jetzt über 700.000 Menschen Wagenknechts „Manifest für den Frieden“ unterschrieben hätten.
Wagenknecht vor allem im Osten beliebt
Jüngsten Umfragen zufolge müsste sich die Politikerin auch über eine Fünf-Prozent-Hürde wenig Sorgen machen. Einer am Donnerstag der Vorwoche veröffentlichten Kantar-Umfrage zufolge könnten sich derzeit 19 Prozent der Befragten vorstellen, eine Wagenknecht-Partei zu wählen. Während deren Potenzial auch in Westdeutschland bei 18 Prozent angesiedelt sei, wären es im Osten sogar 27.
Von allen Befragten könnten sich 60 Prozent der AfD-Sympathisanten und 50 Prozent von jenen der Linkspartei eine Stimmabgabe für die frühere Fraktionsvorsitzende der Linken vorstellen. Sogar 26 Prozent der bisherigen FDP-Wähler würden eine Wagenknecht-Partei möglicherweise wählen.
Über das Mobilisierungspotenzial unter Nichtwählern sagt die Umfrage nichts aus. Deren Anteil ist auch bei überregionalen Wahlen seit der Wiedervereinigung stark angewachsen. Im Herbst des Vorjahres hatte INSA sogar von einem Potenzial von 40 Prozent für eine Neugründung unter der Führung von Sahra Wagenknecht gesprochen.
Von der Kommunistischen Plattform zu SPD-Positionen der Schröder-Ära
In der Linkspartei ist die Politikerin vor allem seit der Veröffentlichung ihres Buches „Die Selbstgerechten“ in Ungnade gefallen. Darin hatte sie sich gegen die sogenannte Lifestyle-Linke gewandt, die Politik für eine elitäre urbane Akademikerschicht statt für arbeitende Normalbürger betreibe.
Wagenknecht stellte sich zuletzt auch mit ihrem „Friedensmanifest“ gegen das Establishment ihrer Partei, das sich im Ukraine-Krieg für Waffenlieferungen an die Führung in Kiew ausspricht. Zuvor hatte sie schon mit ihren Aussagen gegen eine übergriffige Corona-Politik und Klimaschutz auf Kosten von Geringverdienern nicht auf Parteilinie gelegen.
Während sie früher zeitweilig der „Kommunistischen Plattform“ in der SED-Nachfolgepartei PDS angehörte, hat sie sich mittlerweile von marxistischer Wirtschaftspolitik entfernt. Sie befürwortet die stärkere Regulierung von Finanzmärkten, zeigte allerdings auch Sympathien für ordoliberale Ansätze.
Auf der Rechten hat Wagenknecht mit der Warnung vor den Nachteilen unbegrenzter Zuwanderung für Geringverdiener Sympathien gewonnen. Im Unterschied zur AfD verzichtet sie jedoch auf sogenannte Islamisierungskritik.
Die theoretische Bereitschaft, die Politikerin mit einem eigenen Projekt zu unterstützen, scheint in Teilen der Bevölkerung zu bestehen. Die Herausforderung dürfte darin liegen, flächendeckend kompetente Mitstreiter zu finden. Ihr Projekt „Aufstehen“ Ende der 2010er-Jahre scheiterte nicht zuletzt daran, dass dies nicht in ausreichendem Maße gelungen ist.
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