Union: Abwehrschirm von CDU abgeschrieben – AfD: Planwirtschaftliche Konzepte

Kritik aus der Opposition prägte die Bundestagsdebatte zum sogenannten Abwehrschirm der Ampel-Koalition. Diese wolle einen Blankoscheck, lautet ein Vorwurf.
Kritik aus der Opposition prägte die Bundestagsdebatte zum sogenannten Abwehrschirm der Ampel-Koalition.
Eine Plenarsitzung im Deutschen Bundestag.Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Von 14. Oktober 2022

Am Freitag, 14. Oktober, hat sich der Bundestag in einer Aussprache mit dem sogenannten Abwehrschirm beschäftigt, den die Ampel-Koalition angekündigt hat. Der technische Name des Vorhabens lautet: „Gesetz zur Änderung des Stabilisierungsfondsgesetzes zur Reaktivierung und Neuausrichtung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds“. Mit kreditfinanzierten 200 Milliarden Euro will man bis 2024 Energiepreise abfedern und weitere Maßnahmen für eine sichere und bezahlbare Energieversorgung ermöglichen.

WSF ursprünglich zur Bekämpfung der Corona-Folgen geschaffen

Zu diesem Zweck will man ein Sondervermögen schaffen. Grundlage dafür soll der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) sein. Dieser besteht seit dem Frühjahr 2020 und sollte ursprünglich helfen, die Corona-Folgen abzufedern. Ursprünglich hatte der WSF ein Volumen von 600 Milliarden Euro. Seit Juni ist er inaktiv – die Koalition möchte ihn nun wiederbeleben.

Die Regierung benötigt dazu jedoch frische Kreditermächtigungen im Umfang von 200 Milliarden Euro – und zwar noch in diesem Jahr. Auf diese Weise könnte Bundesfinanzminister Christian Lindner programmgemäß im kommenden Jahr die Schuldenbremse wieder einhalten. Der Bundestag muss über das Paket abstimmen, weil die für 2022 geltende Schuldenbremse die neuen Mittel für den „Abwehrschirm“ noch nicht umfasst.

Bisheriger Schwerpunkt des neu aufgestellten WSF soll die Gaspreisbremse sein. Florian Toncar (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, kündigte zu Beginn der Aussprache an, dass die Regierung auch bereits an einer Lösung für eine Strompreisbremse arbeite.

Regierung verspricht sich von Abwehrschirm eine geringere Inflationserwartung

Toncar, der erneut die „russische Energie- und Kriegspolitik“ für die Notlage verantwortlich machte, spricht davon, dass der „Abwehrschirm“ eine „Brücke über die nächsten Winter“ schaffe. Zusätzlich zu den Entlastungsmaßnahmen setze man auf das Schaffen von Angebot und das Reduzieren von Verbrauch.

Der Staat müsse dafür aber zusätzlich Mittel mobilisieren und dafür eigne sich der in der Corona-Krise geschaffene WSF. Von dem Maßnahmenpaket werde, so Toncar, ein „starkes Signal“ ausgehen, das auch die Inflationserwartung dämpfen werde.

Die Mittel seien zudem streng zweckgebunden. Der Aufwand für die Strompreisbremse werde geringer sein, weil man in diesem Kontext auch Einnahmen erwarten könne. Zudem wolle man sogenannte Zufallsgewinne besteuern. Es gebe eine „außergewöhnliche Notsituation“, die in ursächlichem Zusammenhang mit dem nun geplanten Engagement stehe.

Bis dato erst Vorschlag der Expertenkommission

Die genaue Ausgestaltung der Gaspreisbremse ist noch offen. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission hat einen ersten konkreten Vorschlag vorgelegt. Noch in diesem Jahr soll der Staat zunächst im Dezember einmalig die Gas-Monatsrechnung für Haushalte und Gewerbe komplett übernehmen.

Möglichst ab März 2023 soll in einer zweiten Phase die eigentliche Preisbremse greifen. Diese soll für ein Kontingent von 80 Prozent des für den vergangenen September zugrunde gelegten Verbrauchs gelten. Geplant ist dafür eine Preisdeckelung auf zwölf Cent pro Kilowattstunde. Daneben wurden noch weitere Maßnahmen vorgeschlagen. Die Regierung muss nun entscheiden, ob und wie sie die Anregungen umsetzt.

Union: Abwehrschirm zu spät und von CDU abgeschrieben

Für die CDU/CSU-Fraktion bezeichnete der Abgeordnete Mathias Mittelberg die Gaspreisbremse als einen richtigen Schritt. Er kritisierte die Bundesregierung allerdings dafür, dass diese „viel Zeit verbraucht“ habe.

Die Gaspreisbremse trete erst im März in Kraft. Dabei habe die Union eine solche Maßnahme mit einem subventionierten Preis von 12 Cent pro Kilowattstunde bereits auf ihrem Bundesparteitag gefordert.

„Die Lösungsvorschläge lagen auf dem Tisch, die Regierung hat diese erst spät erkannt“, erklärte Mittelberg. Stattdessen sei Bundeskanzler Olaf Scholz noch im Juli sogar aus dem Urlaub zurückgekehrt, um die mittlerweile begrabene Gasumlage zu verkünden. Dies habe die Menschen im Land verunsichert.

Zudem vermisse Mittelberg taugliche Maßnahmen zur Angebotserweiterung. Allein der Weiterbetrieb aller drei noch aktiver Kernkraftwerke würde die Versorgung von zehn Millionen Menschen sicherstellen. Durch Kernkraft könne, wie die Wirtschaftsweise Veronika Grimm bestätige, der Strompreis um 8 bis 12 Prozent sinken. Mittelberg äußerte in der Debatte:

Die Energiesicherheit der Bürger darf nicht von den Ergebnissen eines grünen Parteitages abhängen.“

AfD gegen „planwirtschaftliche“ Konzepte zum Abwehrschirm

Die AfD hält dem Regierungsentwurf einen eigenen Antrag entgegen, der den Titel trägt: „Keine neuen Schattenhaushalte begründen“. Für sie trat Peter Boehringer ans Mikrofon. Auch er kritisierte, dass der Entwurf für den sogenannten Abwehrschirm zwar „vage Andeutungen“, aber kein Wort über eine konkrete Ausgestaltung verliere.

Mit der Gaspreisbremse werde ein „weiteres bürokratisches Monstrum geschaffen“. Boehringer zitiert den Haus- und Grundbesitzerverband. Dieser habe erklärt, der Entwurf sei von Leuten erarbeitet worden, die „noch keine Heizkostenabrechnung gesehen haben“. Im Kern wolle die Regierung eine Ermächtigung, um an parlamentarischer Kontrolle vorbei über einen „halben Jahreshaushalt im Verordnungsweg“ verfügen zu können.

Zudem seien die „planwirtschaftlichen“ Ansätze zu Gas- und Strompreisbremse vermeidbar, erklärte der AfD-Abgeordnete. Das Problem sei politisch gemacht. Eine konsequente Nutzung des gesamten Potenzials heimischer Kohle und Kernkraft könnte Erleichterung schaffen. Zudem könnte die Nutzung funktionsfähiger Nord-Stream-Kapazitäten wie bereits zuvor die Versorgungssicherheit sicherstellen. Stattdessen setze die Ampel im Winter auf „die Erwärmung, die man eigentlich bekämpfen will“, auf Kohle und auf französische Kernkraft.

Linke fordert Verstaatlichung der großen Energiekonzerne

Für die Grünen-Fraktion sprach Sven-Christian Kindler. Er bezog sich auf das Wahlergebnis von Niedersachsen und erinnerte an Wahlkampfäußerungen von Mittelberg und CDU-Chef Friedrich Merz. Diese hätten die Landtagswahl zu einer „Volksabstimmung über die Atomkraft“ stilisiert – und während Union und FDP deutlich verloren hätten, konnten die Grünen das beste Ergebnis ihrer Geschichte verbuchen. Die „Preiskrise fossiler Energieträger“ sei eine Folge der Regierungspolitik von Angela Merkel.

Die Linksabgeordnete Gesine Lötzsch nannte den Abwehrschirm-Entwurf einen „falschen Weg“. Die angedachten Maßnahmen würden vor allem „Villen-, SUV- und Poolbesitzern“ helfen. Die Regierung zeige sich einmal mehr als „Vermögensverwalter der oberen reichen zehn Prozent“. Damit zeige sich ein ähnliches Versagen wie bei der Mietpreisbremse, die am Ende eine noch größere Wohnungsnot geschaffen habe. Lötzsch forderte die Überführung der großen deutschen Energiekonzerne in die öffentliche Hand.

(Mit Material von dts)



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