Trotz Kanzler-Jubels auf dem Parteitag: SPD drohen 2024 mehrere Wahl-Desaster
Auf den ersten Blick wirkte der Bundesparteitag der SPD am Wochenende in Berlin wie ein Triumphzug für Bundeskanzler Olaf Scholz. Seine Rede wurde mit kräftigem Applaus bedacht, bei den Wahlen in die Vorstandsämter setzten sich als loyal geltende Weggefährten durch. Dennoch konnte der Parteitag nicht verbergen, wie tief die Partei in der Krise steckt – und wie ungelegen ihr das Superwahljahr 2024 kommt.
Scherbengericht über Sachsens Juso-Chefin
Dies offen auszusprechen, war jedoch nicht die beste Idee. Diese Erfahrung musste etwa die sächsische Juso-Vorsitzende Mareike Engel machen. Am Sonntag, 10. Dezember, trat sie vor das Mikrofon. Bevor ihre Ausführungen in Pfiffen und Buhrufen versanken, übte sie Kritik an der Politik der Bundesführung.
Für die schlechte Stimmung im Land und die „erschreckenden“ Umfragewerte der SPD, so bescheinigte Engel dem Kanzler, „für die bist auch du mitverantwortlich“. Die Genossen in Berlin müssten eine „anständige Politik“ machen, andernfalls drohe der Partei im nächsten Jahr ein Scheitern:
„Wenn die SPD bundesweit in den Umfragen einbricht, dann droht in Ostdeutschland der Existenzverlust. Wenn sie in Westdeutschland keine Wahlen mehr gewinnt, dann droht bei uns der Sprung unter die fünf Prozent.“
Kritik am Olaf belohnen Delegierte mit Buhrufen beim #SPDbpt23.
Klar, die Ost-#SPD kämpft ums Überleben. #MareikeEngel vs. #Scholz pic.twitter.com/hzWXVGlOL8
— ¯\_(ツ)_/¯ 🕊️ (@BB12_DE) December 11, 2023
SPD unter fünf Prozent wäre in Sachsen nicht auszuschließen
Zumindest für Sachsen ist die Aussage Engels offenkundig nicht völlig aus der Luft gegriffen. Das Szenario eines Scheiterns der SPD an der Fünf-Prozent-Hürde bei den Landtagswahlen im Oktober thematisieren mittlerweile auch Demoskopen.
Bereits drei Tage vor Mareike Engel hat der „Tagesspiegel“ damit sogar geschlagzeilt. Im Auftrag der „Sächsischen Zeitung“ hatte Civey die Stimmung im Freistaat erhoben. Wie auch Grüne und Linkspartei liegen die Sozialdemokraten bei sieben Prozent – Tendenz: weiter fallend. Schon bei der Landtagswahl 2019 war die SPD nur auf 7,7 Prozent gekommen.
Parteienforscher Hendrik Träger von der Universität Leipzig äußerte dazu:
„Der Weg von 7 zu 4,9 Prozent ist kurz, dafür spricht allein die statistische Fehlertoleranz bei Umfragen.“
Die Bundesregierung sei sehr unpopulär, und dies wirke sich üblicherweise bei Landtagswahlen aus. Sollten bereits die EU- und Kommunalwahlen im Frühjahr für die Ampelparteien mit herben Verlusten enden, könne dies zu einer weiteren Motivationsbremse werden.
Auch in Thüringen wäre die SPD einstellig
Vor allem für die EU-Wahlen sind die Vorhersagen bezüglich der SPD niederschmetternd. Das Institut „Wahlkreisprognose“ sieht die Partei bei zehn Prozent – und in keinem einzigen analysierten Wahlgebiet mehr auf Platz eins.
In Brandenburg kann die Partei immerhin noch auf den Ministerpräsidentenbonus zählen. Dort liegt sie aktuellen Umfragen zufolge bei 27 Prozent – damit jedoch nur noch auf Platz 2 hinter der AfD. In Thüringen würden derzeit noch neun Prozent die SPD wählen.
Vor allem der Versuch, in der Migrationspolitik einen Mittelweg zwischen Kontrolle und humanitärem Bekenntnis zu finden, könnte die Partei noch weiter in die Bredouille bringen. Die Stimmung im Land ist aufgeheizt, die Polarisierung bei dem Thema erheblich.
Familiennachzug und „Seenotrettung“: ja – Abschiebestopp und Frontex-Aus: nein
Auf dem Parteitag hatten sich die Sozialdemokraten für erleichterten Familiennachzug und Förderung der sogenannten Seenotrettung ausgesprochen. Gleichzeitig scheiterten die Jusos mit ihren Forderungen nach einer Abschaffung der Grenzschutzagentur Frontex und Anträgen gegen beschleunigte Asylverfahren und Abschiebungen.
Einem AfD-affinen Publikum wird allerdings auch dies zu weit gehen. Dies macht sich auch in der Stimmung auf X bemerkbar. Neben dem „Weedmob“, der die zögerliche Cannabispolitik der Genossen rügt, sind hauptsächlich Gegner einer weiteren Aufnahme von Asylbewerbern dort stark vertreten.
Steuern erhöhen, mehr Migration, Steuern erhöhen, mehr Familiennachzug, Erhöhen der Steuern, mehr Geld für Schlepperei im Mittelmeer und Steuern erhöhen. Bravo! Klatsch, Klatsch, Klatsch. pic.twitter.com/88lnth8XK1
— Max Stirner (@ernsterjuenger) December 11, 2023
Ukraine-Fangemeinde sah sich als Verlierer des Parteitags
Aber auch in Unterstützerkreisen der Ukraine ist man über die Ergebnisse des SPD-Parteitags enttäuscht. Zwar enthielt fast jede zweite Rede ein Bekenntnis zur weiteren Unterstützung des Landes, und die Partei zieht sich selbst einer angeblich verfehlten Russlandpolitik.
Gleichzeitig konnten Reste der Schröder-SPD noch einige Achtungserfolge erzielen. So gelang es Antragstellern aus Bremen beinahe, das Zwei-Prozent-Ziel der NATO aus dem außenpolitischen Leitantrag streichen zu lassen. Die Mehrheit gegen den Vorstoß war äußerst knapp.
Bereits am Samstag war der als besonders aggressiv geltende Ukraine-Unterstützer Michael Roth nicht mehr in den Bundesvorstand gewählt worden. Einige ihm Gleichgesinnte nahmen auch Anstoß am gemeinsamen Absingen der dort als „russisch“ geframten „Internationale“.
Spätestens nach dem dritten Bier haben dann auch die letzten Parteitagsdelegierten der #SPD beim „Roten Abend“ ihre #Moskau 🇷🇺Treue endgültig wiedergefunden und stimmen gemeinsam das Lied an…
Video @MichaelBroecker #SPDParteitag #spdbt23 #spdpt2023
— @BrennpunktUA 🇩🇪🇺🇦 (@BrennpunktUA) December 10, 2023
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