Strompreis von 4 Euro: Kilowattstunde so teuer wie ein Eis?
46,91 Cent. So viel zahlten private Stromkunden vor einem Jahr pro Kilowattstunde. Etwas über die Hälfte (53 Prozent) davon bekam der Stromanbieter, ein Fünftel (20 Prozent) erhielten die Netzbetreiber und ein gutes Viertel (27 Prozent) ging als Steuern, Umlagen und Abgaben an den Staat.
Im Rahmen der Energiewende wird indes immer wieder betont, dass die Stromkosten sinken werden. Dem hat eine neue Studie von Prof. Veronika Grimm von der Technischen Universität Nürnberg zuletzt widersprochen, denn dabei werde nur ein Faktor, die sogenannten Stromgestehungskosten, betrachtet. Unberücksichtigt blieben die zwingend erforderlichen Reservekraftwerke und/oder Energiespeicher. Grimm ist als sogenannte Wirtschaftsweise Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.
In Wirklichkeit machen die Stromgestehungskosten – jene Kosten, die tatsächlich für die Erzeugung des Stroms anfallen – nur einen Teil der Zahlungen an den Stromanbieter aus. Hinzu kommen die Gewinnmargen der Kraftwerksbetreiber und die Tatsache, dass viele Stromanbieter selbst keine Kraftwerke haben. Stattdessen kaufen sie den Strom ihrerseits ein, haben Personalkosten und möchten natürlich auch Gewinne erzielen.
Strompreis: Eine Kugel Eis pro Kilowattstunde
Unterm Strich kostet eine Kilowattstunde (kWh) Strom, die aus dem Kraftwerk kommt, heute meist zwischen 5 und 20 Cent. Für Wind- und Solarstrom gehen Grimm und ihre Kollegen Leon Oechsle und Prof. Gregor Zöttl von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg in ihrer Arbeit von derzeit etwa 5,5 und 4 Cent pro kWh aus. Zur Vereinfachung lässt sich damit sagen, knapp ein Viertel dessen, was der Stromkunde zahlt, landet beim Erzeuger. Der Rest geht an Zwischenhändler, Aktionäre und den Staat.
Darauf aufbauend erscheint das Fazit von Grimm in einem anderen Licht. Nicht nur werde der Strompreis aller Voraussicht nach nicht sinken. Bei Bereitstellungskosten von 60 Cent oder mehr pro kWh, wie sie sie in ihrer Studie berechnen, ist eine Vervielfachung der Strompreise nicht auszuschließen.
In einem Szenario, bei dem der Strombedarf durch Photovoltaik und Batteriespeicher zur Überbrückung von Dunkelflauten gedeckt wird, belaufen sich die Strombereitstellungskosten sogar auf über 99 Cent pro kWh. Wendet man darauf die aktuelle Kostenstruktur an, müsste der Verbraucher vermutlich etwa 4 Euro pro kWh bezahlen. So viel kostet eine Kugel Eis – im Sommer an der französischen Riviera.
Ein Gegenbeispiel verkündete Anfang März Dr. Björn Peters, Finanzchef von Dual Fluid Energy. Die Reaktoren seiner Firma sollen den Endkundenpreis auf rund 10 Cent pro kWh senken. Das entspräche Stromgestehungskosten von 2,5 Cent pro kWh.
100 Prozent Fossile trotz ausgebauten Erneuerbaren
In der Studie von Grimm und ihren Kollegen bilden die Stromproduktionen von Wind- und Solaranlagen die Grundlage der Berechnung. Die Bundesregierung hat diese Energiequellen im Rahmen der Energiewende priorisiert. Grimm sagte in diesem Zusammenhang, dass sich durch die sogenannten erneuerbaren Energiequellen „in vielen Stunden des Jahres Versorgungslücken ergeben“. Denn nicht immer scheint die Sonne und auch der Wind weht nicht durchgehend.
Dementsprechend müssen „enorme Kapazitäten“ der Erneuerbaren errichtet werden, weit mehr, als die regelmäßige Nachfrage erfordere. Außerdem müsse Strom in Zeiten von Überproduktion in großem Umfang gespeichert werden, sodass er die Versorgungslücken schließen könne. Andernfalls müssen regelbare, wetterunabhängige Kraftwerke die Stromversorgung gewährleisten. Dazu heißt es in der Ausarbeitung von Grimm weiter:
„Batteriespeicher spielen bei Verfügbarkeit von [Gas-]Kraftwerken keine oder lediglich eine sehr geringe Rolle. Die installierte Leistung der Gaskraftwerke wird in der zur Deckung der Nachfrage kostenminimalen Lösung so gewählt, dass die Spitzenlast vollständig oder fast vollständig gedeckt werden kann.“
Mit anderen Worten: Egal, wie viel Erneuerbare zugebaut werden, solange keine Speicher zur Verfügung stehen, sollten konventionelle Kraftwerke die Stromerzeugung – jederzeit und in vollem Umfang – übernehmen können. Andernfalls steigen die Preise.
Batterien zu teuer, Erdgas unerwünscht, Wasserstoff ungewiss
So verdeutlicht obige Aussage auch: Selbst in einer Welt, die ihren Strombedarf (zeitweise) vollständig aus erneuerbaren Energien decken kann, spielen Batteriespeicher aufgrund der Kosten praktisch keine Rolle. Daran werde sich laut Studie auch in Zukunft nichts wesentlich ändern.
Gaskraftwerke als Back-up werden in den nächsten Jahren jedoch ebenfalls teurer. Das liege allerdings an steigenden Preisen für CO₂-Zertifikate und ist damit politischer Natur.
Die Hoffnung liegt damit auf Wasserstoff, sowohl als Speicher als auch für Reservekraftwerke. Beide Technologien sind jedoch Jahre von der Umsetzung entfernt, geschweige denn dem industriellen Maßstab. Sollte sich dies nicht binnen kürzester Zeit ändern, prognostizieren Grimm und ihre Kollegen Strombereitstellungskosten für Solar- und Windstrom von jeweils etwa 8 Cent pro kWh – doppelt so viel wie heute.
Sie weisen jedoch auch darauf hin, dass diese, wie zuvor beschrieben, keine direkten Rückschlüsse auf die Preise für Endkunden zulassen. Gewinnmargen, Abgaben an den Staat, Marktpreise und politische Vorgaben, welche Energien wie stark zu nutzen sind, sowie weitere Faktoren können den Strompreis ihrerseits „beeinflussen“. Dass er sinkt, scheine jedoch unwahrscheinlich.
Die Studie „Stromgestehungskosten von Erneuerbaren sind kein guter Indikator für zukünftige Stromkosten“ können Sie einschließlich der Quellenangaben hier einsehen.
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