Rückenwind für Lindners Kernkraft-Pläne – von Greta Thunberg
Eine unerwartete Form von Rückendeckung hat FDP-Chef Christian Lindner in der Frage der Laufzeitverlängerung für deutsche Kernkraftwerke erhalten. Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat in einem Interview mit ARD-Talkmasterin Sandra Maischberger die Sinnhaftigkeit des Atomausstiegs angezweifelt. Das Interview soll am Mittwoch, 12. Oktober, gesendet werden.
Greta Thunberg gegen dogmatisches Festhalten am Atomausstieg
Thunberg hält es vor allem für problematisch, in Zeiten der Gaskrise die Energiegewinnung aus Kohle zu forcieren. Als Technologie ohne CO₂-Ausstoß wäre die Kernkraft nach Überzeugung vieler Klimabewegter außerhalb des deutschen Sprachraums der Kohle vorzuziehen. Bei „Maischberger“ äußerte Thunberg in Bezug auf die deutschen Kernkraftwerke:
Wenn sie schon laufen, glaube ich, dass es ein Fehler wäre, sie abzuschalten und sich der Kohle zuzuwenden.“
Es sei, so die Initiatorin von „Fridays for Future“, eine „schlechte Idee“, die Kohle zu reaktivieren, solange „das Andere“ noch existiere. Thunberg wollte sich noch nicht einmal darauf festlegen, ob der deutsche Atomausstieg nach dem Ende der Krisenphase beibehalten werden solle:
Kommt drauf an, was passiert.“
Zwar betonte die mittlerweile 19-Jährige weiterhin ihre Präferenz für erneuerbare Energieträger, allerdings verstehe sie die „Notwendigkeit, die Bürger vor zu hohen Energiekosten zu schützen“. In dieser Situation sei die Kernkraft einer Renaissance fossiler Energiequellen vorzuziehen.
Belehrung durch Erneuerbare-Lobbyistin Peter
FDP-Chef Lindner reagierte zeitnah auf die Äußerung Thunbergs und schrieb auf Twitter:
Ich begrüße den Zuspruch der #FFF-Initiatorin Greta #Thunberg für die FDP-Position, unsere #Kernkraftwerke am Netz zu lassen. In diesem Energiekrieg muss alles ans Netz, was Stromkapazitäten schafft. Die Gründe sprechen für sich – ökonomisch und physikalisch. CL“
Wenig beeindruckt zeigen sich unterdessen die deutschen Grünen. Die frühere Parteisprecherin und Präsidentin des „Bundesverbandes Erneuerbare Energie“ Simone Peter belehrt die schwedische Klimaaktivistin mit der Aussage:
(Nicht nur) in D macht das keinen Sinn, liebe Greta: die Betriebsgenehmigungen laufen aus, Sicherheitsüberprüfungen fanden deshalb nicht mehr statt, das Uran kommt auch aus Russland, und vor allem: zum Ausgleich der #Erneuerbaren braucht es Flexibilität statt inflexible Volllast.“
Grüne gegen Greta Thunberg und Übertragungsnetzbetreiber
In der Regierungskoalition im Bund könnten sich die Spannungen zwischen Grünen und FDP in der Frage der Kernkraft zu einer Zerreißprobe ausweiten. Das „Handelsblatt“ schildert einen regelrechten Kleinkrieg zwischen den beiden kleineren Koalitionspartnern.
Offenbar hatte FDP-Chef Lindner darauf gebaut, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nach der Niedersachsen-Wahl Kompromissbereitschaft in der Laufzeitfrage zeigen würde. Derzeit sei nur ein Weiterbetrieb zweier Kernkraftwerke vorgesehen – und das nur bis April 2023.
Lindner ist jedoch alarmiert durch die Wahlschlappe seiner Partei vom vergangenen Sonntag und das Landtags-Aus in Hannover. Deshalb versucht er nun, durch ein forscheres Herangehen in der Kernkraftfrage, Profil zu gewinnen.
Neben Greta Thunberg hatten sich immerhin die vier Übertragungsnetzbetreiber für eine Nutzung aller Kraftwerkskapazitäten ausgesprochen. Anfang September hatten diese ihren Stresstest bezüglich der Stabilität der Stromnetze vorgelegt. Habeck deutet dessen Ergebnisse hingegen so, dass es ausreiche, zwei der drei Anlagen für den Notfall bereitzuhalten.
Zunehmende Spannungen zwischen FDP und Grünen
Am Montag verhinderte Lindner durch sein Veto die Zustimmung der Regierung zu Habecks Beschlussvorlage zum Weiterbetrieb von Isar 2 und Neckarwestheim. Der Bundesfinanzminister bestand darauf, dass zumindest auch das KKW Emsland ans Netz gehe.
Habeck warf Lindner vor, gegen eine „klare Verständigung“ zu verstoßen. Man habe sich darauf geeinigt, den Gesetzentwurf trotz unterschiedlicher Perspektiven durchs Kabinett zu bringen. Die jetzige Verzögerung sei „ein Problem, wenn man will, dass Isar 2 im Jahr 2023 noch Strom produziert“. Immerhin bedürfe es ja noch einer Einigung mit den Kraftwerksbetreibern selbst. Am Kraftwerk Isar 2 seien auch Reparaturen notwendig.
Der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse, erklärte, es reiche nicht einmal aus, alle drei aktiven Kernkraftwerke ans Netz zu bringen. Zusätzlich sollen seiner Einschätzung nach zwei bereits Ende 2021 vom Netz genommene Meiler reaktiviert werden:
Der Wahlkampf in Niedersachsen ist vorbei. Die Menschen in diesem Land erwarten von der Ampel pragmatische Entscheidungen und keine parteipolitischen Spielchen.“
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