Ramelow will pauschales Bleiberecht für Asylsuchende – und mehr Geld vom Bund
Wenige Tage vor dem ersten Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt hat Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow ein weitreichendes Bleiberecht für Schutzsuchende gefordert. Am Freitag, dem 5.5., erklärte er gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND), dies würde zum Abbau von Bürokratie beitragen. Außerdem könne man sich Abschiebedebatten ersparen und den Arbeitsmarkt entlasten.
Konkret spricht sich Ramelow dafür aus, die pauschale Anerkennung eines Bleiberechts bei Vorliegen bestimmter Bedingungen zu veranlassen. Dieses solle allen nach 2014 ins Land gekommenen Asylsuchenden zugutekommen, die mindestens drei Jahre in Deutschland gelebt hätten. Dabei dürften sie nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sein. Insgesamt würde ein solcher Schritt das Asylsystem entlasten, äußerte Ramelow.
Ramelow hält höhere finanzielle Beteiligung des Bundes für erforderlich
Allerdings ließ der Ministerpräsident auch anklingen, dass die Länder und Kommunen nicht in der Lage wären, die Kosten der Flüchtlingsbetreuung allein zu bewältigen. Deshalb forderte Ramelow, wie das ZDF berichtet, mehr finanzielle Unterstützung vonseiten des Bundes. Dieser hatte es zuletzt jedoch beharrlich abgelehnt, weitere monetäre Mittel zur Verfügung zu stellen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte bereits in Eigenregie zwei Flüchtlingsgipfel mit Vertretern von Ländern und Kommunen abgehalten. Diese fanden im Oktober des Vorjahres und im vergangenen Februar statt.
Faeser hatte in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass im Vorjahr 3,25 Milliarden Euro an die Länder geflossen seien. Für dieses Jahr habe der Bund ebenfalls bereits 2,7 Milliarden zugesagt. Die Länder sollten das Geld an die betroffenen Kommunen weiterleiten, dies sei jedoch nicht in allen Fällen geschehen.
Zudem habe der Bund den Ländern zusätzliche eigene Immobilien zur Unterbringung von Geflüchteten zur Verfügung gestellt. Diese seien ebenfalls nicht hinreichend ausgelastet.
Städte- und Gemeindebund verweist auf zusätzliche Aufgaben
Aus den Kommunen heißt es jedoch, die Mittel des Bundes reichten nicht annähernd aus, um alle Kosten im Zusammenhang mit der Integration abzudecken. Diese erschöpfe sich nicht in der bloßen Unterbringung oder der Bezahlung ergänzender Sozialleistungen.
Der Präsident des Städte- und Gemeindebundes, Uwe Brandl, wies gegenüber dem BR auf noch deutlich weitergehende Verpflichtungen hin. Diese reichten von Integrationskursen bis hin zur Betreuung von Kindern in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen.
Zudem, so Brandl, sei die Lage auf dem Wohnungsmarkt unabhängig von der Flüchtlingssituation „jetzt schon grenzwertig“. Es drohe ein zunehmender Akzeptanzverlust aufseiten der Bevölkerung, was am Ende auch der Integration schade. Die Bundesrepublik habe in der Vergangenheit in diesem Bereich überproportional viel geleistet. Jetzt sei Weitsicht gefragt:
Wir dürfen heute eins nicht zulassen, nämlich dass die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit insgesamt überfordert wird.“
Lindner: „Länder stehen besser da als der Bund“
Aus dem Bund heißt es wiederum, die Länder seien hinreichend gut finanziell ausgestattet – und zum Teil sogar in einer günstigeren Situation als der Bund. Deshalb erklärte auch Bundesfinanzminister Christian Lindner laut ZDF, es werde keine zusätzlichen finanziellen Mittel geben.
Die Länder hätten in den vergangenen Jahren einen Überschuss erzielt, demgegenüber hätten die Krisen den Bund gezwungen, hohe Schulden aufzunehmen:
Insofern müsste eigentlich der Bund die Länder um Unterstützung bitten und nicht umgekehrt.“
Der BR verweist auf eine Auflistung des Bundes, die dem ARD-Hauptstadtstudio vorliege. Dieser zufolge gebe der Bund in diesem Jahr selbst fast 27 Milliarden Euro für Geflüchtete aus. Zehn Milliarden davon entfielen auf Sozialleistungen – auch für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Elf Milliarden investiere der Bund, um im Ausland Fluchtursachen zu bekämpfen. Dies zeige, dass der Bund die Länder nicht im Stich lasse.
Neben dem schrumpfenden Anteil des Bundes an den gesamten Steuereinnahmen sei auch das Grundgesetz eindeutig. Es erkläre die Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten zur Sache von Ländern und Kommunen, so Lindner.
Regierung Ramelow nahm 2022 mehr Geflüchtete auf als 2015
Im vergangenen Jahr war die Anzahl der Erstanträge auf Asyl in Deutschland um 47 Prozent auf knapp 218.000 gestiegen. Die meisten Asylsuchenden stammten aus Syrien und Afghanistan. Der Trend hat sich in den ersten Monaten des Jahres 2023 fortgesetzt.
Zudem waren im Vorjahr mehr als eine Million Menschen vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet. Diese sind nicht dem regulären Asylprocedere unterworfen.
Der Freistaat Thüringen, dessen Ministerpräsident Bodo Ramelow nun ein großzügiges Bleiberecht fordert, hatte im Vorjahr knapp 38.000 Schutzsuchende aufgenommen. Von diesen stammten etwa 32.000 aus der Ukraine. Damit hatte Thüringen im Vorjahr mehr Geflüchtete aufgenommen als im Jahr 2015 auf dem Höhepunkt der damaligen Migrationsbewegung. Damals hatten 29.600 Menschen im Freistaat Aufnahme gefunden.
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