Plus 38 Prozent: Wohnungslosigkeit in NRW auf Höchststand
Die Zahl der Menschen ohne eigene Wohnung ist in dem bevölkerungsstärksten Bundesland auf einen neuen Höchststand gestiegen. Das teilte das Sozialministerium von Nordrhein-Westfalen am 26. Juli mit.
Laut Wohnungslosenstatistik hatten zum Stichtag 30. Juni 2023 insgesamt 108.590 Menschen keine reguläre Wohnung mit eigenem Mietvertrag. Das sind rund 30.000 – beziehungsweise 38,6 Prozent – mehr Wohnungslose als im Jahr zuvor.
Dabei sind 98,7 Prozent der in der Statistik erfassten Menschen untergebracht. Sie leben in Notunterkünften oder wohnen ohne eigenen Mietvertrag in von den Kommunen zur Verfügung gestellten Wohnungen, in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe oder auch bei Bekannten und leben somit nicht auf der Straße. Als obdachlos gelten rund 1.400 Menschen in NRW.
Migranten beeinflussen Statistik maßgeblich
Laut der Landesregierung liegt der Hauptgrund für den Anstieg der Zahl der wohnungslosen Menschen in den vergangenen zwei Jahren in der Migration, insbesondere durch Menschen aus der Ukraine. Fast alle Migranten kommen zumindest zunächst in zentralen Landesunterkünften oder in kommunalen Unterkünften unter.
Damit haben sie erst einmal keine eigene Wohnung und werden in der Wohnungsnotfallberichterstattung erfasst. Anerkannte Migranten machen mit 62,8 Prozent den Großteil der Wohnungslosen in Nordrhein-Westfalen aus.
Fast ein Drittel der Wohnungslosen (29,3 Prozent) sind Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine (30.880 Menschen). Unter allen wohnungslosen anerkannten Migranten in NRW gab es rund 22.400 Kinder. Knapp jedes zweite Kind unter 18 stammte hierbei aus der Ukraine.
Drei Viertel (75,8 Prozent) der erfassten wohnungslosen Menschen hatten zum Stichtag eine nicht-deutsche Staatsangehörigkeit. Zum Vergleich: Im Jahr zuvor lag dieser Anteil bei 66,2 Prozent, 2019 nur bei 49,4 Prozent.
Neben Flüchtlingen aus der Ukraine gab es auch wieder einen verstärkten Zuzug von Migranten aus dem außereuropäischen Bereich, die von den Kommunen unterzubringen sind.
Erstmalig wurden in der Wohnungslosenstatistik Erhebungsmerkmale wie beispielsweise Nationalität/Herkunftsland, Fluchthintergrund oder Schutzstatus ausgewiesen.
Sozialminister: Eine der schlimmsten Formen von Armut
Nach Aussage von Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) ist dieser erneut starke Anstieg aufgrund der „vielen geflüchteten Menschen keine Überraschung“. Dennoch wolle er beim „Kampf gegen Wohnungslosigkeit nicht nachlassen“.
Um die Anzahl der Wohnungslosen abzufedern, will das Ministerium laut Laumann die Landesinitiative gegen Wohnungslosigkeit „Endlich ein ZUHAUSE“ fortsetzen. Die finanzielle Förderung für das Jahr 2024 liege wie im Vorjahr bei rund 15,7 Millionen Euro. „Die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit liegt mir besonders am Herzen. Denn Wohnungslosigkeit ist nach Hunger die schlimmste Form von Armut“, erklärte der Sozialminister.
Das Ministerium hat die Fördermittel dafür in den vergangenen Jahren stetig erhöht. Im Jahr 2018 waren es 1,85 Millionen Euro, 2020 dann 7,1 Millionen Euro. Weitere zwei Jahre später verdoppelte sich der Zuschuss auf 14 Millionen Euro.
Laut Landesregierung konnten bis heute mehr als 11.300 wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen durch die Initiative ein neues Zuhause finden. Darunter waren 2.040 Haushalte mit Kindern und 413 Menschen, die zuvor auf der Straße gelebt hatten.
In den Städten und Großstädten ist die Wohnungslosigkeit stärker verbreitet als in den Landkreisen. Zum einen ist in vielen Stadtgebieten der Wohnungsmarkt sehr angespannt. Es gibt meist eine hohe Nachfrage nach Wohnungen, das Angebot ist aber oft knapp.
Zum anderen bieten Städte in der Regel ein größeres und vielseitigeres Angebot von Hilfseinrichtungen und Unterkunftsmöglichkeiten, was für wohnungslose Menschen aus ländlichen Gebieten attraktiv sein kann.
Fast ein Viertel aller Wohnungslosen in NRW
Zum Stichtag 31. Januar 2024 erfasste auch das Statistische Bundesamt (Destatis) die Zahlen der untergebrachten wohnungslosen Personen in ganz Deutschland. Sieben Monate nach der Erhebung des Ministeriums in NRW sank die Zahl dort leicht auf 105.100 Menschen und bleibt somit das Bundesland mit den meisten Wohnungslosen. In ganz Deutschland fielen Ende Januar 439.465 Menschen in diese Statistik. Ein Jahr zuvor waren es rund 372.000.
NRW hat somit einen Wohnungslosenanteil von 23,9 Prozent, also fast einem Viertel. Dabei leben in NRW rund 21,5 Prozent der deutschen Bevölkerung.
Gemessen an der Staatsangehörigkeit bilden die Ukrainer mit knapp einem Drittel (31 Prozent oder 136.900 Menschen) weiterhin die größte Gruppe zum Stichtag. Überhaupt dominieren Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit mit 86 Prozent oder 377.900 Personen die Statistik der untergebrachten Wohnungslosen in Deutschland. Ein Jahr zuvor waren es noch 84 Prozent.
Entsprechend sank der Anteil derer mit deutscher Staatsangehörigkeit von 16 auf 14 Prozent. Mengenmäßig vergrößerte sich ihre Anzahl jedoch leicht von 60.200 auf 61.500.
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