Organspender-Lotterie soll Menschenleben retten – Idee stößt auf heftige Kritik

Seit Jahren gibt es Diskussionen, wie man die Anzahl der Organspender erhöhen kann. Nun hatten zwei nicht-medizinische Wissenschaftler eine kuriose Idee.
Organspenden
Um mehr Menschen als potenzielle Organspender zu gewinnen, haben zwei Wirtschaftswissenschaftler eine Lotterie vorgeschlagen.Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
Epoch Times13. Dezember 2023

Mit einer Lotterie könnten aus Sicht zweier Wirtschaftswissenschaftler mehr Menschen dazu bewegt werden, sich als Organspender registrieren zu lassen. Jeder Inhaber eines Organspendeausweises könnte automatisch an einer jährlichen Lotterie teilnehmen, bei der Preise von bis zu zehn Millionen Euro verlost werden, schlagen der Ökonom Hanno Beck von der Hochschule Pforzheim und der Finanzwissenschaftler Aloys Prinz von der Universität Münster vor. Finanziert werden sollen die Preise vom Staat oder den Krankenkassen. Die Reaktionen auf den Vorschlag sind kritisch. Die derzeitige Gesetzeslage lässt eine solche Lotterie auch gar nicht zu.

„Lotterien als Instrument der Wirtschaftspolitik sind in anderen Ländern durchaus üblich“, erklären die Professoren. Zudem argumentieren die beiden, die öffentliche Aufmerksamkeit, die eine solche Lotterie jedes Jahr erhalten dürfte, wäre hilfreich beim Versuch, die Anzahl der Organspender zu steigern.

Beck und Prinz sehen zwar mögliche Probleme bei ihrer Idee – etwa, dass sich auch Menschen mit ungesundem Lebenswandel als Organspender registrieren lassen könnten. Dies gebe es aber auch bei allen anderen Bemühungen, Organspender zu suchen. Damit sich niemand erst kurz vor der Auslosung einen Organspendeausweis holt und danach zurückgibt, soll die Bedingung für die Teilnahme an der Lotterie laut dem Vorschlag sein, dass man mindestens ein Jahr registriert sein muss.

Vorschlag rechtlich und ethisch umstritten

Die Deutsche Transplantationsgesellschaft (DTG) teilte mit, grundsätzlich alle Vorschläge zur Verbesserung der Organspendezahlen gut zu finden. „Allerdings gibt es in Deutschland kein Spenderregister. Somit ist es nicht möglich, eine Verlosung unter Inhabern von Organspendeausweisen zu veranstalten“, so der Vorstand.

Das Bundesgesundheitsministerium erklärte, der Vorschlag der Forscher widerspreche dem Transplantationsgesetz. „Eine wie auch immer geartete Gegenleistung für eine Organspende steht im Konflikt mit dem gesetzlich verankerten und strafbewehrten Organhandelsverbot.“

Jeglicher Anreiz, die Spendebereitschaft zu erklären, widerspräche zudem dem Prinzip der Freiwilligkeit. „Die persönliche Entscheidung für eine Organspende sollte immer freiwillig sein“, hieß es. „Dies bedeutet, dass es weder einen rechtlichen Zwang geben darf, noch dass die Entscheidung aus nicht altruistischen Erwägungen heraus getroffen wird.“ Altruismus bedeutet so viel wie Uneigennützigkeit.

Eine Kommerzialisierung kann auch aus Sicht des Gießener Rechtsprofessors Steffen Augsberg, der Mitglied im Deutschen Ethikrat ist, nicht die Lösung sein. Zwar sei es keine Selbstverständlichkeit, dass Menschen Organe spenden, dennoch müsse die Wertschätzung einer solchen Entscheidung immaterieller Art sein, betonte er. Sonst könne es passieren, dass sich gerade Menschen mit Geldsorgen aus diesem Grund – und nicht aus tatsächlicher Überzeugung – einen Organspendeausweis ausstellen lassen.

Wir wollen auch nicht, dass jemand aus finanzieller Not eine Niere verkauft. Daher ist das verboten“, sagte Augsberg.

Sei der Weg einmal eingeschlagen und führe nicht sofort zum erhofften Erfolg, laufe man außerdem Gefahr, den Preis immer weiter in die Höhe zu treiben. Eine Lotterie sei ein spielerischer Ansatz, der vielleicht sogar die Zahl der Organspendeausweise steigen lassen könnte. „Aus normativer Sicht ist es aber zweifelhaft, dass das einer diffizilen, komplexen Situation angemessen ist“, erklärte der Professor.

Wann ist ein Mensch tot?

In Deutschland müssen Ärzte vor einer Organspende den Hirntod des Spenders feststellen. Schon seit Jahrzehnten sorgt diese Voraussetzung für kontroverse Diskussionen. Dabei stellte schon Dr. Rudolf Pichlmayr, ein Pionier in der Lebertransplantation, bereits im Jahr 1987 fest:

Wenn wir die Gesellschaft über die Organspende aufklären, bekommen wir keine Organe mehr.“

Beim Hirntod ist nur ein Teil des menschlichen Körpers ausgefallen, ein anderer Teil ist jedoch noch am Leben. Lediglich sind die Gehirnaktivitäten nicht mehr messbar. Das zeigen auch Fallbeispiele, bei denen Menschen nach einem Hirntod wieder ins Leben zurückgekommen sind.

Für eine umfassende Aufklärung über das Thema Hirntod setzt sich der Verein Kritische Aufklärung über Organtransplantation (KAO) ein. Die Vereinsvorsitzende Renate Greinert hatte die Organe ihres Sohnes nach einem schweren Unfall nach dessen Hirntod zur Spende freigegeben – eine Entscheidung, die sie später bereute. Angehörige von Patienten, aber auch Betreuer und andere Personen suchen bei KAO Rat. Auch Schulen wenden sich an den Verein, um Schüler ganzheitlich zum Thema Organspende aufzuklären.

Mangel an Spenderorganen

Seit Jahren ist in Deutschland von einem Mangel an Spenderorganen die Rede. Zwar ist die Zahl der Organspender im laufenden Jahr um elf Prozent auf 788 gestiegen, wie die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) vergangene Woche mitgeteilt hatte. Aber Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) machte deutlich, dass Deutschland im internationalen Vergleich damit nach wie vor schlecht abschneide. „Das ist beschämend und für die betroffenen Patientinnen und Patienten ist es lebensbedrohlich.“

Immer wieder werden über andere Modelle oder Verfahren bei der Organspende diskutiert. Dabei geht es vor allem um eine Widerspruchslösung. Diese würde bedeuten, dass jeder Mensch automatisch als Organspender gilt, wenn er dem nicht ausdrücklich widerspricht. Im Januar 2020 scheiterte diese Verfahrensweise vor dem Bundestag, trotzdem wird eine solche schon wieder diskutiert.

Andere Möglichkeiten, mehr Spenderorgane verfügbar zu machen, seien neben organisatorischen Verbesserungen zum Beispiel Änderungen bei den Vorgaben für Organspenden, sagte Augsberg. So werde derzeit die Organentnahme nach einem Herzstillstand diskutiert, die in anderen Ländern schon möglich sei. „Solche Ansätze sind zwar weniger plakativ, aber letztlich erfolgversprechender“, so der Rechtsprofessor. (dpa/red/sua)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion