„Dafür gibt es gar keinen Anlass“ – Kanzler lehnt Vertrauensfrage ab

Bundeskanzler Scholz sieht keinen Grund, die Vertrauensfrage zu stellen. Die Regierung habe eine stabile Mehrheit.
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Olaf Scholz, vor Robert Habeck und Christian Lindner am 15.11.2023Foto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times14. Dezember 2023

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht keinen Grund, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. „Dafür gibt es gar keinen Anlass, das gegenwärtig zu tun“, sagte er am Mittwoch in der ARD.

„Die Bundesregierung hat eine stabile Mehrheit und beschließt ihre Gesetze“, ergänzte er. „Vielleicht wünscht sich Herr Merz, dass das anders ist und deshalb pfeift er laut im Walde, aber ehrlicherweise: Das ist eigentlich mehr – wie soll ich sagen – eine etwas missglückte Macker-Geste.“

Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) warf der Regierung einen „Formelkompromiss“ und „finanzpolitische Trickserei“ vor. Davon abgesehen sei das „Asylpaket“ der Ampel „krachend gescheitert“, so Merz: Teile der Ampelkoalition seien nicht einmal bereit, 600 zusätzliche Abschiebungen mitzutragen. Dabei sei Deutschland schon jetzt „an der Leistungsgrenze angekommen“.

Merz hatte Scholz am Mittwoch im Bundestag aufgefordert, das komplette Gesetzespaket aus der Bund-Länder-Einigung zur Migrationspolitik im Januar im Bundestag zur Abstimmung zu stellen und es mit der Vertrauensfrage zu verknüpfen. Damit würde Scholz sein politisches Schicksal mit dieser Sachfrage verbinden. Zuvor hatte die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP die Verabschiedung zweier Gesetze zur Migrationspolitik auf Januar verschoben, weil sie sich noch nicht auf alle Einzelheiten einigen konnte.

Die Maßnahmen der Ampel seien keine Steuererhöhungen

Nach tagelangen Verhandlungen hatte Scholz sich in der Nacht zu Mittwoch mit seinem Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) auf einen Kompromiss beim Bundeshalt 2024 verständigt. Geplant ist unter anderem eine stärkere Anhebung des CO2-Preises, der auf die Benzin- und Gaspreise durchschlägt. Die Streichung des Zuschusses für die Netzentgelte dürfte zu höheren Strompreisen führen.

Scholz widersprach Analysen, dass die Regierung ein Belastungspaket aufgelegt habe. Zudem baue die Ampel-Koalition umweltschädliche Subventionen ab. Dies sei „sehr vertretbar und sehr verantwortbar auch im Hinblick auf die Belastung für die Bürger“.

„Wir haben sehr unterschiedliche Berechnungen und es sind, wenn es um die Benzinpreise zum Beispiel geht, sehr geringe zusätzliche Belastungen.“ Was er viel wichtiger finde, sei, dass man alles das aufrechterhalte, was „so wichtig“ sei und was auch zur Entlastung vieler Bürger beitrage.

„Wir haben jetzt Steuerentlastungen beschlossen, die alle zusammen 15 Milliarden Euro umfassen. Bei denen bleibt`s“. Das betreffe kleine und mittlere Einkommen und man habe dafür gesorgt, dass diejenigen, die wenig verdienten, entlastet würden, mit zum Beispiel einem höheren Wohngeld und höherem Kindergeld. „Das sind alles Maßnahmen, die ja miteinander im Zusammenhang begriffen werden sollen.“

Scholz sagte, die Maßnahmen der Ampel seien keine Steuererhöhungen: „Es gibt keine Sozialkürzungen, es gibt keine Steuererhöhungen – auf die Einkommensteuer zum Beispiel oder auf Unternehmenssteuern, es gibt keinen Verzicht auf das, was an Modernisierung stattfindet.“

„Wir machen das sicher richtig“

Auf die Frage, ob der Kanzler zurücktreten werde, wenn der Haushalt noch einmal vom Verfassungsgericht kassiert würde, sagte Scholz: „Wir machen alles so, dass das alles verfassungsfest ist, wir haben jetzt endlich eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bekommen. Die lesen wir uns immer wieder sehr sorgfältig durch, da sind viele Fragen entschieden – übrigens auch viele Fragen anders entschieden, als das in der Praxis des Bundes und der Länder in den letzten 20, 30 Jahren gewesen ist.“

Das habe also Konsequenzen, die weit über das hinausgingen, was gegenwärtig alle diskutierten. Das Jährlichkeits- und Jährigkeitsprinzip zum Beispiel sei so strikt, wie es das Bundesverfassungsgericht jetzt vorschreibe, „wahrscheinlich nirgendwo“ gehandhabt worden. „Das wird also auch Auswirkungen haben. Wir alle schauen ständig hin und wir machen das sicher richtig“, sagte Scholz.

Scholz räumte ein, dass bei den geplanten Maßnahmen noch eine Reihe von Dingen geklärt werden müssten. Dies sei viel Arbeit für die betroffenen Ministerien, sagte er. Ziel sei es, „möglichst Ende Januar, Anfang Februar allerspätestens“ den Haushalt 2024 zu beschließen.

69 Prozent sind mit Scholz unzufrieden

Die Ampel-Parteien stecken im Umfrage-Keller. Die Zustimmungswerte zur Regierung und zum Regierungschef sind konstant schlecht: 69 Prozent sind mit der Arbeit von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unzufrieden (zufrieden: 23 Prozent), wie die jüngste Umfrage von Insa zum Sonntagstrend zeigte. Mit der Bundesregierung sind sogar 72 Prozent unzufrieden.

Mit Blick auf die niedrigen Umfragewerte zeigte sich Scholz überzeugt, dass sich dies bis zur Bundestagswahl 2025 ändern werde. In Zeiten vieler Krisen habe seine Regierung „viele Dinge zustande gebracht“, sagte er. Dies könne die Basis dafür sein, dass sich auch er und seine SPD „erfolgreich an die Wiederwahl“ machen könnten.

Notlage in Deutschland für die Ukraine denkbar

Die Ampel-Regierung hatte sich nach wochenlangem Ringen am Mittwoch auf eine Lösung für den Haushalt 2024 verständigt. Dort musste infolge des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts eine Finanzlücke von 17 Milliarden Euro geschlossen werden. Dies geschieht über ein Bündel von Maßnahmen von Einsparungen über Abgabenerhöhungen bis zu Subventionsstreichungen.

Die Schuldenbremse will die Ampel-Regierung im kommenden Jahr nach bisherigem Stand wieder einhalten. Sie schließt aber schon jetzt auch eine Notlage zu ihrer erneuten Aussetzung nicht aus, wenn sich die Ukraine-Krise verschärft und mehr Unterstützung des von Russland angegriffenen Landes mit Waffen und Finanzhilfe nötig ist.

Es müsse sichergestellt werden, „dass die Ukraine militärisch nicht überrannt wird“, sagte Scholz und betonte: Bei der Ankündigung, notfalls erneut die Schuldenbremse auszusetzen, gehe es auch um eine „klare Botschaft“ in Richtung von Russlands Präsident Wladimir Putin. Diese laute: „Rechne nicht damit, dass wir die Ukraine nicht mehr unterstützen“.

(dts/dpa/red)



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