Kahlschlag im ländlichen Raum: Fast 300 Millionen Euro weniger eingeplant

Fast 300 Millionen Euro weniger werden dem Agrarstruktur- und Küstenschutzprogramm GAK zur Verfügung stehen. Dies geht aus dem Haushaltsentwurf der Ampel für 2024 hervor.
«Nachhaltig wirtschaften muss sich lohnen», sagt Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne).
Wegen geplanter Kürzungen im Bereich der GAK in der Kritik: Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir.Foto: Britta Pedersen/dpa
Von 11. Juli 2023

Der Entwurf der Ampelkoalition für den Bundeshaushalt 2024 wird voraussichtlich vor allem auf Kosten des ländlichen Raumes gehen.

Unter anderem steht eine deutliche Kürzung der Mittel an, die der „Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz“ (GAK) zur Verfügung stehen. Die 1969 ins Grundgesetz eingeführte Einrichtung hatte zuletzt Zuschüsse des Bundes in Höhe von 1,13 Milliarden Euro erhalten. Künftig sollen es nur noch 840,3 Millionen sein.

Kürzungen bei der GAK sollen Schuldenbremse sichern

Wie „Agrar heute“ berichtet, hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir der Kürzung bei der GAK um 293 Millionen Euro zugestimmt. Auf diese Weise wolle das Ministerium dazu beitragen, im kommenden Jahr die grundgesetzliche Schuldenbremse wieder einzuhalten.

Laut dem Entwurf des Agrarhaushaltes von Özdemir ist vorgesehen, dass die GAK-Sonderrahmenpläne ‚Förderung der ländlichen Entwicklung‘ und ‚Ökolandbau und biologische Vielfalt‘ komplett wegfallen.

Für den ländlichen Raum bedeute dies massive Einschnitte, denn die Gemeinschaftsaufgabe ist kofinanziert. Mit dem Bundesanteil büßen Landwirte und ländliche Kommunen damit zusätzlich Ländermittel in derselben Höhe ein.

Die GAK ist ein Programm der deutschen Bundesregierung und wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft verwaltet. Sie soll die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe stärken, die Agrarstruktur verbessern und die Umwelt schützen. Projekte, die in einem dieser Bereiche angesiedelt sind, können auf Fördermittel hoffen.

Zehn Bereiche sind grundsätzlich förderfähig

Wie das Ministerium selbst aufzählt, gibt es insgesamt zehn Bereiche, in denen Maßnahmen über Mittel aus der GAK förderfähig sind. Dazu gehören die integrierte ländliche Entwicklung, die gezielte Förderung landwirtschaftlicher Unternehmen oder die Verbesserung von Vermarktungsstrukturen.

Auch Forsten stehen Mittel aus der GAK zur Verfügung, ebenso wie Programmen zur Gesundheit und Robustheit landwirtschaftlicher Nutztiere. Ein weiterer dort genannter Bereich ist die „markt- und standortangepasste sowie umweltgerechte Landbewirtschaftung einschließlich Vertragsnaturschutz und Landschaftspflege“.

Ein besonderer Schwerpunkt des Programms sind wasserwirtschaftliche Maßnahmen und der Küstenschutz. Dazu kommen Projekte für benachteiligte Gebiete und Sonderrahmenpläne. Beispiele dafür sind Maßnahmen zum Insektenschutz, Hochwasserprävention oder die Förderung der ländlichen Entwicklung. Einen speziellen Rahmenplan gibt es auch für „Maßnahmen des Küstenschutzes in Folge des Klimawandels für den Zeitraum 2009 bis 2025“.

Förderung in Form eines Zuschusses oder einer Bürgschaft

Die konkreten Fördermaßnahmen beschließt der Planungsausschuss für Agrarstruktur und Küstenschutz als Rahmenplan. Er gilt für den Zeitraum der Finanzplanung, jährlich findet eine Überprüfung und erforderlichenfalls Anpassung statt.

Die Bundesländer setzen den bestehenden Rahmenplan über eigene Entwicklungsprogramme um. Zudem können sie ihn um eigene Maßnahmen ergänzen. Die Förderung erfolgt in Form eines Zuschusses oder einer Bürgschaft.

Obwohl der ursprüngliche Fokus der GAK auf dem Küstenschutz lag, ist die Gemeinschaftsaufgabe nicht ausschließlich auf Küstenländer beschränkt. Die Fördermittel stehen allen deutschen Bundesländern zur Verfügung, da auch in Binnenländern landwirtschaftliche Strukturen verbessert werden sollen. Sie alle haben nun mit deutlichen Einschnitten zu rechnen.

Backhaus: „Kürzungen bei der GAK zu Lasten der Daseinsvorsorge“

Aus Mecklenburg-Vorpommern regt sich bereits Protest. In einer Presseerklärung äußert sich der dortige Agrarminister Till Backhaus zu den geplanten Kürzungen. Diese stünden „im kompletten Widerspruch zum Bekenntnis der Bundesregierung, sich für die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse gerade auch in ländlichen Räumen einzusetzen“.

Internen Berechnungen des von Backhaus geführten Ministeriums zufolge würde allein dem nordöstlichen Bundesland ein Kahlschlag von bis zu 40 Millionen Euro drohen. Dabei habe es bereits für 2023 bundesweit eine Kürzung bei der GAK im Umfang von rund 190 Millionen Euro gegeben.

Mit seinen Kürzungen verleihe Özdemir „dem subjektiven Gefühl vieler Menschen, die sich und ihre Heimatregionen als abgehängt empfinden, eine objektive Beweiskraft“. Es scheine, „als hätten sich die Grünen dazu entschieden, den ländlichen Räumen keine Perspektive geben zu wollen“. Dies werde „antidemokratischen Kräften“ Auftrieb geben, so Backhaus.

Allein in der laufenden Förderperiode habe Mecklenburg-Vorpommern aus Mitteln der GAK Förderungen in Höhe von 147,7 Millionen Euro veranlasst. Diese wären an 70 Schulen, 148 Kitas und 138 Dorfgemeinschaftshäuser gegangen. Einsparungen an der GAK gingen zulasten der Grund- und Daseinsvorsorge, betonte der Minister.



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