Ist eine Rückkehr zur Atomkraft unvermeidbar?

Die Bundesregierung erwartet mit zunehmendem Ausbau der Erneuerbaren sinkende Strompreise. Das widerlegt der Makroökonom Daniel Stelter. Er sieht drohende Engpässe bei mehreren wichtigen Rohstoffen. Die Energiewende gelinge demnach nur mit Atomkraft.
Ist eine Rückkehr zur Atomkraft unvermeidbar?
Windkraftanlagen benötigen viele Rohstoffe. Treibt ein Engpass bald die Preise in die Höhe?Foto: iStock
Von 25. August 2023

Viele kritisieren den Ausstieg der Bundesregierung aus der Atomkraft. Der Unternehmensberater und Autor Dr. Daniel Stelter geht noch einen Schritt weiter: Seiner Ansicht nach ist eine Rückkehr zur Atomkraft unvermeidbar.

Denn die Rohstoffe für die Erneuerbaren stünden in absehbarer Zukunft nicht mehr in ausreichender Menge zur Verfügung, argumentiert Stelter in einem Gastbeitrag im „Handelsblatt“. Wind- und Solaranlagen benötigen nicht nur deutlich mehr Fläche als konventionelle Großkraftwerke, um auf die gleiche Leistung zu kommen. Zudem brauchen sie deutlich mehr – und teilweise deutlich seltenere – Materialien.

Engpass bald bei 13 Rohstoffen?

Der Unternehmensberater erwähnte diesbezüglich eine Untersuchung des US-Energieministeriums. Dieses stellte fest, dass bei 13 für die Energiewende wichtigen Rohstoffe das Risiko eines baldigen Engpasses sehr hoch ist. Neben seltenen Rohstoffen, die in Batterien oder Windkraftanlagen zum Einsatz kommen, stehen auf dieser Liste auch Aluminium, Kupfer und Silizium. In den kommenden Jahren könnte das Angebot auf dem Weltmarkt nicht mehr mit der steigenden Nachfrage mithalten.

Das treibt entsprechend deren Preise nach oben, sodass es immer teurer und möglicherweise unrentabler werden könnte, in Erneuerbare zu investieren – er sei denn, die Preise für diesen „grünen“ Strom stiegen entsprechend an.

China dominiert die Märkte

Als weiteren Punkt erwähnt Stelter die Vormachtstellung von China bei einigen Rohstoffen. Beispielsweise bei Gallium. Das kommunistisch regierte Land hat die Bedeutung des seltenen Metalls bereits früh erkannt und die Produktion von 2005 bis 2015 von 22 Tonnen auf 444 Tonnen gesteigert. Durch das entstandene Überangebot auf dem Weltmarkt waren Produzenten in Großbritannien, Deutschland, Ungarn und Kasachstan gezwungen, ihre Produktion einzustellen. In den Vereinigten Staaten wurde 2020 eine der letzten verbliebenen Produktionsanlagen für raffiniertes Gallium geschlossen.

Heute ist China praktisch der einzige Lieferant auf der Welt. Im Jahr 2022 belief sich die weltweit produzierte Menge von Primär-Rohgallium auf rund 550 Tonnen. Der Anteil Chinas lag bei weit über 90 Prozent, wie die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe kürzlich informierte.

China zeige laut Stelter nun, wie es mit dieser Macht umzugehen gedenkt: Seit diesem Monat müssen chinesische Hersteller für den Export von Gallium und Germanium eine Lizenz beantragen. „Dies gibt einen Vorgeschmack auf das, was noch kommen könnte, ist doch China auch bei anderen Rohstoffen in einer dominierenden Position“, vermutet Stelter.

Nicht alle haben die Folgen im Blick

Der Internationale Währungsfonds geht ebenfalls von einer zunehmenden Verknappung der Rohstoffe aus, berichtet „Blackout News“. Damit die Energiewende gelingen kann, benötigt es viele Ressourcen, die zu erschwinglichen Preisen zügig lieferbar sind.

Stelter geht aufgrund der zu erwartenden Verknappung der Rohstoffe davon aus, dass die Energiewende nicht gelingt, wenn die Bundesregierung ausschließlich auf Wind- und Sonnenenergie setzt. Eine Kombination mit Atomkraft sei nicht nur deutlich günstiger – sie werde darüber hinaus sogar „unausweichlich sein“.

Anderer Ansicht sind die Grünen in Bayern. Sie gehen davon aus, dass der fortschreitende Ausbau der Windenergie den Strom in Deutschland konstant günstiger werden lässt. Auf Plakaten zur diesjährigen Landtagswahl am 8. Oktober fordert die Partei auf: Wählt billigen Strom.

Dr. Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Forums „beyond the obvious“. Er ist Fachmann für Wirtschafts- und Finanzkrisen und berät internationale Unternehmen und Investoren zu den Herausforderungen der globalen Märkte.



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