Hoher Krankenstand in Sachsen – Corona-Ende und Fachkräftemangel als mögliche Gründe

Mehrere Kassen bestätigen, dass der Krankenstand in Sachsen 2022 einen neuen Höchststand erreichte. Einer der Gründe sei der Fachkräftemangel, erklärt die DAK Gesundheit.
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Die Krankenstände sind auf Rekordniveau.Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa/dpa
Von 16. Juni 2023

Nachdem bereits im April die Techniker Krankenkasse Höchstzahlen beim Krankenstand im Jahr 2022 verkündet hatte, haben weitere Krankenversicherungsträger diese nun bestätigt. Vor allem in Sachsen ist demnach die Anzahl der Fehltage im Vorjahr überdurchschnittlich stark angestiegen. Die Barmer Ersatzkasse und die DAK Gesundheit sehen dafür mehrere mögliche Gründe. Neben dem Ende der Corona-Maßnahmen sollen auch systemische Unwägbarkeiten eine Rolle spielen – etwa der Fachkräftemangel.

Besonders hoher Krankenstand in Fahrzeugtechnik und Pflegeberufen

Wie der MDR vor einigen Tagen berichtete, sprach der Gesundheitsreport der Barmer von 23,8 Krankheitstagen, die ihre Versicherten im Schnitt im Jahr 2022 zu verzeichnen hatten. Gegenüber dem Jahr 2021 sei dies ein Plus von vier Tagen gewesen. Waren vor zwei Jahren noch 54 Prozent der Barmer-Versicherten mindestens einmal krank gewesen, sei der Anteil im Jahr 2022 auf 72 Prozent gestiegen. Insgesamt habe es beim Krankenstand einen Anstieg von 5,4 auf 6,5 Prozent gegeben.

Die DAK Gesundheit legte wenig später ihren Gesundheitsbericht vor. Der „Sächsischen Zeitung“ zufolge lag der Krankenstand bei ihren Versicherten im Freistaat im Schnitt bei 5,8 Prozent. Die Kasse hatte Daten von rund 53.000 erwerbstätigen Krankenversicherten dafür ausgewertet.

In Branchen wie Maschinen- und Fahrzeugtechnik waren demnach sogar 82 von 1.000 Beschäftigten pro Arbeitstag im Krankenstand. Mit 7,8 beziehungsweise 7,5 Prozent war auch in den Bereichen Altenpflege sowie Kinderbetreuung besonders stark von Fehltagen betroffen.

Atemwegsinfektionen abseits von Corona gewinnen erneut an Bedeutung

In den meisten Fällen waren Atemwegsinfektionen der Grund für den Krankenstand. COVID-19 verlor dabei an Bedeutung, stattdessen stieg die Anzahl der Fälle von Bronchitis oder grippaler Infekte. Allerdings rangierten gleich dahinter Krankschreibungen infolge von Angsterkrankungen oder Depressionen. Häufig führten auch Erkrankungen des Muskel-Skelett-Apparates zu Fehltagen. Zudem leiden viele Beschäftigte im Freistaat unter Schlafstörungen und Kopfschmerzen.

Ein wahrscheinlicher Faktor für den Anstieg bei den Fehlzeiten ist DAK-Landeschefin Christine Enenkel zufolge der Wegfall der Corona-Maßnahmen. Dies habe zu einer leichteren Verbreitung von Krankheitserregern beigetragen:

Dadurch haben sich allein die Fehltage wegen Atemwegserkrankungen mehr als verdoppelt und den Krankenstand in Sachsen auf Rekordniveau getrieben.“

Dass Immunsysteme infolge der Pandemie untrainiert gewesen seien, habe die Situation zusätzlich verschärft. Allerdings sei auch zu berücksichtigen, dass die Erfassungsgenauigkeit des Krankenstandes infolge der Einführung der elektronischen Meldung zugenommen habe. Die Dunkelziffer bei den Erkrankungen sei dadurch geringer geworden.

Krankenstand als Folge immer stärkerer Belastungen

Ein weiterer Grund für die Zunahme der Fehltage sei jedoch ein systemischer, meint die DAK Gesundheit. Der Fachkräftemangel begünstige Faktoren, die schwerere Erkrankungen und längere Zeiten im Krankenstand erwarten ließen.

Einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Kasse zufolge klagen vier von zehn befragten Beschäftigten in Sachsen über zunehmende Belastungen. Diese seien dadurch bedingt, dass Arbeit mit vorhandenem Potenzial häufig nur noch unter größeren Anstrengungen zu bewältigen sei. Häufig müsse man Arbeiten fehlender Kollegen oder von nicht besetzten Positionen mitübernehmen.

Viele Beschäftigte fühlten sich überfordert. Sie hätten Angst, die Arbeit nicht mehr zu schaffen, verzichteten auf Pausen oder hätten zahlreiche Überstunden zu leisten. 52 Prozent der Befragten könnten auch in der Freizeit die Arbeit nicht ausblenden. 41 Prozent fehle es wegen der Belastung an Zeit für Sport und Bewegung, etwa 33 Prozent haben zu wenig Zeit für Familie und Hobbys. Einige Beschäftigte schleppten sich auch in krankem Zustand auf die Arbeit.

Situation wird sich voraussichtlich weiter verschärfen

DAK-Chefin Enenkel rät dazu, das Potenzial von Betrieblichem Gesundheitsmanagement stärker zu nutzen. Etwa sieben Prozent hätten aus gesundheitlichen Erwägungen bereits ihre Arbeitszeit reduziert, weitere 18 Prozent dächten darüber nach. Allerdings hätte dies zusätzliche Belastungen für die verbliebenen Kollegen zur Folge.

Die Ampelkoalition hatte zuletzt mehrfach ein Fachkräfte-Einwanderungsgesetz angekündigt, das helfen soll, den Folgen der Überalterung für den deutschen Arbeitsmarkt entgegenzusteuern. Bis dato bleiben jedoch weiterhin Details ungeklärt. Zudem hat der Standort Deutschland aus Sicht vieler potenzieller Fachkräfte im Ausland noch ein hohes Optimierungspotenzial im Hinblick auf seine Attraktivität.



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