Sachsen-Anhalt: Nach „Compact“-Veranstaltung auch „Sommerfest der Pressefreiheit“ untersagt
Das Verwaltungsgericht Halle muss sich derzeit mit einer Verbotsverfügung befassen, die das geplante „Sommerfest der Pressefreiheit“ betrifft. Dieses soll am Samstag, 27. Juli, auf dem Rittergut Nöbeditz des früheren AfD-Landesvorsitzenden von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, stattfinden. Die Polizeiinspektion Halle an der Saale und das Innenministerium in Magdeburg haben die Veranstaltung untersagt – sie gehen von einer Ersatzveranstaltung für das ebenfalls untersagte Sommerfest des jüngst verbotenen Magazins „Compact“ aus.
Poggenburg bestreitet „Compact“-Bezug bei „Sommerfest der Pressefreiheit“
Ein Indiz dafür sehen die Behörden unter anderem darin, dass Tag, Beginnzeit, aber auch Austragungsort des Sommerfests mit jenen der ursprünglich geplanten „Compact“-Veranstaltungen übereinstimmen. Die Kleinstpartei „Aufbruch Deutschland“, die Poggenburg 2018 gegründet hatte, sprach auf Facebook von einem durch das Verbot des „Compact“-Sommerfestes „frei gewordenen Termin“.
In der Bezug habenden Ankündigung vom vergangenen Sonntag heißt es:
„Weder Motto, Programmablauf, Ausstattung oder Veranstalter entsprechen dem ursprünglich anberaumten Compact-Fest.“
Es handele sich deshalb nicht „um eine direkte Ersatz- oder Nachfolgeinitiative“, weshalb auch kein Verbotsgrund entstanden sei. In der Ankündigung werden Interessierte dazu aufgefordert, keine Devotionalien des am 16. Juli nach dem Vereinsgesetz verbotenen, als rechtsextremistisch eingestuften Magazins mitzubringen.
Behörden sehen „hinreichende Wahrscheinlichkeit“ einer Ersatzveranstaltung
Der Polizeiinspektion Halle reichten diese Zusicherungen offenbar nicht aus. Sie spricht von einer „hinreichenden Wahrscheinlichkeit“, dass es sich bei dem „Sommerfest der Pressefreiheit“ doch um eine Ersatzveranstaltung für das „Compact“-Fest handele. Man gehe davon aus, dass „der organisatorische Zusammenhalt eines verbotenen Vereins unterstützt“ werde.
Die Veranstaltung müsse untersagt werden, um einen drohenden „Schaden für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ abzuwenden. „Aufbruch Deutschland“ kündigte an, in einem Eilverfahren gegen die Verbotsverfügung vorzugehen und die Aussetzung der Anordnung der sofortigen Vollziehung zu beantragen.
Die Behörden in Sachsen-Anhalt gehen von einem engen politischen Näheverhältnis Poggenburgs zu „Compact“-Verleger Jürgen Elsässer und zu dessen Magazin aus. Poggenburg war mehrfach als Redner bei Veranstaltungen von „Compact“ aufgetreten, hatte die Publikation offensiv beworben und postete in sozialen Medien Bilder, die ihn gemeinsam mit Elsässer zeigen.
Krah und Sellner sollten auf dem „Sommerfest der Pressefreiheit“ reden
Im Jahr 2022 war Poggenburgs Rittergut in Stößen sogar selbst Veranstaltungsort des „Compact“-Sommerfests. Teilgenommen hatten damals der in Gera aktive Nationalist Christian Klar [mit dem früheren RAF-Kader nicht verwandt oder verschwägert] und der langjährige NPD-Liedermacher Frank Rennicke.
Der „Compact“-Kanal auf Telegram kündigte selbst das „große Fest der Patrioten“ an – und eine „große Debatte, wie es mit der AfD weitergeht“. Poggenburgs Ankündigung zufolge ist hingegen die „Pressefreiheit in Deutschland“ das große Thema des Sommerfests. Als Redner sollen der frühere AfD-Spitzenkandidat zur EU-Wahl, Maximilian Krah, und der als Rechtsextremist eingestufte österreichische „Identitären“-Gründer Martin Sellner fungieren.
Im Zuge der Verbotsverfügung gegen „Compact“ war auch Poggenburgs Rittergut durchsucht worden. Dies sei einem Bericht des mdr zufolge im Zusammenhang mit dem ursprünglichen „Sommerfest“ erfolgt, die Einsatzkräfte hätten unter anderem Bühnenmaterial sichergestellt. Als Veranstalter des nun geplanten „Sommerfests“ fungiert „Aufbruch Deutschland“.
„Compact“ als „Radikalisierungsmaschine“ – Zweifel an Bestand des Verbots
Das Bundesinnenministerium hatte „Compact“ und die damit verbundene Conspect Film GmbH verboten, weil dieses „offensiv den Sturz der politischen Ordnung“ propagiere. Seit Dezember 2021 war das Medium zuvor durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft worden.
Die im Stile eines Boulevardmagazins gestaltete Publikation hat der Verbotsverfügung zufolge „antisemitische, rassistische, minderheitenfeindliche, geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Inhalte“ verbreitet. Bundesinnenministerin Nancy Faeser bezeichnete es als „zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene“. Dem Rechtsextremismus-Experten Andreas Speit zufolge habe es als „Radikalisierungsmaschine“ gewirkt.
Demgegenüber äußerten mehrere Publizisten und Rechtswissenschaftler Zweifel an der Bestandsfähigkeit des Verbots. Die Nichtregierungsorganisation (NGO) Reporter ohne Grenzen sprach von einem „rechtsstaatlich fragwürdigen“ Vorgehen. Die Pressefreiheit gelte „auch für unbequeme und schwer erträgliche Veröffentlichungen, auch solche mit extremen Inhalten“. Die „Legal Tribune Online“ weist darauf hin, dass der Bund keine Gesetzgebungskompetenz für das Presserecht habe. Der – möglicherweise deshalb vollzogene – Rückgriff auf das Vereinsrecht sei rechtlich zweifelhaft.
Elsässer war bis 2008 ein zentraler publizistischer Akteur erst der „antideutschen“, später der „anti-imperialistischen“ Linken. Er schrieb unter anderem für „konkret“ oder das „Neue Deutschland“. Im Zuge der Weltfinanzkrise wandte er sich über die „Volksinitiative gegen das Finanzkapital“ nationalistischen Positionen zu und öffnete sich extrem rechten Bestrebungen.
Während sein publizistisches Engagement auf der Linken zunehmend als „Querfront“-Projekt in Ungnade fiel, war Elsässer auch auf der Rechten lange Zeit umstritten. Dies lag unter anderem an seiner positiven Haltung zum Iran und seiner anti-israelischen Ausrichtung. Mancherorts warf man ihm auch vor, lediglich einen neuen publizistischen Markt erschließen zu wollen.
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