Hilferuf der Polizei: Wie Berlin Krawalle zu Silvester verhindern will

Die nächste Silvesternacht rückt näher – und somit erneut mögliche Ausschreitungen. Die Berliner Polizei hat sich dazu entschlossen, die Einwohner der Hauptstadt um Mithilfe zu bitten.
Wie wird Silvester dieses Jahr aussehen?
Wie wird Silvester dieses Jahr aussehen?Foto: Axel Heimken/dpa
Von 17. Dezember 2023

Wieder geht ein Jahr zu Ende und es sind nur noch knapp zwei Wochen bis Silvester. Mit Erinnerung an die Ereignisse der vergangenen Silvesternacht steigen die Politik wie auch die Polizei in Berlin in die heiße Phase der Einsatzplanung ein.

Am 15. Dezember informierte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) die Innenpolitiker aller Fraktionen über die Vorbereitungen für die anstehende Silvesternacht und die Maßnahmen zur Verhinderung erneuter Gewaltausbrüche. Zusätzlich wendet sich die Berliner Polizei auf dem Postweg und auf ihrer Website präventiv an Eltern, damit diese deeskalierend auf ihre Kinder einwirken, wie das Nachrichtenportal BZ berichtet.

Spranger hatte angekündigt, dass deutlich mehr Polizisten als vor einem Jahr im Einsatz sein sollten. Damals waren es etwa 1.300 mehr Polizisten als in normalen Nächten. Auf Unterstützung aus anderen Bundesländern kann Berlin nicht hoffen, weil die Polizei überall zu Silvester gebraucht wird. Es werden Einheiten der Bundespolizei erwartet.

Politik und Polizei rechnen wieder mit ähnlichen Vorkommnissen wie 2022. Die Stimmung in arabischstämmigen Bevölkerungsgruppen etwa in Neukölln und Gesundbrunnen könnte zusätzlich durch den Krieg in Israel und Gaza aufgeheizt werden. Vor knapp einem Jahr gab es laut der „Berliner Zeitung“ Dutzende Verletzte – darunter auch mehrere Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei.

Appell an Berliner Eltern

Novum ist, dass die Berliner Polizei diesmal im Vorfeld einen Appellbrief an die Eltern der Hauptstadt verschickt hat. Dieser ist auch online abrufbar und lautet wie folgt:

Liebe Eltern,

zu jedem Jahreswechsel werden Kinder und Jugendliche zum Teil schwer verletzt. Beim zurückliegenden Jahreswechsel kam es vermehrt zu Gewalt und Angriffen auf Einsatzkräfte.

Wir möchten, dass Ihre Kinder sicher und gesund in das Neue Jahr starten und bitten Sie um Ihre Unterstützung, damit Ihre Kinder friedlich und unverletzt feiern können!

Bitte sprechen Sie mit Ihren Kindern und nehmen Einfluss:

  • Feuerwerk ist ausschließlich im Zeitraum vom 31. Dezember 2023, 18:00 Uhr bis 1. Januar 2024, 7:00 Uhr, gestattet.
  • Feuerwerk (mit Ausnahme von Produkten für Jugendliche, Klasse „BAM II“) ist gefährlich und darf nur von Erwachsenen gekauft und benutzt werden.
  • Benutzen Sie nur Feuerwerkskörper mit Prüfzeichen „CE“, Feuerwerkskörper ohne Prüfzeichen „CE“ sind deutlich gefährlicher und daher nicht gestattet.
  • Feuerwerkskörper können schwere Verletzungen bei Ihren Kindern oder umstehenden Personen verursachen, daher begleiten und beaufsichtigen Sie bitte Ihre Kinder.
  • Achten Sie auf ein kontrolliertes Abbrennen der Feuerwerkskörper und unterstützen Sie Ihre Kinder bei der korrekten Verwendung (Altersgrenzen beachten).
  • Übrig gebliebenes Feuerwerk sollte nach der Feier sicher von Ihnen verschlossen werden Gas- und Schreckschusswaffen dürfen ausschließlich von Erwachsenen gekauft werden. Sie gehören nicht in die Hände von Kindern oder Jugendlichen. Zum Führen einer solchen Waffe in der Öffentlichkeit benötigen Erwachsene einen Waffenschein. Schießen dürfen Sie in der Öffentlichkeit nur mit ausdrücklicher behördlicher Genehmigung (zum Beispiel, um einen Marathon zu eröffnen). Auch zu Silvester dürfen Sie die Gas- und Schreckschusswaffen nicht benutzen.
  • Angriffe auf Einsatzkräfte sind keine geeignete Art, beispielsweise „gegen den Staat“ zu demonstrieren. Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten, um Menschen zu retten, Feuer zu löschen oder Gewalt zu beenden. In Notfällen benötigt auch Ihr Kind unsere Hilfe!
  • Tätliche Angriffe auf Personen sind nicht akzeptabel und werden bestraft!

Wir, die Mitarbeitenden der Polizei Berlin, der Berliner Feuerwehr, der Rettungsdienste und des Ordnungsamtes, sind in der Silvesternacht im Dienst und sorgen dafür, dass Sie und Ihre Familienangehörigen sicher feiern können. Bitte reden Sie im Vorfeld mit Ihren Kindern, dass auch wir mit Respekt und Toleranz behandelt werden und unverletzt ins Neue Jahr starten möchten.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

Ihre Polizei Berlin

Reaktionen auf Hilferuf der Polizei

Auf dem Kurzbotschaftendienst X/Twitter äußerten manche Nutzer ihr Unverständnis über den Appell an die Berliner Mütter und Väter.

Ein Nutzer kritisiert etwa, dass der Brief nur auf Deutsch herausgegeben wurde. Nach den letztjährigen Ausschreitungen nahm die Polizei 145 Tatverdächtige fest. Darunter gab es 45 Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft.

Die übrigen 100 Tatverdächtigen konnten Staatsbürgerschaften aus insgesamt 17 anderen Herkunftsländer vorweisen, darunter häufig Afghanistan und Syrien.

Böller in Berlin lokal verboten

Die Vorplanungen für den Jahreswechsel laufen bereits seit Monaten. In Kürze wird veröffentlicht, in welchen Gebieten Feuerwerk und Böller aus Sicherheitsgründen verboten werden. Für die ganze Stadt ist das rechtlich durch das Land Berlin nicht möglich, weil es dabei um ein Bundesgesetz geht.

Unter Druck steht dabei nicht nur die Innensenatorin Spranger, sondern auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Er verdankte seinen Wahlsieg Anfang des Jahres zum Teil den Ausschreitungen an Silvester und will nun beweisen, dass Berlin die Lage unter seiner Führung besser im Griff hat.

Polizei und Feuerwehr wollen enger zusammenarbeiten

Nach Überlegungen von Politik und Polizei könnten Böller auch in Teilen Neuköllns untersagt werden. Krawalle gab es in der vergangenen Silvesternacht zum Beispiel in Neukölln rund um die Sonnenallee. Böllerwürfe auf die Polizei wurden aber auch in Schöneberg, Gesundbrunnen und Spandau registriert, ebenso wie in anderen deutschen Großstädten.

In den vergangenen Jahren gab es drei Böllerverbotszonen: am Alexanderplatz, in Schöneberg nahe der Pallasstraße und in einigen Straßen in Alt-Moabit.

In der Silvesternacht wollen Polizei und Feuerwehr enger zusammenarbeiten, um die Gefahrenlage zu analysieren und Freiwillige Feuerwehren von den gefährlichen Orten fernzuhalten. Feuerwehrleute gehen in bestimmten Gegenden mit Polizisten auf ihre Einsätze. Die Feuerwehr empfiehlt ihren Leuten, bestimmte Schutzausrüstung zu tragen.

(Mit Material der Agenturen)



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