Hildburghausen: SPD bringt Bürgermeister zu Fall – mit Unterstützung von ganz rechts

Im thüringischen Hildburghausen initiierte die SPD zusammen mit AfD und BZH ein Abwahlverfahren gegen den Bürgermeister. Die Wähler nahmen das Angebot an.
Titelbild
Hildburghausen.Foto: iStock
Von 27. Februar 2023

In Hildburghausen haben die Stimmberechtigten am Sonntag, dem 26.2.2023, den seit 2020 amtierenden Bürgermeister Tilo Kummer von der Linkspartei abgewählt. Um das erforderliche Quorum zu erfüllen, mussten mindestens 30 Prozent der 9.338 Wahlberechtigten, also 2.802 Wähler, für die Abwahl stimmen. Am Ende waren es 2.853 Personen – demgegenüber wollten 1.390 Stimmberechtigte Kummer im Amt behalten. Vor drei Jahren war dieser mit 51,8 Prozent zum Bürgermeister gewählt worden.

„Führende rechtsextremistische Vereinigung im Landkreis Hildburghausen“ involviert

Das Abwahlverfahren galt aus mehreren Gründen als brisant. Zum einen gab es keinen wirklich eindeutigen Anlass für die Abwahl. Es war vielmehr eine Summe an Vorwürfen bezüglich der Amtsführung und der Kommunikation innerhalb der Kommune, die den Anstoß gegeben hatten.

Zum anderen hatte sich eine ungewohnte Koalition gebildet, um das Abwahlverfahren einzuleiten. Die SPD, im Stadtrat mit 12,2 Prozent und drei Sitzen fünftstärkste Kraft, verbündete sich dafür mit zwei Gruppierungen, die ihr Parteikollege Stephan J. Kramer vom Verfassungsschutz beobachten lässt.

Die AfD ist im Stadtrat zweitstärkste Kraft mit 21,0 Prozent und fünf Sitzen. Mit einem Sitz ist zudem seit 2014 auch das „Bündnis Zukunft Hildburghausen“ (BZH) dort vertreten. Dieses stellt laut Landesamt für Verfassungsschutz die „führende rechtsextremistische Vereinigung im Landkreis Hildburghausen“ dar.

SPD-Stadträte stellen sich gegen eigene Landesspitze

Am Ende stimmten auch die Gemeindevertreter der Feuerwehrliste und der CDU-Abspaltung „Pro HBN“ für den Abwahlantrag. Die verbliebene Stadträtin der CDU fehlte bei der Abstimmung und nur die sechs Vertreter der Linkspartei votierten dagegen. Damit war die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht.

SPD-Landeschef Georg Maier hatte seine Genossen vor Ort im Vorfeld der Abstimmung gewarnt:

Wir können eine Abwahl eines Linken-Bürgermeisters nicht mit Stimmen der AfD auf den Weg bringen.“

Am Sonntag nach der Wahl sprach er laut Angabe der „Welt“ von einem „großen politischen Flurschaden“. Es sei durch die gemeinsame Abstimmung mit den Rechtsaußenfraktionen eine „rote Linie überschritten“. Zudem zweifelte er daran, dass der Abwahlantrag verhältnismäßig war. Es habe keine strafrechtlich relevanten Vorwürfe gegeben, die eine solche „Keule“ gerechtfertigt hätten. Menschen könnten sich von politischem Engagement abgeschreckt fühlen, wenn sie ständig befürchten müssten, „bei Streitigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten abgewählt zu werden“.

Klagen über „Mobbing“ gegen Erzieherinnen

Demgegenüber äußerten mehrere Kommunalpolitiker gegenüber dem MDR, das Vertrauensverhältnis der Bürger zum Bürgermeister sei gestört. Besorgte Einwohner hätten sich teils persönlich an die Stadträte gewandt, weil sie mit seiner Amtsführung unzufrieden seien.

Unstimmigkeiten gab es unter anderem im Zusammenhang mit einem Schwimmbad und der Feuerwehr. Stadträte und Eltern warfen Kummer sogar „Mobbing“ gegenüber Mitarbeiterinnen des städtischen Kindergartens vor. Kummer hingegen erklärte, er habe lediglich versucht, geltende Standards durchzusetzen.

Ralf Bumann von der SPD-Fraktion sprach von einer „schlechten Kommunikation“ des Bürgermeisters mit den Stadträten. Man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, und mit dem Abwahlantrag wollte man den Bürgern das letzte Wort in der Sache geben.

Hildburghausen muss nun einen neuen Bürgermeister wählen

Im Jahr 2020 hatte die Abwahl des linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow durch eine Landtagsmehrheit aus AfD, CDU und FDP für eine Krise im Freistaat Thüringen gesorgt. Am Ende forderte – wie das BVerfG später feststellte, in Überschreitung ihrer Befugnisse – die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel von Südafrika aus, man müsse diesen „unverzeihlichen“ Vorgang „rückgängig machen“.

Diese Chancen hatten am Sonntag auch die Bürger der Stadt Hildburghausen – sie stimmten allerdings für die Abwahl ihres Bürgermeisters. Nun müssen Neuwahlen stattfinden. Ein Termin steht noch nicht fest. Bislang haben drei Personen ihre Bereitschaft zur Kandidatur für Kummers Nachfolge erklärt.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion