Habeck lehnte LNG-Lieferung aus Russland ab: Neue Einschätzung

Das Bundeswirtschaftsministerium verbot im vergangenen Jahr die Annahme einer LNG-Lieferung aus Russland an einen Hafen in Schleswig-Holstein. Jetzt gibt es eine neue Einschätzung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages.
LNG
Im November durfte ein LNG-Schiff aus Russland nicht in Brunsbüttel ausliefern.Foto: AlbertPego/iStock
Von 17. Februar 2025

Im November 2024 hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eine Lieferung von russischem Flüssigerdgas (LNG) an den Terminal Brunsbüttel in Schleswig-Holstein untersagen lassen.

Wie sich jetzt herausstellt, könnte diese Handlung ein Verstoß gegen geltendes EU-Recht gewesen sein. Interessant ist dieser Umstand vor dem Hintergrund der sich momentan rasant entleerenden deutschen Gasspeicher, die inzwischen nur noch zu weniger als zur Hälfte mit Gas gefüllt sind. Der Speicherstand liegt damit laut NDR rund neun Prozentpunkte unter dem Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2021.

BMWK bestätigte die Anweisung

Dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) diese Anweisung gegeben hat, hat dieses bereits im Dezember bestätigt. Das geht aus der Antwort des Ministeriums auf eine schriftliche Frage des AfD-Bundestagsabgeordneten Harald Weyel hervor. Das BMWK schrieb:

Die Bundesregierung hat die [staatliche Betreiberfirma] Deutsche Terminal GmbH (DET) angewiesen, eine Lieferung mit russischem LNG, die im November 2024 in Brunsbüttel anlanden sollte, abzuweisen.“

Das schwimmende LNG-Terminal «Höegh Gannet» liegt im Industriehafen Brunsbüttel. Auf dem Schiff wird flüssiges Erdgas für den Transport in Pipelines aufbereitet.

Das schwimmende LNG-Terminal „Höegh Gannet“ liegt im Industriehafen Brunsbüttel. Auf dem Schiff wird flüssiges Erdgas für den Transport in Pipelines aufbereitet. Foto: Marcus Brandt/dpa

Verstoß gegen Einfuhrfreiheit?

Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages untersuchten die rechtliche Grundlage für LNG-Lieferungen aus Russland. Die entsprechende Ausarbeitung mit dem Titel „Einfuhr von russischem Flüssigerdgas über LNG-Terminals der öffentlichen Hand“ vom 29. Januar 2025 liegt der Epoch Times vor.

Schon in der Einleitung steht als Erklärung zur Sachlage: „Diese Arbeit erörtert, ob in der EU staatlich kontrollierte LNG-Terminals die Einfuhr von Flüssigerdgas aus Russland ermöglichen müssen.“ Zudem geht es darin um „die Frage, ob der Import von russischem LNG der Einfuhrfreiheit unterfällt.“

Einfuhrfreiheit bedeutet, dass der Import von Waren aus Drittländern in die EU grundsätzlich uneingeschränkt und frei möglich sein soll.

Die Wissenschaftlichen Dienste untersuchten, ob solche Einfuhrverbote gegen die Einfuhrfreiheit verstoßen: „Die Anwendbarkeit der für den Binnenmarkt entwickelten Maßstäbe für ‚Maßnahmen gleicher Wirkung‘ vorausgesetzt, könnte das Verbot einer Einspeisung von russischem LNG in bestimmten LNG-Terminals in der EU insofern mit der Einfuhrfreiheit […] kollidieren, als damit ein Einfuhrhindernis einherginge.“

Öffentliche Sicherheit gewährt?

Weiter heißt es in der Ausarbeitung: „Beabsichtigt ein Mitgliedstaat [hier der deutsche Staat] eine Beschränkung aufgrund der vorgenannten Bestimmungen, so muss er nachweisen, dass die auf der Grundlage dieser Rechtfertigung erlassenen Vorschriften erforderlich und angemessen sind, um die verfolgten Ziele zu erreichen.“

Hier sei zu erwähnen, dass der Staat die Aufgabe hat, die „öffentliche Sicherheit und Ordnung“ zu gewährleisten.

Unter die Bewahrung der öffentlichen Sicherheit zählt in diesem Fall auch die Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit ausreichend Gas, wie auch die Wissenschaftlichen Dienste erwähnen. In der Ausarbeitung steht:

Die EuGH-Rechtsprechung ordnet den ‚Schutz der Energieversorgung‘ den Rechtfertigungsgründen der ‚öffentlichen Sicherheit‘ zu. Dabei geht es um die Sicherung eines ‚lebenswichtigen Minimums‘.“

Mit Blick auf den Schutz der Energieversorgung könnte es diesen Winter unter Umständen knapp werden. Mitten im Winter haben die deutschen Gasspeicher noch einen durchschnittlichen Füllstand von 42,8 Prozent (Stand: 16.02.2025). In den vergangenen Jahren kehrte sich das Entleeren erst Anfang April in ein Befüllen um. So lange müssten die deutschen Vorräte noch reichen, um die Versorgungssicherheit bei der Wärme- und Stromversorgung zu gewährleisten.

Die deutschen Gasspeicher entleeren sich angesichts winterlicher Temperaturen relativ schnell. Foto: mf/Epoch Times; Daten: NDR

Geringere Importe, höhere Exporte und ein intensiverer Verbrauch von Erdgas für die Verstromung bei Dunkelflauten haben in den vergangenen Wochen stark am deutschen Gasvorrat gezehrt. Zudem wäre ein vermehrter Import von LNG angesichts nicht voll ausgelasteter Terminals möglich gewesen.

Russland-LNG „nicht verzichtbar“

Die Wissenschaftlichen Dienste betonten zudem die Wichtigkeit von russischem LNG: „Dabei könnte jedoch auch die Erwägung von Bedeutung sein, dass russisches LNG bislang als nicht verzichtbar angesehen wird für die Energieversorgung der EU und dementsprechend (derzeit) noch nicht umfassend sanktioniert ist“, heißt es in dem Dokument.

Deswegen sieht eine EU-Verordnung vom Juli 2014 kein „Einfuhrverbot für russisches LNG“ vor. Lediglich die Einfuhr von russischem Flüssiggas (LPG) verbietet diese Verordnung.

Ebenso besagt das EU-Recht, dass es keine länderbezogene Ablehnung geben darf: „Die Zugangsregulierung verpflichtet Betreiber von Energieversorgungsnetzen, jedermann Netzzugang zu gewähren. Der Netzzugang muss diskriminierungsfrei sein.“ Das bedeutet, dass es keine Ungleichbehandlung bei den Netzzugangsbedingungen geben darf.

Widerspruch, Selbstverpflichtung der Betreiber

Allerdings stellen die Wissenschaftlichen Dienste auch klar, dass russische Schiffe Häfen in der EU generell nicht anlaufen dürfen.

Die Ausarbeitung scheint auch einen möglichen Widerspruch aufgedeckt zu haben. Denn es ist aufgrund der EU-Sanktionen „den Betreibern von LNG-Terminals grundsätzlich untersagt, Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Anlandung von russischem LNG zu erbringen.“ Auch hätten die Betreiber oft Selbstverpflichtungen unterschrieben, das nicht zu tun, um einer staatlichen Kontrolle zuvorzukommen.

Die Wissenschaftlichen Dienste schreiben zudem, dass „die Nichteinspeisung von russischem LNG bereits nicht die Freiheit von EUinländischen Unternehmen beeinträchtigen [dürfte], ihre Wirtschafts und Geschäftstätigkeit auszuüben.“ Denn die Importeure von russischem LNG könnten sich auch an andere Terminals in der EU wenden.

Die Epoch Times hat eine Stellungnahme beim Wirtschaftsministerium angefragt. Das BMWK hat bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels nicht geantwortet.



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