Grundsteuer: Einspruchswelle rollt – Finanzämter „Land unter“

Zu neun Millionen bearbeiteten Grundsteuererklärungen liegen 350.000 Einsprüche vor. Die Landesbehörden gehen von 1,5 Millionen zu erwartenden Einsprüchen aus.
Bereits 350.000 Einsprüche bei 9 Millionen bearbeiteten Grundsteuererklärungen
Bis Ende Januar fehlte noch jede vierte Grunsteuererklärung.Foto: iStock
Von 11. Februar 2023

Auf die Finanzämter rollt wegen der Grundsteuerreform voraussichtlich enorme Mehrarbeit durch die Bearbeitung von Einsprüchen gegen die Neubewertung von Grundstücken zu. Auf Basis bisheriger Zahlen der Landesbehörden sei davon auszugehen, dass rund 1,5 Millionen Eigentümer Einspruch erheben werden, erklärte der Geldratgeber Finanztip am 10. Februar. In den Finanzämtern herrscht bereits jetzt „Land unter“.

Finanztip ist Teil der gemeinnützigen Finanztip Stiftung, die die Finanzbildung in Deutschland fördern will. Das Unternehmen fragte Anfang Februar die Landesbehörden der Bundesländer nach bis dahin eingegangenen Einsprüchen gegen versendete Grundsteuerbescheide. 13 der 16 Länder machten entsprechende Angaben. Danach gingen mindestens 350.000 Einsprüche ein. Verwunderlich scheint es dennoch nicht zu sein.

Der Geldratgeber Finanztip rät den Bürgern auch, den Erstbescheid des Finanzamtes gründlich zu prüfen und bei Bedarf Einspruch zu erheben. Die Einspruchsfrist beträgt vier Wochen. Dabei geht es bei den Gründen zur Einspruchseinlegung nicht immer um Rechenfehler, sondern eher um die neu zugrunde gelegten Richtwerte, die ab 2025 zum Tragen kommen sollen. Viele Privatpersonen fühlen sich jetzt bereits benachteiligt.

Bisher 10 Prozent Einspruchsquote in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern

„Die Einspruchsquote im Verhältnis zu den bearbeiteten Grundsteuererklärungen reicht dabei von 1,29 Prozent in Schleswig-Holstein bis zu geschätzten zehn Prozent in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern“, erklärte Finanztip.

Keine Angaben machten zunächst Bremen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Bis Anfang Februar waren laut Finanztip rund neun Millionen von 36 Millionen Grundsteuererklärungen bearbeitet worden.

„Rechnet man die uns vorliegenden Zahlen hoch, wird klar, welche gigantische Einspruchswelle auf die Finanzämter zukommt, sobald diese den verbleibenden Großteil der Bescheide zur Grundsteuer verschickt haben“, sagte Finanztip-Steuerexperte Jörg Leine.

Neubewertung der Grundsteuer ab 2025

Im Zuge der Grundsteuerreform müssen bundesweit Millionen Grundstücke neu bewertet werden. Besitzer von Häusern, Wohnungen und Grundstücken müssen für die Erklärung eine Reihe von Daten übermitteln. Dann werden die Bescheide verschickt. Die Abgabefrist für die Erklärung war Ende Januar abgelaufen. Bis dahin fehlte jedoch noch jede vierte Erklärung.

Noch bis 2025 wird die Grundsteuer für bebaute und unbebaute Grundstücke mithilfe des Einheitswerts ermittelt. Die Finanzämter legen ihn für jedes Grundstück fest und orientieren sich dabei an den Wertverhältnissen, die zum Zeitpunkt der letzten sogenannten Hauptfeststellung vorlagen.

Verfassungsrechtler empfiehlt, grundsätzlich Einspruch zu erheben

Ab 2025 nutzen die Finanzämter nicht mehr den Einheitswert, sondern den Grundsteuerwert, um die Grundsteuer zu berechnen. Dazu ziehen sie in den meisten Bundesländern den Bodenrichtwert und eine statistisch errechnete Nettokaltmiete heran. Eigentümer erhalten voraussichtlich in diesem Jahr einen Grundsteuerwertbescheid.

Einige Experten empfehlen grundsätzlich Einspruch zu erheben. Dazu gehört zum Beispiel der Verfassungsrechtler Professor Gregor Kirchhof. In einem Interview mit dem „Focus“ rät er in allen Bundesländern außer Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen zu einem Einspruch.

Vor allem in Baden-Württemberg sei das Berechnungsmodell ungerecht, da zum Beispiel Eigentümer großer Grundstücke mehr zahlen müssen, auch wenn nur ein kleines Häuschen draufstehe.

FDP-Fraktion fordert Verlängerung der Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärung

In der Sendung „Buten un Binnen“ von Radio Bremen wurde am 08.02.23 berichtet, dass der Senat seine eigens gesetzte Abgabefrist zur Grundsteuererklärung bei landeseigenen Immobilien nicht einhalten kann. Laut Radiobericht fehlt noch für jede dritte Liegenschaft des Landes eine Erklärung. Auf der anderen Seite werde aber eine Verlängerung der Frist für den Normalbürger abgelehnt.

Der FDP-Abgeordnete Thore Schäck bezeichnet diese Haltung als „arrogant“ und „vermessen“.

„Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen! Wenn selbst der Senat die Frist für die Abgabe der Grundsteuererklärung nicht einhalten kann, muss sie auch für Bürgerinnen und Bürger verlängert werden!“, so der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion. (il)



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