Grundsteuererklärung: Mittelstandsunion fordert Fristverlängerung für alle
Am 31. Januar läuft die Frist für die Abgabe der Grundsteuererklärung aus. Rund 35 Millionen Grundstücke in Deutschland sollen neu bewertet werden. Was nach einem bürokratischen Mammutprojekt klingt, ist es auch.
Die alte Bundesregierung hatte das Projekt auf den Weg gebracht. Dies war nötig geworden, da ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018 umgesetzt werden sollte. Das höchste deutsche Gericht hatte damals das jetzige System für verfassungswidrig erklärt, da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandele. Das verstoße gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung. Das Bundesverfassungsgericht verpflichtete den Gesetzgeber, eine Neuregelung zu finden. Dieser Pflicht kam die Bundesregierung 2019 nach. Bis 2024 soll die Grundsteuer allerdings übergangsweise nach dem alten Modell erhoben werden. Durch die nun eingeforderte Grundsteuererklärung sollen die Weichen dafür gestellt werden, um ab 2025 die Grundsteuer nach dem neuen Recht zu erheben und so die Steuerreform abzuschließen.
Erste Fristverlängerung im Oktober
Ursprünglich sollte diese Erklärung schon bis Ende Oktober abgegeben werden. Im Oktober hatte allerdings noch nicht einmal jeder dritte Haus- und Wohnungsbesitzer seine Unterlagen elektronisch abgegeben. Laut „Welt“ waren es damals bundesweit 10,01 Millionen Erklärungen, die eingegangen waren. Gut drei Wochen vor dem ursprünglichen Abgabetermin fehlten aber immer noch 26 Millionen Erklärungen. Eine Fristverlängerung war damals unausweichlich und wurde dann auch am 13. Oktober von den Finanzministern der Länder beschlossen.
Nun, drei Monate später, wird wieder eine Verlängerung gefordert. Gerade erst hat die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) gefordert, Bürgern und Betrieben mehr Zeit für die Abgabe ihrer Erklärung einzuräumen. „Die Abgabefrist muss noch einmal bis September verlängert werden – für öffentliche und private Immobilien gleichermaßen“, sagte die MIT-Bundesvorsitzende Gitta Connemann (CDU) gegenüber der „Rheinischen Post“. Bund und Länder müssten sich jetzt auf eine weitere Fristverlängerung einigen.
Im Dezember hat erst jeder Zweite Erklärung eingereicht
Tatsächlich läuft die Abgabe auch jetzt noch sehr schleppend. Wie das „Handelsblatt“ berichtet, hat kurz vor Ablauf der Frist erst knapp jeder zweite Eigentümer seine Steuererklärung für die Grundsteuer eingereicht. Bis zum 22. Dezember waren es erst bundesweit 46,2 Prozent, wie das Bundesfinanzministerium der Wirtschaftszeitung sagte. Davon seien 41,5 Prozent über das Steuerportal Elster eingereicht. Die restlichen 4,7 Prozent seien als Papiervordruck an die zuständigen Finanzämter gegangen.
Bund nimmt sich Zeit bis Ende September
Selbst die Bundesregierung wird ihre Erklärung über sämtliche Liegenschaften nicht fristgerecht einreichen. Auf eine Kleine Anfrage des CDU-Abgeordneten Christoph Ploß hatte der Parlamentarische Staatssekretär Florian Toncar (FDP) aus dem Finanzministerium mitgeteilt, dass der Bund plane, die Erklärung „nach jetziger Planung“ erst bis Ende September abzugeben. Darüber berichtete heute die „Tagesschau“. Zur Begründung schreibt der Staatssekretär: „Die einzelne händische Einreichung der rund 26.000 Grundsteuererklärungen gegenüber einer Vielzahl verschiedener Finanzämter deutschlandweit wäre außerordentlich aufwändig und ineffizient.“
Ein Großteil der Immobilien des Bundes sind grundsteuerbefreit, dennoch muss eine Erklärung für die Liegenschaften abgegeben werden. Mit einer IT-Lösung soll die elektronische Zusammenstellung und Einreichung der Grundsteuererklärungen ermöglicht werden. Für die steuerpflichtigen Liegenschaften will der Bund seine Meldungen bis Ende März abschließen. Für sämtliche Liegenschaften sollen dann Erklärungen bis zum 30. September eingereicht werden.
Staat darf nicht nach „Gutsherrenart“ handeln
Für Gitta Connemann ist dieses Vorgehen des Bundes nicht akzeptabel. Der Fiskus sei selbst nicht in der Lage, die „komplizierten Grundsteuererklärungen“ fristgerecht abzugeben. „Es darf keine Zwei-Klassen-Gesellschaft geben – auch nicht bei der Grundsteuer.“ Der Staat habe eine Vorbildfunktion. „Der Bund darf sich nicht nach Gutsherrenart mehr Rechte einräumen als Bürger haben“, so die MIT-Chefin.
Auch viele Betriebe seien mit den komplizierten Fragen nach wie vor überfordert. „Steuerberater sind dadurch teilweise für andere Aufgaben völlig lahmgelegt und auch die Finanzämter kommen kaum noch zu anderen Aufgaben. Das muss jetzt entzerrt werden“, fordert nun die MIT-Vorsitzende.
Finanzämter arbeiten an der Grenze
Die Finanzämter geraten offenbar schon jetzt an die Grenzen ihrer Kapazität. Das sagte vor wenigen Tagen zumindest der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft Florian Köbler den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Epoch Times berichtete). In den Finanzämtern herrsche „Land unter“. Die Finanzverwaltung stehe kurz vor dem Kollaps. Ein Hauptgrund dafür seien die Grundsteuererklärungen.
Neue Länder und Ostberlin müssen mit höheren Steuern rechnen
Immer wieder sind in der Vergangenheit auch Zweifel an der Gerechtigkeit der Steuerreform geäußert worden. So wies der Wirtschaftsjournalist Ferdinand Knauss im Onlinemagazin „Tichys Einblick“ darauf hin, dass die anstehende Neuberechnung der Grundsteuer vor allem Auswirkungen auf die Hausbesitzer in den neuen Ländern und Ostberlin haben könnte. Viele von ihnen werden zukünftig höhere Grundsteuern zahlen müssen.
Knauss begründet diese Einschätzung damit, dass in den Ländern der ehemaligen DDR bisher Werte aus dem Jahr 1935 herangezogen wurden. In den westdeutschen Bundesländern basieren sie auf den Zahlen des Jahres 1964. So hätten die Eigentümer in der ehemaligen DDR nun eine höhere Veranschlagung als bisher zu erwarten. Besonders große Steigerungen seien in Ostberlin, rund um Berlin und in Brandenburg zu erwarten. Besitzer in privilegierten Lagen, wie beispielsweise München, hätten mit keiner Steuererhöhung zu rechnen.
Das konterkariere den Sinn der Grundsteuerreform. Sie sollte laut Bundesverfassungsgerichtsurteil ja gerade die völlige Verzerrung durch die uralten Einheitswerte beheben und sie an die aktuellen Immobilienpreisentwicklungen anpassen.
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