Grundsteuer: Gericht bemängelt Unklarheit bei Wertermittlung – Reform könnte ins Wanken geraten

Zwei Gerichtsentscheidungen zur Neuberechnung der Grundsteuer in Rheinland-Pfalz äußern Bedenken über die Angemessenheit des Verfahrens zur Wertermittlung. Am Ende könnte die Reform, die ab 2025 greifen soll, insgesamt infrage stehen.
Titelbild
Ein Abgabenbescheid für die Entrichtung der Grundsteuer.Foto: Jens Büttner/zb/dpa/dpa
Von 18. Dezember 2023

Ab 1. Januar 2025 sollte die Reform der Grundsteuer greifen, die infolge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts erforderlich geworden war. Jetzt könnte die Neuregelung bereits zuvor erneut in Karlsruhe landen.

Grund dafür sind zwei Entscheidungen eines Finanzgerichts in Rheinland-Pfalz. Dieses hatte die Grundsteuerbescheide für zwei Einfamilienhäuser für nichtig erklärt. Die Urteile werfen grundlegende Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bewertungsverfahrens auf.

Neues Bewertungsverfahren für Grundsteuer unverlässlich?

Wie die „Welt“ berichtet, hat das Gericht in beiden Fällen nicht allein die konkrete Wertermittlung beanstandet. Es hat zudem grundlegende Ungewissheit über den eigentlichen Belastungsgrund für die Grundsteuer geäußert. Das Gericht hatte durchklingen lassen, dass es das Bewertungsverfahren insgesamt für potenziell unzuverlässig erachtet.

Vor allem bestehe Unklarheit darüber, ob die errechneten Werte tatsächlich die realen Wertunterschiede angemessen widerspiegelten. Diese Unsicherheiten ließen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des angewandten Bewertungsmodells aufkommen.

Anlassfälle waren Einsprüche gegen Bescheide zur Festsetzung der Grundsteuer, die abgelegene Grundstücke mit Einfamilienhäusern betrafen. Das Gericht bemängelte insbesondere die Typisierung der Bodenrichtwerte. Diese könne in vielen Fällen zu grob sein und spezielle Umstände nicht berücksichtigen. Dies könne gegen den Gleichheitssatz verstoßen.

Umfassende Datenerhebung im Jahr 2022

In einem Beschluss zur Grundsteuer hatte das Bundesverfassungsgericht 2018 erklärt, dass Finanzämter den Wert von Immobilien nicht mehr adäquat kalkulierten. Die zugrunde liegenden Daten stammten aus den Jahren 1935 (für Ostdeutschland) und 1964 (für Westdeutschland).

Dies mache das bisherige System der grundsteuerlichen Bewertung verfassungswidrig, da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandelte und so den Gleichheitssatz verletze. Die derzeitige Form der Berechnung der Grundsteuer darf noch bis 31. Dezember 2024 stattfinden.

Infolge des Auftrags aus Karlsruhe sollten nun alle Angaben zu Grundstücksfläche, Wohnfläche, Gebäudeart, Baujahr und Bodenrichtwert erneut erhoben und ausgewertet werden.

Selbst bloße Kleingartenareale waren von der Datenerfassung betroffen. Ab 2025 solle die Grundsteuer anhand der Neuregelung aus dem Jahr 2022 eine Neufestsetzung erfahren.

Bundesmodell für Grundsteuer als Maßstab für die meisten Bundesländer

Wie es aus dem Bundesfinanzministerium heißt, würden sich die meisten Bundesländer bei ihrer Ermittlung an das Bundesmodell halten, vor allem bei der Grundsteuer A, die landwirtschaftliche Flächen betreffe.

Die Grundsteuer sei das Produkt aus Grundsteuerwert, Steuermesszahl und Hebesatz. Erstgenannten ermittele das Finanzamt anhand einer Feststellungserklärung. Die Steuermesszahl sei gesetzlich festgelegt und die Kommune lege den Hebesatz fest.

Im Bereich der sogenannten Grundsteuer B (Grundvermögen/Grundstücke) weichen die Länder Saarland und Sachsen bei der Höhe der Steuermesszahlen vom Bundesmodell ab. Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen wenden wiederum ein eigenes Grundsteuermodell an.

Zur Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1. Januar 2022 erhoben die Finanzämter im Vorjahr einige relevante Kennzahlen. Diese bezogen sich bei Wohngrundstücken auf Lage des Grundstücks, Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Gebäudeart, Wohnfläche und Baujahr des Gebäudes.

Sächsisches Finanzgericht hatte keine Bedenken gegen Bodenrichtwerte

Vor allem am Bodenrichtwert als Bezugsgröße gibt es nun Zweifel. Dieser, so monierte nun auch das Gericht in Rheinland-Pfalz, sei zu ungenau und berücksichtige standortbedingte Wertminderungen nicht. Die Reform fordert eine Neubewertung von rund 35 Millionen Liegenschaften, was zu einer Vielzahl von Einsprüchen geführt hat.

Im Oktober stärkte das sächsische Finanzgericht in Dresden hingegen dem Gesetzgeber den Rücken. Diesem sei es erlaubt, die erforderliche Bewertung des Grundbesitzes möglichst einfach und praktikabel zu gestalten.

Bei der Berechnung des Ertragswertes einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Immobilie durchschnittliche Nettokaltmieten zugrunde zu legen, sei legitim.

Dies gelte auch dann, wenn nicht alle sonstigen Eigenheiten des einzelnen Gebäudes Berücksichtigung fänden. Das Gericht in Sachsen beanstandete auch die Verwendung der von Gutachtern ermittelten Bodenrichtwerte nicht.

Die Einnahmen aus der Grundsteuer fließen ausschließlich den Städten und Gemeinden zu. Jährlich sind es fast 15 Milliarden Euro. Damit zählt die Grundsteuer zu den wichtigsten Einnahmequellen der Gemeinden. Daraus sollen Schulen, Kitas, Schwimmbäder, Büchereien und wichtige Investitionen in die örtliche Infrastruktur wie Straßen, Radwege oder Brücken finanziert werden.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion